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26. Madeleine Seigner an Ingeborg Bachmann, [Thalwil], 22. September 1958, nicht abgesandt
Alsen, 22. Sept. 58.
Ingeborg,
die Tage, die zwischen Piodina und Max Rückkehr liegen, waren für mich in einer Weise entscheidend, dass ich Sie bitten möchte Ihre Reise nicht über Zürich zu verlegen.
Vielleicht wird es möglich sein, uns in einem anderen Zeitpunkt zu treffen.
Ich grüsse Sie,
Madeleine Seigner
MFA / Ms., 1 Bl., großes Format, Knitterspuren, Tinte
nicht abgesandt] Seigner schickte tatsächlich eine andere Fassung (siehe Brief 31), nicht aufgefunden.
Alsen] Seigner wohnte in der Alsenstrasse in Thalwil bei Zürich.
Max Rückkehr] Am 18. September 1958, von seinem Aufenthalt in Portovenere mit Bachmann.
27. Ingeborg Bachmann an Max Frisch, [Neapel], 24. September 1958
Mittwoch 24 - IX - 58
Max, gestern kam Dein Telegramm; heute abend fahre ich nach Klagenfurt, und Sonntag zeitig früh weiter nach München, damit ich schon abends dort bin und am Montag frisch und ausgeruht für Dich, für uns. Ich bin so froh, daß Du kommst! Daß wir sprechen können. Ich freue mich jetzt doch zu sehr, um nur traurig zu sein. Verzeih.
Ich komme Dich abholen; telegrafiere oder schreib rechtzeitig, wann Du kommst! Ach Du, es ist herrlich, daß Du kommst, und ich fürchte mich auch vor den Gesprächen. Ich fürchte und freue mich zugleich.
Ingeborg
MFA / Ms., 1 Bl., kleines Format, Tinte / An: »Herrn / Max Frisch / c.??o. Suhrkamp-Verlag / Untermainkai 13 / FRANKFURT | MAIN / GERMANIA« / Neapel 24.??9.??1958
Telegramm] Nicht aufgefunden.
28. Ingeborg Bachmann an Max Frisch, Klagenfurt, 27. September [1958]
Klagenfurt, Samstag, 27. September
Liebster, ich bin so glücklich seit Deinem Brief gestern, daß ich's kaum sagen kann. Dieser Dienstag ist so nah, so weit, ich werde zum Flugplatz kommen, Du Dummer, ich lasse mich doch von Dir nicht anrufen und suchen in München. Ich stehe doch jetzt auch früher auf, seit ich in PV umerzogen worden bin. Aber nicht deswegen komme ich!
Ich werde fest an Dich denken am Montagabend, wenn Du Premiere hast. Und wie gut wäre es, wenn das Nachspiel sich gut hielte! Wenn ich wüßte, wo Du in Frankfurt wohnst, könnte ich vor dem Theater anrufen . Aber das hast Du mir verschwiegen.
Ich muß noch in die Stadt, für die Kinder meiner Schwester Spielzeug kaufen, und zum Bahnhof, diesen Brief einwerfen, man wartet schon auf mich. Ich umarme Dich, zärtlich und auch sehr wild, und sehr glücklich, und bald sprechen wir über alles, alles, alles.
Deine
MFA / Ms., 1 Bl., kleines Format, Tinte / An: »EXPRESS! / Herrn / Max Frisch / c.??o. Suhrkamp-Verlag / FRANKFURT | MAIN / Untermainkai 13 / DEUTSCHLAND« / Expressaufkleber / Klagenfurt 27.??9.??1958 / Frankfurt/Main 29.??9.??1958
seit Deinem Brief gestern] Der Brief, in dem Frisch seinen Besuch am Dienstag, dem 30. September, ankündigte, wurde nicht aufgefunden.
in PV] Während des gemeinsamen Aufenthaltes in Portovenere.
Montagabend] Die Premiere von Biedermann und die Brandstifter fand am Sonntag, dem 28. September, statt.
Kinder meiner Schwester] Isolde Moser ist Mutter von sechs Kindern.
