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Kapitel 2
"Vater wird erfreut sein, dass zu hören."
Vier der fünf Bakker-Brüder saßen im Wohnzimmer ihrer Eltern. Sie hatten sich in den vergangenen Monaten angewöhnt, sich wenigstens einmal die Woche zu treffen, um über den Fortgang auf der Baustelle zu reden. Entgegen allen Erwartungen verlief der Neubau des Strandhotels schleppend.
"Worüber werde ich mich freuen?"
"Ach, Vater, da bist du ja. Es gibt neue Informationen von der Baustelle. Diesmal sind es gleich zwei gute Nachrichten."
In letzter Zeit war auf der Baustelle viel kaputt oder verloren gegangen, gar nicht oder falsch angeliefert worden oder schon im Emder Außenhafen verloren gegangen oder abgefangen worden.
Es lief einfach zu viel schief, was den Bau des Strandhotels der Bakkers betraf. Mehr als üblich und viel mehr als auf anderen Baustellen ging quer. Das konnte unmöglich ein Zufall sein. Irgendjemand sabotierte sie, da waren sich die Familienmitglieder einig.
Wer so viel Energie aufwandte, musste die Bakkers sehr hassen. Vielleicht einer, den Vater bei der Ausschreibung der Grundstücke ausgestochen hatte? Oder jemand, der neidisch war und dem Familienunternehmen einen weiteren lukrativen Erwerbszweig nicht gönnte? Auf jeden Fall einer, den sie bald erwischen mussten.
"Die Holzbalken sind geliefert worden?"
"Richtig." Jakob Bakker, der jüngste Sohn von Willem Dirks Bakker grinste, als habe er eben erfolgreich einen Lausbubenstreich hinter sich gebracht. "Und das Schöne daran: Es fehlen keine und sie haben alle die richtige Länge."
Der Senior nickte. Die Lieferung davor war viel zu spät angekommen und die Balken waren einen Meter zu kurz gewesen. Zum Glück konnte der beste Freund von Willem Dirks Bakker, Georg Köhler, der ebenfalls ein Strandhotel baute, sie auf seiner Baustelle gebrauchen.
"Und es gibt eine weitere gute Nachricht." Jakob, der sich ursprünglich nicht entscheiden konnte, ob er für oder gegen den Neubau eines Luxushotels sein sollte, setzte sich jetzt mit all seiner Kraft für das Projekt ein. Seine Brüder und vor allem sein Vater waren froh darüber. Endlich hatte Jakob einen Platz in den Bakker`schen Betrieben gefunden, der ihm gefiel. Die täglich auftretenden Querelen, der Stress, ob das Wetter zu schlecht war oder die Handwerker überhaupt zur Arbeit kamen, lagen ihm.
"Jakob will der Erste sein, der Richtfest feiert", hatte dessen Ehefrau Hieltje noch vor wenigen Tagen behauptet. "Und wenn man sich die Baustellen der anderen anschaut, stehen wir ganz gut da."
"Hieltje vergleicht Äpfel mit Birnen", hatte ihre Schwägerin Geeske behauptet. "Man kann unmöglich unseren Bau mit den der anderen vergleichen."
"Zum Glück. Wäre ja noch schöner, wenn alle Hotels gleich aussehen würden. Unseres wird sowieso das prächtigste sein."
"Welche gute Nachricht?" Willem Dirks Bakker blickte Jakob erwartungsvoll an.
"Sagst du uns endlich, was die zweite gute Nachricht ist?", grollte Jann. Jakobs Bruder umgab der Duft frisch gebackenen Brotes. "Ich habe wenig Zeit, muss zurück in die Backstube."
"Klaas konnte im Emder Hafen eine zusätzliche Ladung Steine bunkern. Er ist vor zwei Stunden angekommen und ich habe bereits all unsere Fuhrwerke hingeschickt, um sie zur Baustelle zu bringen. Das .", Jakob grinste, ". meine Herren, bedeutet, dass wir vermutlich noch in diesem Monat eine weitere Etage aufsetzen können."
"Solange keiner von den Handwerkern streikt, krank wird oder ." Dirk Bakker, Hotelier des Hauses Bakker Senior, vollendete selten seine Sätze.
"Auch das habe ich geregelt." Jakob Bakker lächelte und schwieg. Es war offensichtlich, dass er gefragt werden wollte.
"Und? Wie hast du das gemacht?", tat Bruder Eildert Bakker ihm den Gefallen.
"Ich habe jedem Maurer, Tischler, Putzer, Stuckateur, Pleesmann oder wie die Handlanger heißen, also allen, die auf dem Bau arbeiten, für jeden Tag, den sie auf unserer Baustelle sind, zwei Mark zusätzlich versprochen."
"Das hättest du vorher mit mir absprechen sollen!" Eildert Bakker war für die Finanzen der Bakker`schen Betriebe verantwortlich.
"Vermutlich. Aber ich habe mit Frau Luise gesprochen."
Eildert unterbrach ihn scharf. "Seit wann ist das die Aufgabe unserer Hausdame?"
"Sie ."
"Habt ihr eine ungefähre Vorstellung, woher ich das Geld nehmen soll?"
"Das will ich dir ja gerade sagen. Frau Luise hat all unsere Stammgäste angeschrieben und ihnen einen Nachlass von zehn Prozent angeboten, wenn sie ein Jahr im Voraus ein Zimmer für wenigstens drei Wochen im neuen Hotel buchen."
