Schweitzer Fachinformationen
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Da beim Typ-1-Diabetes die Insulin-produzierenden Zellen fehlen, ist es entscheidend, das fehlende Körper-eigene Insulin durch von außen zugeführtes Insulin zu ersetzen und damit den Blutzucker (BZ)-Spiegel möglichst gesund einzustellen. Bei der guten BZ- und Insulineinstellung können auch technische Hilfsmittel - wie Insulinpumpen und kontinuierliche Glukosemessung (CGM) - deutlich helfen. Dieser Teil des Buches beschäftigt sich daher mit technischen Hilfsmitteln und Insulintypen.
In diesem Kapitel beschreibe ich Vorteile von Insulinpumpen in der Therapie des Typ-1-Diabetes, gehe darauf ein, weshalb mögliche Bedenken eher unbegründet sind, und gebe zuletzt Hinweise, wie Sie als Patient:in eine Insulinpumpe erhalten können. Meine Ausführungen basieren vor allem auf meiner eigenen Erfahrung mit der Nutzung von Insulinpumpen. Diese umfasst mehr als 20 Jahre und hält weiter an. Ich habe in dieser Zeit auch Schulungen zum Thema besucht und mich regelmäßig mit dem diabetologischen Fachpersonal - sowie bei Bedarf mit Herstellerfirmen - ausgetauscht.
Auf Grund meiner Erfahrung empfehle ich Menschen mit Typ-1-Diabetes - sofern keine besonderen Gründe dagegen sprechen - die Nutzung einer Insulinpumpe. Ich habe damit meine Langzeit-BZ-Werte (HbA1c) schon vor über 20 Jahren frühzeitig und dauerhaft senken und die BZ-Stabilität sowie Lebensqualität erhöhen können.
Ein wesentlicher Vorteil von Insulinpumpen besteht darin, dass die Insulin-Basalrate (d.h. die Grundrate, die unabhängig vom Essen abgegeben wird) für jede einzelne Stunde des Tages programmiert werden kann. Damit kann die Insulinabgabe genauer an den jeweiligen Bedarf angepasst werden.
Bei mir war es zum Beispiel vor allem seit der Pubertät so, dass mein Insulinbedarf in der zweiten Hälfte der Nacht angestiegen ist (Dawn-Phänomen). Mit einem Basalinsulin, das am Abend mit einem Pen abgegeben wird, ließ sich dieser Bedarf nicht passgenau decken: Das (damalige) Basalinsulin hatte die stärkste Wirkung etwa in der Mitte der Nacht; ich brauchte die Wirkung aber vor allem zu einem späteren Zeitpunkt, in der zweiten Nachthälfte. Wenn ich die Dosis heraufsetzte, kam es in der Mitte der Nacht zur Unterzuckerung, weil zu dieser Zeit zu viel Insulin wirkte. Nachdem ich die Dosis so absenkte, dass keine Unterzuckerung auftrat, kam es in der zweiten Nachthälfte - bis zum Morgen - zu einer Überzuckerung, weil zu dieser Zeit nur noch zu wenig wirkte. So stieg der HbA1c-Wert zwischenzeitlich auf 8,1%, und ein angenehmer Schlaf war es auch nicht. Die Diabetologin verschrieb mir deshalb eine Insulinpumpe, mit der das Problem schnell gelöst und meine Schlafqualität verbessert wurde. Meine HbA1c-Werte sanken allein in Folge der Insulinpumpe bereits um etwa 1 Prozentpunkt.
Ein weiterer Vorteil ist, dass die Basalrate von Insulinpumpen - wie man unter anderem in den entsprechenden Schulungen lernt - kontinuierlich abgegeben wird. Sie wird zum Beispiel auf zwölf kleine Dosen pro Stunde aufgeteilt.
Dabei wird ein schnell wirkendes Insulin verwendet. Die kontinuierliche Abgabe imitiert den nicht-diabetischen menschlichen Körper und führt zu einer besonders gleichmäßigen Insulinwirkung.
Mit Insulinpumpen ist auch das Anlegen verschiedener Basalraten-Profile möglich, zum Beispiel um sich optimal auf verschiedene Schlafzeiten einzustellen (vgl. Kapitel 26). Man kann zudem die Basalrate für bestimmte Zeiträume vorübergehend anpassen (temporäre Basalrate), zum Beispiel um die Nachwirkung von körperlicher Aktivität auszugleichen (vgl. Kapitel 29). So große Flexibilitäten bestehen beim Basalinsulin, das mit Pen abgegeben wird, jeweils nicht. Außerdem sind mit Insulinpumpen verzögert abgegebene Insulin-Boli möglich, was zum Beispiel für die Regulation von Fetten und Proteinen - diese wirken sehr langsam auf den BZ - genutzt werden kann (vgl. Kapitel 20). Auch das ist mit einem Pen so nicht möglich.
Um mehr über die Vorteile von Insulinpumpen zu erfahren, können Sie sich bei Bedarf und Interesse auch gern auf den Seiten der Herstellerfirmen und bei dem für Sie zuständigen diabetologischen Fachpersonal informieren.
