Kernkonzepte von Leadership RD
Purpose
Wenn ich den Kern von Leadership - egal ob als Eltern oder in einem Unternehmen - in einen Satz packen müsste, dann wäre es:
"Don't manage people, manage purpose."
- Simon Squibb
Das Wichtigste steckt schon in diesem Satz. Das schauen wir uns jetzt Schritt für Schritt an.
Purpose ist deine Richtung, dein "Innen". Was dieses "Innen" bedeutet, wird im Kapitel über Limbi (unser limbisches System, das emotionale Zentrum, unsere soziale Intelligenz) erklärt. Limbi steht für das Innen, während der Neocortex für das Außen - also unsere aktive Rationalität - zuständig ist.
Die Steuerung verläuft von meinem Innen, durch das Außen, zu deinem Innen. Wenn das Innen eines Systems klar definiert ist, lasse ich es in Ruhe arbeiten - dann funktioniert alles. Das ist der Kern von gutem Organisationsdesign. Ich gebe eine Richtung und Grenzen vor, das ist der Purpose und die Werte.
Das ist wie ein Motor: Läuft er, schau ich nicht hinein, um etwas zu verändern. Das würde den Betrieb stören.
Aber wir brauchen Warnlampen, die anzeigen, wenn der innere Zustand nicht gut ist. Das ist ein wichtiger Punkt im Leadership: Ich will das System nicht stören, aber ich will wissen, wie es innen aussieht - auch wenn es unangenehm ist. Echtes Leadership erkennt, dass Probleme nur größer und teurer werden, wenn man sie nicht löst. "Löst die Probleme, solange sie klein sind." Fehler im Organisationsdesign passieren immer wieder.
Ob wir echte Warnlampen wollen, um den inneren Zustand im Blick zu behalten, oder uns lieber von schönen, aber falschen Berichten beruhigen lassen, ist eine persönliche Entscheidung.
Leadership bedeutet herauszufinden, ob der Purpose klar ist. Wenn es Anpassungen braucht, definiere ich den neuen Purpose und bringe ihn ins System. Zudem muss Leadership sicherstellen, dass das System so gestaltet ist, dass es den Purpose nicht vergisst oder durch Regeln ersetzt.
Die 10 Gebote sollen nicht durch hunderte von Regeln verwässert werden. Regeln betreffen nur das Außen und nicht das Innen. Regeln und Verbote sind für Limbi wie Bestrafungen. Sie funktionieren für den Neocortex, aber schaden Limbi. Deshalb brauchen wir eine gute Balance.
Collaboration
Diese Balance baut auf dem Purpose auf. Wir brauchen sowohl Purpose als auch Zusammenarbeit.
"The doers are also the thinkers."
- Steve Jobs
In einem Interview nennt Steve Jobs Leonardo da Vinci als Beispiel, weil er Künstler und zugleich Chemiker war, um seine Farben herzustellen. Er war auch Architekt und Anatom, um den menschlichen Körper zu verstehen - und vieles mehr.
Genauso wie eine Person viele verschiedene Fähigkeiten haben kann, die an der richtigen Stelle zum Einsatz kommen, so arbeiten auch organische Teams. Leonardo vertraute all seinen Fähigkeiten und nutzte sie, wenn nötig, oder stellte sie zurück. Genauso müssen wir es im Team machen. Der Künstler in uns will vielleicht etwas, aber der Chemiker oder Anatom sagt: "Das geht so nicht."
Wie Leonardo keine zentrale Steuereinheit brauchte, um seine Fähigkeiten auszubalancieren, so funktioniert auch unser neuronales Network (siehe Die Kraft der Komplexität) - unser soziales Gehirn, wenn es entwickelt und trainiert ist.
Das ist echte Zusammenarbeit. Das ist eine wirklich intelligente Organisation.
Radical Collaboration: Zonen-Hühner
In einem TED-Talk erzählt Jim Tamm von Studien zur Zusammenarbeit an der Purdue University. Es geht um Hühner - Gruppen mit High-Performer-Hühnern und Gruppen ohne High-Performer.
Warum sind die High-Performer eigentlich High-Performer? Nicht, weil sie so sensationell sind, sondern weil sie die anderen Hühner unterdrücken. Wenn ich die anderen schlecht aussehen lasse, werde ich die Beste. (Hier geht es um Eierproduktion, also nur weibliche Hühner, aber dieses Prinzip finden wir in allen sozialen Strukturen.)
Diese Dynamik sehen wir auch in den unteren Ebenen von Tribal Leadership und in der Transaktionsanalyse. Viele unserer sozialen Strukturen beruhen auf Null-Summen-Beziehungen.
Eine "Unbeziehung" sieht nach außen wie eine echte Beziehung aus, hat aber eine dysfunktionale Dynamik. Sie kann transaktional sein, aus Benutzung oder Missbrauch bestehen. Missbrauch enthält einen Konsens - zumindest bis zur Handlung. Danach wird der Konsens entzogen und aus der Opferrolle Energie gezogen, bis der Zyklus von Neuem beginnt.