"Zehn Prozent?" Eildert war entsetzt. "Und wer bitte soll dann im Bakker Senior und Junior zu Gast sein, wenn unsere Stammgäste im Strandhotel wohnen? Weiß Adeline davon?"
"Die hat im Augenblick andere Sorgen und sollte erst einmal gesund werden."
"Was sollen die zehn Prozent Nachlass uns bringen?" Bäckermeister Jann klopfte sich etwas Mehl von der Hose.
"Das ist es ja. Sie zahlen jetzt und wohnen es im kommenden Jahr ab."
"Du hättest es mit mir besprechen sollen."
"Reg dich nicht auf, Brüderchen." Jakob hob beide Hände, ließ sie aber sofort wieder sinken. "Du bist doch immer derjenige, der sagt, ich soll mehr Verantwortung übernehmen. Jetzt tu ich es und das ist auch wieder nicht recht. Denkt nach. So ein Angebot hat einige Vorteile. Wir bekommen das Geld jetzt sofort. Damit kannst du doch arbeiten." Jakob blickte Eildert herausfordernd an. Der wirkte, als rechnete er bereits.
"Und wir werden schon in diesem Jahr wissen, mit welcher Auslastung wir ungefähr rechnen können. Wer weiß, vielleicht setzen wir einfach noch ein Stockwerk drauf?"
"Sie zahlen vorab, sagst du?" Eilderts Berechnungen schienen abgeschlossen zu sein.
"Hast du mir nicht zugetraut, was? Ich weiß, ihr alle glaubt, ich bin von Beruf Sohn und kann nichts. Aber da täuscht ihr euch."
"Wie viele Antworten hast du erhalten?"
"Von den Gästen?"
"Von wem sonst?"
"Noch keine." Jakob verschwieg, dass er vergessen hatte, die Briefe bei der Post aufzugeben.
"Hoffen wir, dass keine Antwort eintrudelt."
"Wieso das denn nicht?"
"Dein schöner Plan setzt voraus, dass der Bau pünktlich fertig wird."
"Wird er."
"Wie kannst du da so sicher sein? Die meisten Handwerker sind abgereist und kommen erst im Herbst wieder. Und bedenke, was bisher alles schiefgelaufen ist!"
"Das, Bruderherz, lass mal meine Sorge sein."
***
Seitdem es seiner Frau Adeline gesundheitlich sehr schlecht ging, lag es an Dirk Bakker, sich um alle Angelegenheiten, die das Hotel betrafen, zu kümmern.
Eine Last, die schwer auf ihn drückte. Erst seit Adeline kaum noch das Bett verließ und sich wenig für die Belange des Betriebes interessierte, wusste er, was sie bisher geleistet hatte. Die Kinder und die Führung des Hotels brachten ihn an den Rand der Belastung, dabei hatte die Saison noch nicht einmal begonnen. Adeline schien das alles wie nebenbei erledigt zu haben. Doch nach der Geburt ihres siebten Kindes wurde alles anders. Dirk fürchtete um die Gesundheit seiner Frau und verbot sich den Gedanken, sie könnte bald für immer gehen.
Dermaßen mit sich selbst und seiner eigenen Familie beschäftigt, ersparte er es sich, seine Hausdame wegen der Briefe an die Gäste zu schelten. Er war sicher, Jakob hatte sie überredet. Jakobs Süßholzgeraspel konnte kaum eine Frau widerstehen und Luise vermochte es noch nie, ihm etwas abzuschlagen.
Vielleicht lag es auch daran, dass seit Wochen seine Angestellten Eigeninitiative entwickelten, was ihm nur recht war. In den Wintermonaten, in denen Handwerker die Zimmer bewohnt hatten, besorgten Frau Luise und die anderen übers ganze Jahr festangestellten Mitarbeitern zusätzliche Arbeiten im Haus, ohne zu murren, oder dass er sie darum hätte bitten müssen. Frau Luise kümmerte sich sogar gelegentlich um seinen Nachwuchs, obwohl ihr der Umgang mit Kindern nicht lag. Ohne sie und Gertrud Dirksen, bei der er als Junge schon auf dem Schoß gesessen hatte, könnte er das hier alles nicht stemmen.
Ihn grauste es bei der Vorstellung, wenn nächste Woche das Haus voll belegt sein würde. Wie sollte er das alles ohne die Mithilfe seiner Adeline bewältigen?
Ein winziger Lichtblick schien Jakob zu sein. Es freute Dirk, dass sein jüngster Bruder endlich zur Besinnung gekommen war und sich mehr als nur gelegentlich um seine Aufgaben im Familienbetrieb kümmerte.
Vielleicht, dachte Dirk, würde Jakob endlich ein Mann werden, auf den man sich verlassen konnte.
Je länger er über die Idee mit dem Rabatt und den Vorauszahlungen nachdachte, umso mehr konnte er sich damit anfreunden. Schlussendlich lag die letzte Entscheidung, ob diese Maßnahme angegangen wurde, bei seinem Vater.
Die Hinterlassenschaften der Handwerker in den Gästezimmern und die Grundreinigung der Räume ging gut voran. Sogar die Hausdame fasste mit an. Am späten Nachmittag des fünften Tages seit Hermines Ankunft waren alle Zimmer bereit, die ersten Badegäste dieser Saison aufzunehmen.
Frau Luise schickte Mathilde in die Waschküche, um dort zu helfen. "Und Sie, Fräulein Flessner, schauen, was bei den Herrschaften zu tun ist."
Ein Vertrauensbeweis. Nicht jede Angestellte durfte alleine die privaten Räumlichkeiten...
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