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Weihnachten steht vor der Tür, und ganz unüblich fürs Tessin regnet es seit Tagen in Strömen. Unter Elisas Federführung und nach Niklas' Wunsch wurde die Rosenholzvilla umgebaut zum Erholungsort für erkrankte Musikerinnen und Musiker aus aller Welt. Und es hat sich vor den Festtagen schon ein allererster Gast angesagt: ausgerechnet Adrien Dufois, Elisas ehemaliger Konkurrent ...Als wäre das nicht schwierig genug, vermissen auch alle Amadou, der in den Senegal zurückgekehrt ist, und Fabio, der weiter in Cremona weilt. Um trotz allem Weihnachtsstimmung heraufzubeschwören, fahren Elisa und Danilo mit Mimi in ein kleines Tessiner Bergdorf, in dem unerwartete Ereignisse für Aufregung sorgen ...
Ein zauberhafter Weihnachtsband zur ROSENHOLZVILLA-Saga
Der Regen prasselte auf das Dach der alten Mühle, als Elisa erwachte. Das gleichmäßig plätschernde Geräusch vermischte sich mit dem Rauschen des Mühlbachs, der in den letzten Tagen angeschwollen und über die Ufer getreten war, sodass ihre Lieblingsbank nasse Füße bekommen hatte. Rasch schloss Elisa wieder die Augen und kuschelte sich dicht an Danilo, der neben ihr friedlich schlummerte.
Es regnete seit Tagen, dabei war das überhaupt nicht typisch für das Tessin, die »Sonnenstube der Schweiz«, in der auch im Winter meist die Sonne schien und sich der Himmel mit seinem schönsten Blau schmückte. Aber in diesem Jahr war alles anders.
Danilo murmelte etwas im Schlaf und drehte sich ein wenig mehr zu ihr. Elisas Herz floss beinahe über vor Zärtlichkeit und Liebe, und am liebsten hätte sie den ganzen Tag in seinen Armen verbracht. Doch das ging nicht. An diesem Sonntagmorgen erwartete die Rosenholzvilla ihren ersten Gast, ausgerechnet drei Tage vor Weihnachten.
Sie sah auf das Display ihres Handys auf dem Nachttisch und war schlagartig hellwach. Es war schon kurz nach neun. Wenn sie nicht wollte, dass der Musiker vor verschlossenen Türen stand, musste sie sich beeilen. Elisa kannte noch nicht einmal seinen Namen. Aber vielleicht hatte Alexander Hilbour, der ehemalige Manager ihres Großvaters und nun Vorsitzender der Auswahlkommission der Niklas-Eschbach-Stiftung, ihr inzwischen eine Nachricht geschickt? Fehlanzeige. Elisa legte das Handy weg und stand auf.
Es war für alle eine Riesenüberraschung gewesen, als Niklas Eschbach nach seinem Tod im vergangenen Sommer testamentarisch verfügt hatte, dass sein Anwesen samt Vermögen einer neu gegründeten Stiftung zugutekommen sollte. Damit wollte der berühmte Dirigent Musiker unterstützen, die durch eine schwere Krankheit aus ihrem Berufsleben gerissen wurden. Zum einen finanziell, denn viele Künstler sahen sich vor existentiellen Schwierigkeiten, wenn sie nicht mehr auftreten konnten. Zum anderen sollte die Rosenholzvilla ein Ort werden, an dem sich Musiker erholen konnten, um so bald wie möglich wieder ihren Beruf ausüben zu können. Und in weniger als einer Stunde würde der erste eintreffen.
Elisa duschte kurz und schlüpfte in ihre Kleider. Tuschte ihre Wimpern - für mehr blieb keine Zeit. Sie schnappte ihre Handtasche, packte ihre Geldbörse hinein und prüfte, ob sie auch die Schlüssel zur Villa eingesteckt hatte. Als sie das Handy nahm, sah sie, dass sie einen Anruf ihrer Mutter Anna verpasst hatte - sie würde sie später zurückrufen. Für ein Frühstück reichte es nicht mehr, sie hatte eindeutig zu lange geschlafen.