Im Leadership muss ich diese Mechanismen erkennen und darf aber nicht an der Oberfläche hängen bleiben. Dennoch muss ich nicht alle Themen lösen können, dafür gibt es Profis.
Die High-Performer sind besonders aggressiv und hacken auf den anderen herum. So sehen auch die Hühner in der roten Zone aus. Das ist natürlich wirtschaftlich nicht sinnvoll, und eine einfache Lösung gibt es nicht. Es braucht einen neuen Ansatz.
Erinnert dich das an Mobbing? Richtig. Es geht um das gleiche Prinzip. Oft denken wir: "Die brauchen das doch gar nicht." Aber dahinter stecken Unsicherheit und Minderwertigkeitsgefühle. Ich muss jemanden noch schlechter machen, als ich mich selbst sehe.
Die Essenz: Wenn ich bereit bin, andere abzuwerten, dann bin ich in meinen Augen selbst nichts.
Die Frage lautet also: Würden Hühner, die in Zusammenarbeit denken und handeln - also keine High-Performer, sondern einfach gut und sozial miteinander umgehen - produktiv genug sein?
Diese Hühner wurden gezüchtet, isoliert und weiterentwickelt. Das sind die Hühner in der grünen Zone.
Nach 5 Generationen wurde die Leistung der Hühner in der roten und grünen Zone verglichen. Die Unterschiede waren dramatisch: In der grünen Zone waren die Hühner gesund und produktiv, während die Hühner in der roten Zone in einem desolaten Zustand waren - mehr als die Hälfte war tot, von den anderen zu Tode gepickt.
Die Produktivität in der grünen Zone stieg innerhalb eines Jahres (5 Generationen) um etwa 260 %.
Lessons Learned: Rote-Zone-Umgebungen (interne Konflikte, feindliches Denken) erzeugen Rote-Zone-Verhalten. Statt externer Konkurrenz herrscht interner Wettbewerb. In der roten Zone denkt jeder nur an sein kleines System (Ego) und will darin die Nummer eins sein. Das größere System interessiert sie nicht. Im Gegenteil: Für den eigenen Vorteil wird die Zerstörung des Systems in Kauf genommen.
Grüne-Zonen-Umgebungen, in denen man sich gegenseitig unterstützt, kooperativ denkt und handelt, und die Deep Soft Skills (DSS) trainiert, produzieren mehr Output.
Jetzt kann jeder von uns entscheiden, welche Kultur er bevorzugt. Leadership steht eindeutig für die grüne Zone, für kollaborative Systeme. Managementsysteme basieren auf Grundannahmen der roten Zone. Besonders kritisch sind Rote-Zone-Systeme, die sich einen grünen Anstrich geben - das sehen wir heutzutage häufig. Es ist entscheidend, das wahre Wesen eines Systems zu erkennen. Und dafür brauchen wir ...
Limbi
Bei OrgIQ nennen wir unser Limbisches System, den Bereich unseres Gehirns, der für emotionale und soziale Intelligenz zuständig ist, liebevoll "Limbi". Limbi wird uns immer begleiten, denn wenn wir Limbi vernachlässigen, entstehen viele organisatorische Probleme. Und hier umfasst der Begriff "Organisation" alles, von Familie über Vereine, politische Parteien, Kirchen, Unternehmen bis hin zur Gesellschaft.
Limbi ist verantwortlich für unsere emotionale und soziale Intelligenz. Echte Beziehungen entstehen eher über Limbi als über den Neocortex, unser bewusstes Denken.
Schon ab dem ersten Schnuller wird Limbi eher unterdrückt, als entwickelt. In der "zivilisierten" Welt richten wir unseren Fokus mehr aufs Außen als aufs Innen. Beim Baby achten wir auf das Verhalten und die Lautstärke und wollen diese äußeren Aspekte regeln. Also greifen wir zum Schnuller. Aber hinter jeder äußeren Handlung steckt eine innere Ursache. Wenn wir unser Innen nicht entwickeln und trainieren, bleibt es leer. Alles Äußere dient dann nur noch dazu, das Innen zu "füllen" - was natürlich nicht funktioniert. Das Innen bleibt leer, und der Hunger wird größer.
Wenn wir die Welt durch Limbi's Augen sehen, wird vieles plötzlich klarer. (siehe auch Top-Management Wunschliste)
Eine Rattengeschichte: Ratte A und Ratte B
Beide Ratten laufen in einem Laufrad, und es geht darum, die positiven Effekte von Bewegung zu bewerten. Beide trainieren gleich viel. Der einzige Unterschied: Ratte A entscheidet selbst, wann sie trainiert und erlebt alle positiven Aspekte des Trainings - sie ist fit und gesund. Ratte B muss trainieren, wenn Ratte A es tut. Obwohl ihr das Training körperlich gut tut, zeigt sie alle Anzeichen von Stress und Burnout.
Der entscheidende Faktor ist also die Entscheidung. Wenn wir unsere Handlungen selbst bestimmen können, sind wir ausgeglichener - oder haben zumindest das Gefühl, es zu sein.
Link: Forced and voluntary exercises equally improve spatial learning and memory and hippocampal BDNF levels
Dieses einfache Beispiel zeigt,...