JEDES DETAIL ZÄHLT
© Anna Auerbach/Kosmos
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Der Anfang: Ruhiger Stand und Sitz
Bleibt dein Hund im Sitz, wenn dein Blick über ihn leicht hinausgeht und du im stabilen Stand Ruhe signalisierst?
In kleinen Schritten zum Ziel
Dank des kleinschrittigen Aufbaus, der didaktisch sinnvoll strukturierten Übungen im Grundlagenbereich, lernt der Hund zu verstehen, was sein Mensch von ihm erwartet.
Lass uns das Idealbild der Leinenführigkeit in seine einzelnen Elemente zerlegen. Wir beginnen mit der Ansprache zum Hund hin aus der Frontalen. Der Hund sitzt auf Anweisung hin aufmerksam vor seinem Menschen. Dieser schaut leicht über ihn hinweg und nimmt ihn dennoch peripher wahr. Auf die Nennung seines Namens, steigert der Vierbeiner die ohnehin vorhandene Aufmerksamkeit und erkennt die zeitgleiche Verlagerung des Menschen zum Hund hin, ohne darauf schon mit einer voreiligen Bewegung zu reagieren. Erst eine kleine Öffnung in Laufrichtung, plus leichter Gewichtsverlagerung auf das Standbein für den ersten Schritt, öffnet den gemeinsamen Weg in die Gerade. Der Mensch schaut mit deutlicher Aufrichtung genau dahin, wo es gemeinsam langgeht. Sein Kinn bleibt parallel zum Boden. Der Hund ist absolut orientiert, freudig zugewandt und folgt dem Menschen Schritt für Schritt. Weil der Mensch so klar formuliert hat: "Du bist gemeint und das werden wir tun", ist das Anschlussverhalten des Hundes kooperativ und verbindlich.
Klingt doch gar nicht so schwer, oder? Wie weit bist du, seid ihr als Mensch-Hund-Tandem von einem solchen Ablauf entfernt? Für den Status-Check ist die Sitz-Übung genau richtig. Wie viel Konzentration kann dein Hund in einem ruhigen Setting schon aufbringen?
»Die bewusst eingesetzte Körpersprache ist die feinste Form der Verständigung zwischen Zwei- und Vierbeiner: Sie ist das Bindemittel für die soziale Beziehung über Artgrenzen hinweg.«
ÜBUNG DIE SITZ-ÜBUNG
Mit diesem Übungsaufbau steigerst du das Konzentrationsvermögen deines Hundes. Ihr könnt das Training an ganz unterschiedlichen Plätzen und in vielfältigen Situationen variieren. Du sammelst dabei bestimmt einige neue Erkenntnisse über das Verhaltensrepertoire deines Vierbeiners.
So geht's
- Leine deinen Hund an.
- Positioniere ihn frontal sitzend vor dir.
- Nimm deinen Blick raus. Dein Blick geht über den Hund hinweg. Durch dein peripheres Sehen ist sein Verhalten für dich wahrnehmbar.
- Du stehst im stabilen Stand, das heißt: Füße hüftweit auseinander, aufrecht, Schultern locker, Atmung tief und ruhig, Kinn parallel zum Boden, Blick nach vorne, als wenn du auf die rote Ampel blickst.
- Schaut dein Hund nach oben in deine Richtung und ist aufmerksam, ohne Handlungsimpuls? Dann beginnst du in diesem stabilen Stand leicht mit dem Oberkörper nach rechts und nach links zu pendeln. Aus dem Oberkörper heraus zunächst die Schulter bewegen, den Oberkörper nach rechts verlagern, dein Gewicht geht auf das rechte Bein, dann nach links und nach hinten, mit Gewicht auf den Fersen, schließlich nach vorne auf den Ballen. So pendelst du leicht in alle vier Himmelsrichtungen. Diese Bewegung steckt an, der Hund bewegt seinen Kopf mit.
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1 Die ohnehin vorhandene Aufmerksamkeit und hohe Konzentration des Hundes?.
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2 .?wird erhöht durch die leichte Gewichtsverlagerung des Menschen in seinen Raum.
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3 Die Bewegung wird eingeleitet durch die Ansprache auf dem rechten Fuß,?.
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4 .?die Öffnung der Schulter nach links?.
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5 .?und die Einladung zum Nahherankommen.
Kleine Hilfestellung: Nimmt dein Hund dich vor allem von der Hüfte an abwärts wahr, überträgt sich die Bewegung meistens nicht. Dann braucht er vielleicht eine kleine akustische Aufforderung, um höher zu dir zu schauen, denn jede unserer Bewegungen beginnt ganz oben.