29. Max Frisch an Ingeborg Bachmann, [wohl Männedorf], 3. Oktober 1958, Durchschlag
3.??10.??58
Meine Ingeborg! - wie kühn, Dich so zu nennen, und doch ist es jetzt, von mir aus, das Einzigmögliche. Es ist ein blauer Herbstmorgen, ich gehe in meiner gewesenen Wohnung, über besonnte Java-Matten, bei offenen Fenstern ringsum, ich gehe und komme nicht auf den Boden, ich gehe so drei Zentimeter darüber. Ich feiere. Mit dem Brandenburgischen No. 5. Ich habe die Büchner-Rede von der Marie Luise Kaschnitz gelesen, schön, echt, sie beglückt mich, weil sie nicht unerreichbar ist. Dann (um etwas zu tun) habe ich an Münster geschrieben. Was soll ich mit Menschen, die nichts von Dir wissen? Ich muss zu meinen Arzt-Freunden hier zum Mittagessen, aber ich werde schweigen, und wenn sie's mir ansehen, dass ich voll Hoffnung bin, so werde ich sagen - nun, dies und das, Karrierisches . aber ich möchte über den Pfannenstiel (das ist der Hügelzüg da oben) wandern, Fallobst auflesen und dreinbeissen und zu den Leuten gehen, die im Feld arbeiten, und jemand sagen: Ich habe eine Frau, ich glaube es, meine Frau, wenn sie nicht den Mut verliert, ich hoffe es, und wissen Sie uns ein Haus? Ich will aber heute noch versuchen zu arbeiten, Forderungen des Tages zu erfüllen. Alles in meiner Wohnung ist freundlich zu mir: es nimmt mir nicht übel, dass ich voll Aufbruch bin, und es klebt nicht an mir. Ich begreife, als einstiger Architekt und Grundrissmacher, nicht ganz, wie Deine Wohnung und meine Wohnung zusammenhängen; ich habe das Gefühl, jeden Augenblick könntest Du heraufkommen - aus dem unteren Stockwerk, das in Portovenere liegt - und mich zu einem kurzen Gespräch auf die Dachterrasse locken, oder aber: ich könnte die schmale Treppe, die da irgendwo sein muss, hinaufgehen, und dann wäre man in deiner Münchner Behausung . Heute hast Du also ein Interview, dann bist Du wohl bei Münster, dann weiss ich nicht mehr so genau, wo Du gehst und stehst, aber ich weiss, dass ich zu Dir gehöre, Ingeborg. Ich bin glücklich.
Der Friedensrichter ist in den Ferien, ich muss erst Mitte Oktober antreten, Datum noch ungewiss; die Oleander-Matinee (Literaturpreis der Stadt Zürich) habe ich auf den 14. Dezember verschoben, also nach Hospital, das heisst, ich werde mich der Münchner Lesung nicht entziehen. Ferner habe ich, seit der Nipperei an deiner HB-Filter, nichts geraucht. Wegen der Stadtwohnung habe ich angerufen, sie soll auf 1. April 59 frei sein, vielleicht früher; ich habe mein Interesse angemeldet, muss sie demnächst einmal besichtigen auf ihre Eignung als Basislager I.
LIT 423/B894/11 / Ts.-Durchschlag, 1 Bl., großes Format
Meine Ingeborg!] Frisch kam Ende September nach München, »um mich zu fragen, ob ich es könnte, mit ihm leben, und nun ist es entschieden«, wie Bachmann am 5. Oktober 1958 an Paul Celan schrieb (IB/PC 94).
gewesenen Wohnung] Die Wohnung in Männedorf, die Frisch Ende 1958 aufgab.
Brandenburgischen No. 5] Zum fünften Brandenburgischen Konzert von Johann Sebastian Bach (D-Dur für Cembalo, Violine, Traversflöte, Streicher und Continuo, BWV 1050) vgl. Mein Name sei Gantenbein: »Es ist ein Brandenburgisches Konzert, was wir hören, das fünfte, glaube ich [.]. Lila zieht vor, einen Brahms zu hören.« (FGW 5,169)
Kaschnitz . beglückt] Die zeitweise in Rom lebende deutsche Schriftstellerin und Büchner-Preisträgerin von 1955 war mit Bachmann seit Anfang 1953 gut bekannt. Frisch las ihre Rede zur Verleihung des Georg-Büchner-Preises als Vorbereitung auf seine eigene Rede, Emigranten, als Büchner-Preisträger 1958 (FGW 4,229-243). Kaschnitz erklärte, wie jedes...
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