Sie rannte die Treppe hinunter und griff nach ihrem Schirm. Aus der Erdgeschosswohnung, in der ihre Freundin Cosma wohnte, war nichts zu hören. Entweder schlief auch sie noch, oder sie war bereits unterwegs zu einem ihrer vierbeinigen Patienten, denn Cosma war Tierärztin und hatte in den früheren Stallungen der alten Mühle ein privates Hundeasyl eingerichtet. Von dort drang fröhliches Gebell, als Elisa durch den Regen zu ihrem himbeerfarbenen Cinquecento hastete. Eilig wendete sie den Wagen und fuhr aus dem Hof.
Vor seinem Tod hatte ihr Großvater mit keinem Wort erwähnt, dass er vorhatte, eine Stiftung zu gründen, und vor allem Anna, Elisas Mutter, hatte ihm das zunächst ziemlich übel genommen. Doch im Grunde war seine Entscheidung absolut folgerichtig gewesen, dachte Elisa, während sie den Cinquecento die gewundene Straße hinuntersteuerte. Denn Niklas Eschbach hatte nach mehreren Schlaganfällen am eigenen Leib erfahren müssen, wie schwierig es war, wenn eine Krankheit die Arbeit unmöglich machte. Dass er sein stattliches Vermögen anderen Künstlern zugutekommen lassen wollte, fand Elisa großartig.
Denn auch sie wusste, wie es war, mitten in einer vielversprechenden Karriere aus der Bahn geworfen zu werden. In ihrer Jugend hatte sie als Wunderkind am Cello gegolten, doch im Alter von sechzehn Jahren erlitt sie ausgerechnet während ihres bislang wichtigsten Konzerts einen Hörausfall, der sie vollkommen aus der Bahn geworfen hatte. Danach hatte sie ihre Profilaufbahn bis heute nicht wieder aufgenommen. Noch nicht, sagte sie sich, als sie bei Mendrisio auf die Autobahn einbog. Denn inzwischen hatte sie dank Danilo zur Musik zurückgefunden.
Sie brauchte eine gute halbe Stunde von der alten Mühle an der Flanke des Monte San Giorgio bis zu dem Dorf Morione hoch über dem Luganer See. Die Lage der Villa an den Hängen des Monte Arbòstora war einzigartig und der Park, in dessen Rosengarten Niklas Eschbach seine letzte Ruhestätte gefunden hatte, von zauberhafter Schönheit. Elisa fand, dass sich jeder glücklich schätzen konnte, der hier eine Weile leben durfte.
Es war zehn vor zehn, als Elisa durch das schmiedeeiserne Tor des Anwesens fuhr. Sie hatte Serafina, der Perle des Hauses, für diesen Tag freigegeben, denn nach Ankunft des Gastes würde die Haushälterin auch über die Weihnachtsfeiertage im Einsatz sein. Elisa seufzte. Keiner hatte damit gerechnet, dass der Musiker tatsächlich noch in den letzten Tagen des alten Jahres herkommen würde. Wer wollte Weihnachten schon allein in einer unbekannten Villa verbringen, egal wie schön sie war? Elisa schüttelte einmal mehr den Kopf darüber. Sie eilte die fünf Stufen der geschwungenen Freitreppe zum Portal hinauf, deren steinerne Balustraden am unteren Ende in einer Schneckenform ausliefen wie der Hals einer Geige. Denn die Villa war einst der Familiensitz der Geigenbaumanufaktur Fasetti gewesen, die seit Generationen Streichinstrumente herstellte. Heute leitete Danilo, Elisas Lebensgefährte, die Werkstatt, die sich samt einem einfachen Wohnhaus unterhalb des Parks befand. Ein wunderschöner Hain aus Rosenholzbäumen säumte den Fußweg dorthin, die der Villa ihren Namen gegeben hatten.
Elisa schloss die mächtige Eingangstür auf und betrat das Vestibül. Gedämpftes Licht fiel durch die Fenster, streifte den aus verschiedenfarbigen Terrakottafliesen gestalteten Fußboden und zauberte Lichtreflexe auf die Einlegearbeiten aus Rosenholz im Geländer der Treppe, die in den ersten Stock führte. Dort hinauf eilte sie nun, um in dem Zimmer, das für den Gast bereits hergerichtet worden war, die Fenster zu öffnen und frische Luft hereinzulassen, denn der Regen hatte gerade nachgelassen.
