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In den USA ist persönliche Verantwortung im Gesetz verankert:
»The Personal Responsibility and Work Opportunity Reconciliation Act of 1996« (PRWORA) heißt das Gesetz, das der damalige Präsident Bill Clinton im Zuge seiner Sozialreform unterzeichnet hat. Es hat folgenden Inhalt:
Nicht nur Gesetzgeber versuchen ihr Wunschbild von Verantwortung auf andere zu übertragen. Trotzdem wird man niemanden dazu zwingen können, in die Verantwortung zu gehen und aus ihr heraus zu handeln. Es ist eine Wahl, die man persönlich trifft. Das ist das Spannende an persönlicher Verantwortung. Es geht um die eigene Geisteshaltung, die eigene Wahrnehmung von Ursache und Wirkung und wie wir damit umgehen - wir in uns und wir mit anderen.
In diesem und dem nächsten Kapitel werden wir uns zunächst mit der Komplexität von persönlicher Verantwortung auseinandersetzen, bevor wir uns anschließend mit den Werkzeugen zum Anwenden und Beherrschen von Verantwortung beschäftigen. Für die Grundlagen betrachten wir in diesem Kapitel ein Stück Zivilisationsgeschichte, um aus den unterschiedlichen Perspektiven wie Philosophie, Religion, Psychologie, Literatur und Politik einen Blick auf den Umgang mit Verantwortung zu werfen. Dabei geht es nicht um eine umfassende historische Auswertung; mein Ziel ist, über Beispiele aus der Geschichte deine persönliche Auseinandersetzung mit dem Thema anzuregen.
Wenn wir uns Verantwortung im Verlauf der Geschichte ansehen, stehen sich immer wieder Willensfreiheit und Determinismus gegenüber. Diese nicht endende Kontroverse offenbart das Spannungsfeld, in dem sich jeder von uns befindet: Wie gehe ich mit dem Übernehmen oder Ablehnen von Verantwortung um, welche Glaubenssätze stecken dahinter und was bedeuten diese für meinen Blick auf Menschen generell und auf mich selbst.
Es geht um die Diskrepanz zwischen kraftvoll und schwach, frei und unfrei, selbstbestimmt und fremdbestimmt. Diese Debatte findet sich nicht nur in Philosophie, Psychologie, Religion oder Politik wieder, sondern auch bei Themen wie Leadership, Erziehung, Lehre, Polizeiarbeit oder Strafvollzug.
Seit dem 6. Jahrhundert v. Chr. debattieren Philosophen über den freien Willen im Gegensatz zum Determinismus. In der Religion geht es um die Frage, ob Gott unseren Lebensweg vorgibt oder uns einen freien Willen zugesteht. Ähnliche Fragen stellen sich in der Psychologie: Genetik und Umfeld beeinflussen unsere Persönlichkeit in hohem Maße, gleichzeitig wird der Willenskraft eine große Bedeutung beigemessen. In der Politik stehen sich Macht und persönliche Freiheit gegenüber, Fürsorgepflicht und Eigenverantwortung. Und das Ausführen von Gesetzen sorgt für nicht enden wollende Kämpfe und Tragödien in Amtszimmern und Gerichtssälen. Führungskräfte, Lehrkräfte und Eltern fragen sich immer wieder, wie viel sie für ihre Schützlinge mitdenken, entscheiden oder regeln sollen und wie viel Verantwortung diese selbst übernehmen sollen, können oder dürfen.
Verantwortungsroutine entwickeln
Wie stehst du zur Diskussion um den freien Willen und Vorbestimmtheit? Wie bewusst ist dir deine Sichtweise und wie es zu ihr gekommen ist? Wie wertvoll könnte die Auseinandersetzung damit sein?
Einer meiner Kollegen unterzeichnet seine E-Mails immer mit den Worten »Du kannst den Wind nicht beeinflussen, aber die Segel anders setzen«. Das fasst das Konzept von persönlicher Verantwortung sehr gut zusammen. In diesen Worten steckt die Herausforderung, dass wir uns oft in Situationen befinden, in denen wir die Umstände nicht verändern können; jedoch haben alle von uns sehr wohl eine Wahl, wie sie mit diesen Umständen umgehen.