Der positive Effekt: Die überwiegende Mehrheit aller Hunde ist von der Pendelei irritiert. Dadurch fangen die meisten verstärkt an, ihren Menschen von oben nach unten zu beobachten. Genau das ist gewollt. Unsere Bewegungen fangen oben an, Augen, Kopf und Schulter leiten sie ein.
WIE ANTWORTET DEIN HUND?
- Was passiert, wenn du deinen Hund hinsetzt und den Blick rausnimmst, ihm also nicht weiter ins Gesicht schaust?
- Wie lange behält dein Hund die ihm von dir zugewiesene Position bei?
- Wie lange kann er diese Verbindlichkeit unter guten Rahmenbedingungen bei euch zu Hause einhalten? Schafft er es eine knappe Sekunde oder satte zwei Minuten?
- Wohin geht sein Blick? Schaut er dir ins Gesicht? Scannt er dich von oben nach unten?
- Achte auf den Gesichtsausdruck deines Hundes, ist er abwartend interessiert oder steht er unter Spannung?
- Löst er das Sitz-Signal eigenmächtig auf?
- Steigert deine Pendelei sein Interesse an dir?
Die Antworten auf diese Fragen geben Auskunft darüber, wie lange dein Hund im Geiste bei dir bleiben kann. Seine Fähigkeit, sich länger zu konzentrieren, baust du mit eurem Trainingsprogramm gezielt auf.
TÄGLICH ÜBEN
Damit ihr das Fundament für volle Orientierung des Hundes am Menschen solide aufbaut, lautet der erste Trainingsauftrag für die nächsten fünf Tage, diese kleine Übung täglich drei bis vier Mal durchzuführen. Ziel ist, die Zeitspanne für die Verbindlichkeit von den wenigen Sekunden beim Status-Check auf bis zu drei, vier Minuten auszudehnen. So kleinteilig aufgebaut, gibst du deinem Hund die Möglichkeit, sein Verhalten zu verändern. Das ist fair und ein erster Schritt auf dem Weg, deinem Hund zu erklären, worum es dir beim Gehen an der Leine wirklich geht. Erst wenn dein Vierbeiner dabei ruhig und aufmerksam bleibt, kannst du anfangen zu erwarten, dass er selbst dann auf deine Signale reagiert, wenn es drumherum verlockend riecht und spannend aussieht.
Nur durch regelmäßiges Training erhöhst du die Wahrscheinlichkeit, dass dein Hund genau dann, wenn es darauf ankommt, an dir orientiert bleibt. Im Training erarbeitest du die Dinge, die dir wichtig sind, damit in Zukunft der Ernstfall für euch beide stressfrei ablaufen kann.
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Hat Nicole den rechten Fuß schon leicht nach links gesetzt? Bruno signalisiert Mitgehbereitschaft durch die angehobene rechte Pfote.
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Kaalotta konzentriert sich auf Renée und wartet, ob aus der Ruhe eine Aktivität entstehen soll.
PERIPHERES SEHEN LERNEN
Du sollst deinen Hund nicht direkt anschauen, aber trotzdem mitbekommen, was er tut. Dafür musst du deinen Blick wahrscheinlich neu justieren. Der direkte Blick ist vergleichbar mit dem Zoom bei der Kamera auf ein Detail. Das periphere Sehen gleicht dagegen dem Weitwinkel oder dem Froschauge am Kamera-Objektiv. Das bedeutet, du fixierst keinen Punkt, sondern öffnest deinen Blick in die Weite und die Breite. Beim Gassigehen lässt sich das auch in der Landschaft ausprobieren. Der Baum in 20 Meter Entfernung ist dein Fokus, also Zoom-Blick. Die Wiese drumherum, den Feldweg, den weiter hinten pflügenden Schlepper und deinen am Wegesrand schnuppernden Hund siehst du mit dem peripheren Blick.
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Djamilas Blick geht in Richtung "Rote Ampel" und Paul schenkt ihr seine vollste Aufmerksamkeit in Erwartung gemeinsamer Aktivität.
AUF DEN SPUREN DER AHNEN
Lass uns einen Abstecher in die Hundewelt machen und einen Blick in das Zusammenleben der Ahnen, den Wölfen, werfen. Stimmt, da gibt es keine Halsbänder, kein Geschirr und keine Leinen. Dennoch: Auch Wolfsgruppen bilden in Bewegung ihre Gemeinschaft ab. So düst nicht einer frech ins Unterholz, während die anderen auf dem Trampelpfad bleiben. Wölfe laufen strukturiert, das Bewegen in der Gemeinschaft folgt Regeln. Sie werden von den...