Die Bedenken, die manche Menschen im Hinblick auf Insulinpumpen haben, sind nach meiner Erfahrung eher unbegründet. Eine Sorge mancher Menschen ist, dass eine Abhängigkeit von der Technik bestehe und bei einem technischen Defekt Probleme aufträten. Diese Sorge kann aber weitestgehend entkräftet werden.
Denn erstens haben zugelassene Insulinpumpen im Allgemeinen ein hohes Maß an Zuverlässigkeit. Zweitens erkennen Insulinpumpen häufig selbst, wenn ein Defekt besteht, und warnen den Nutzer rechtzeitig. Drittens wird bei einem dauerhaften technischen Defekt - je nach Hersteller - im Allgemeinen sehr schnell und kostenfrei eine Ersatzpumpe zugesandt.
Viertens führt auch eine Unterbrechung der Insulinabgabe bei einem technischen Defekt nicht sofort zu einem Problem, da ein Teil des zuvor abgegebenen Insulins im Körper weiterwirkt. In Insulinpumpen wird meist ein schnell wirkendes Analoginsulin (z.B. Humalog oder das noch etwas schnellere Lyumjev) eingesetzt. Wie ich unter anderem bei zertifizierten Diabetesberater:innen in Schulungen gelernt habe, wird bei schnell wirkenden Analoginsulinen allgemein davon ausgegangen, dass das Insulin nach Abgabe über drei Stunden verteilt wirkt. Meine Erfahrung mit BZ- und Insulindaten steht damit im Einklang - insbesondere bei kleinen Abgabemengen, wie es bei der Basalrate jeweils der Fall ist (größere Boli wirken bekanntermaßen und erfahrungsgemäß sogar noch länger). Zwar wirkt Lyumjev etwas schneller als Humalog, aber auch bei Lyumjev kann erfahrungsgemäß - bei kleinen Abgabemengen - von einer Gesamtwirkungszeit von ca. drei Stunden ausgegangen werden. (Siehe Kapitel 7 für nähere Angaben zur Insulinwirkung.)
Das heißt: Wenn die Insulinabgabe durch einen Defekt unterbrochen wird, ist noch etwa drei Stunden lang ein Teil von dem zuletzt abgegebenen Insulin im Körper. Daher tritt ein absoluter Insulinmangel nicht so schnell ein. Meine Erfahrung bestätigt, dass bei einem Defekt, der die Insulinabgabe unterbricht, zunächst nur ein langsamer Anstieg des BZ-Spiegels auftritt. Auf Grund dieser Zusammenhänge - und im Einklang mit der Einschätzung des Diabetologen, mit dem ich darüber gesprochen habe - gehe ich davon aus, dass man im Notfall eine Unterbrechung der Insulinabgabe für ca. eine Stunde akzeptieren kann, ohne irgendwelche ernsthaften Probleme mit dem BZ-Spiegel zu bekommen. Man hat im Notfall also Zeit, um zu reagieren. (Hinweise zum Einsatz von Korrektur-Insulin nach einem technischen Defekt finden Sie in Kapitel 33.)
Fünftens - und das ist wohl am wichtigsten - kann und sollte man als Insulinpumpenträger:in immer auch Materialien besitzen, die einen geeigneten Umgang mit technischen Defekten ermöglichen; und wenn man sich nicht in unmittelbarer Nähe des Zuhauses befindet, sollte man solche Materialien mit sich führen. Dazu gehören zum einen ausreichende Ersatzmaterialien für die Insulinpumpe (z.B. Kanülen) und zum anderen Materialien, die im Notfall einen (vorübergehenden) Umstieg auf die Pen-Therapie ermöglichen (z.B. Insulin-Pen mit entsprechenden Nadeln und Insulin-Patronen). Auf diese Weise hat man die Möglichkeit, im Notfall die Kanüle zu wechseln oder - wenn das Insulinpumpen-System völlig defekt ist - vorübergehend auf den Einsatz des Pens umzusteigen. (Für die Kühlung des Insulins siehe Kapitel 35.)
Manchmal werden Bedenken geäußert, dass eine Insulinpumpe in bestimmten Situationen stören könnte (z.B. beim Baden, bei intensivem Sport oder im Rahmen der Sexualität). Auch diese Sorge ist nach meiner Erfahrung weitestgehend unbegründet.
Erstens stört auch eine Schlauch-Pumpe (d.h. eine Insulinpumpe, die über einen Schlauch mit der Kanüle, die das Insulin injiziert, verbunden ist) in vielen Alltagsbereichen nicht. Ich habe Schlauch-Pumpen meist in der Hosentasche getragen und hatte damit keine Probleme. Wenn bei bestimmten sportlichen Aktivitäten die Pumpe angestöpselt bleiben soll, aber nicht problemlos in der üblichen Form getragen werden kann, dann können z.B. hierfür verfügbare spezielle Tragetaschen verwendet werden. Im Rahmen einer vertrauten Sexualität - wenn die Wildheit keine extremen Ausmaße annimmt - ist es erfahrungsgemäß problemlos möglich, die Pumpe neben sich zu legen und dabei angeschlossen zu...
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