In der Geschichte finden wir eine große Anzahl von Grundsätzen, Prinzipien und Zitaten über Erfolg, Leistung, Leadership, Erfüllung und Zufriedenheit. Nimm die Aussage »Du kannst den Wind nicht beeinflussen, aber die Segel anders setzen«. Es ist die Zusammenfassung von drei Zitaten. Der inspirierende amerikanische Autor William Arthur Ward schrieb: »Der Pessimist klagt über den Wind; der Optimist hofft, dass er dreht; der Realist justiert die Segel.« Country-Sänger und Unternehmer Jimmy Dean hat gesagt: »Ich kann die Richtung, aus der der Wind kommt, nicht ändern, aber ich kann die Segel immer so setzen, dass ich mein Ziel erreiche.« Und der Unternehmer, Autor und Motivationstrainer Jim Rohn hat den Ausspruch hinterlassen: »Das Setzen der Segel, nicht die Windrichtung, bestimmt unseren Kurs.«2
Diese Segel-Metaphern lassen sich beinahe zwei Jahrtausende zurückverfolgen. Schon der griechische Stoiker und Philosoph Epiktet wird oft zitiert mit seiner Aussage: »Es kommt nicht darauf an, was dir widerfährt, sondern wie du darauf reagierst.«3 Motivationsredner Zig Ziglar und andere, die dieses Zitat verwendet haben, haben es angepasst, indem sie »reagieren« durch »antworten« ersetzt haben. In Verantwortung steckt also, eine Antwort zu finden. Wir können nicht immer beeinflussen, was uns passiert, aber wir haben immer eine Wahl, wenn es um unsere Antwort darauf geht.
Überprüfe, wie sehr du und die Menschen in deinem Umfeld das Augenmerk darauf richten, was ihnen passiert (z.B. die Windrichtung), und wie viel Augenmerk im Gegensatz dazu auf dem Finden einer Antwort liegt (z.B. das Setzen der Segel). Achte beispielsweise darauf, was Menschen antworten, wenn du sie fragst, wie es ihnen geht. Du wirst meistens eher Erklärungen hören, wie schlecht oder auch gut die Welt gerade mit ihnen umgeht, anstatt dass sie sich dazu äußern, wie sie selbst aktuell mit der Welt und sich selbst umgehen.
Das Konzept von persönlicher Verantwortung findet man bereits im späten 8. Jahrhundert v. Chr., also vor über 2.800 Jahren, in Homers Odyssee: In Gesang 1 spricht Zeus zu den anderen Göttern: »Welche Klagen erheben die Sterblichen wider die Götter! Nur von uns, wie sie schrein, kommt alles Übel; und dennoch schaffen die Toren sich selbst, dem Schicksal entgegen, ihr Elend« [Homer].
Man kann hier zwei Beobachtungen machen: Wenn wir darüber sprechen, wer für etwas verantwortlich ist, schließen wir oft von der Wirkung direkt auf die Ursache. In der Odyssee merkt Zeus an, dass die Menschen ihr eigenes Elend schaffen, aber die Götter als Ursache des Übels beschuldigen. Außerdem sprechen wir vor allem dann über Verantwortung (und im Rückschluss über Ursache und Wirkung), wenn etwas schiefgeht. Wenn die Menschen in Homers Odyssee glücklich und zufrieden gewesen wären, hätten sie nicht die Götter dafür verantwortlich gemacht. Die Frage »Wer hat dafür gesorgt, dass es mir gut geht?« stellt man sich selten. Aber wenn Dinge im Großen wie im Kleinen schlecht laufen, suchen wir immer nach der Ursache.
In der Psychologie wird dieser Vorgang der Ursachenzuschreibung als Kausalattribution bezeichnet. Wir schreiben einer Wirkung (»Ich bin unglücklich in meinem Job«) eine Ursache (»Ich habe einen cholerischen Chef«) zu. Du und ich nehmen täglich Tausende solcher Zuschreibungen vor, das liegt in der menschlichen Natur und prägt unsere Lebenserfahrung sehr stark.
Machen wir einen Sprung von der Antike in Griechenland zum Beginn des 20. Jahrhunderts in Österreich. Der junge Gelehrte Fritz Heider stellt zu Ursache und Wirkung fest: »Nicht die Dinge sind die Ursachen für die Wahrnehmung, sondern die Wahrnehmenden selbst sind die Ursachen der Wahrnehmung. Wir selbst sind es, die durch unser Handeln aus dem Möglichkeitshorizont des Mediums bestimmte Dinge herauskristallisieren, und andere eben nicht.«4 Hiermit begründet Heider die Attributionstheorie in der Psychologie. Die entscheidende Erkenntnis dabei ist, dass Menschen aufgrund von Ursache-Wirkungs-Beziehungen agieren, ungeachtet dessen, ob diese wahr oder falsch sind.
Im März 1920 promoviert Heider im Alter von 24 Jahren an der Universität in Graz. In seiner Dissertation schreibt er, dass wir nicht wirklich wissen, ob das Ticken, das wir...
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