Elisa sah sich um. Serafina hatte alles perfekt vorbereitet. Es war der schönste der Räume, mit Blick über das Dorf hinweg auf den See, der nun unter den zaghaft zwischen den Wolken hervorblitzenden Sonnenstrahlen aufleuchtete wie flüssiges Aquamarin. Die Blätter der Palmen vor den Fenstern schienen glitzernde Diamanten zu versprühen, und die eben noch so tristen Wolken leuchteten in einem intensiven Blauviolett auf.
Elisa wandte sich vom Fenster ab und ließ ihren Blick über die Einrichtung gleiten. Auf dem Tisch stand in einer Vase ein Kamelienzweig mit drei großen weißen Blüten, Serafina musste diesen wunderschönen Winterblüher im Park geschnitten haben, und Elisa freute sich, wie liebevoll die junge Italienerin sich ihrer neuen Aufgabe widmete. Sie hatte Elisas Großvater viele Jahre lang den Haushalt geführt und war nun von der Stiftung in dieser Position eingestellt worden. Elisa war noch auf der Suche nach einem Hausmeister, außerdem vermisste sie schmerzlich Amadou Botta, den senegalesischen Physiotherapeuten, der Niklas Eschbach so großartig betreut hatte. Er war nach dessen Tod in seine Heimat gereist, weil er sich um seine Familie kümmern musste. Und obwohl er sich jetzt schon seit Monaten nicht mehr gemeldet hatte, hoffte Elisa noch immer, dass er eines Tages zurückkommen und die ihm angebotene Stellung in der Stiftung annehmen würde. Auch um ihrer Freundin Cosma willen, mit der er zusammen gewesen war und die unter der Trennung litt.
Erneut warf Elisa einen Blick auf ihr Handy, aber von Alexander war noch immer keine Nachricht eingetroffen. Und da hörte sie auch schon das Nahen eines Automotors. Als sie das Fenster schloss, sah sie, wie ein Taxi in die Einfahrt rollte und neben ihrem Fiat zum Stehen kam. Rasch verließ sie das Zimmer und eilte hinunter ins Foyer.
Der Mann stand mit dem Rücken zu ihr, als sie auf die Schwelle der Rosenholzvilla trat, und gab dem Taxifahrer mit einem leicht französischen Akzent Anweisungen. Seine rechte Hand steckte in einem festen Verband. Als er sich umwandte, stockte Elisa der Atem. Mit allem hätte sie gerechnet. Aber nicht mit Adrien Dufois, ihrem größten Konkurrenten aus der Zeit, als sie an ihrem Cello noch als Elisa Maria Eschbach die Bühnen dieser Welt erobert hatte.
»Oh nein«, entfuhr es ihr leise, und an seinem entsetzten Gesichtsausdruck war deutlich zu sehen, dass sich der Gast ebenso wenig über ihren Anblick freute wie sie sich über seinen. Doch sie riss sich zusammen. »Herzlich willkommen«, sagte sie gefasst. »Bienvenu, Adrien.«
»Was machst du denn hier?«, stieß er fast gleichzeitig hervor.
Elisa holte tief Luft. Offenbar hatte Adrien noch immer keine Manieren. Und schon stand ihr alles wieder vor Augen. Die Begegnungen mit ihm bei den internationalen Wettbewerben, zu denen sie damals gegeneinander angetreten waren. Wie unfair er sich viele Male verhalten hatte. Hinter ihrem Rücken hatte er über sie gelästert und behauptet, sie wäre nur deshalb so erfolgreich, weil sie die Enkelin des berühmten Niklas Eschbach war, in Wahrheit wäre sie gar nicht so gut. Und als ihr während eines Wettbewerbs zweimal dieselbe Saite gerissen war und sie keinen Ersatz mehr hatte, da hatte er sich doch tatsächlich geweigert, ihr auszuhelfen - und so was tat man unter Musikern...
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