Schweitzer Fachinformationen
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»Kontrolle ist eine Illusion.
Kontrolle suggeriert nur eine
scheinbare Sicherheit,
die es nicht gibt.«
Sandra Echemendia
Serial Entrepreneur Sandra Echemendia weiß um die Bedeutung von gemeinsamen Werten für den Erfolg von Unternehmen. Nach Konzern-Stationen wie beispielsweise der Autostadt in Wolfsburg arbeitet sie inzwischen als Business Consultant und leitet die internationale Soul2Soul Business Community von ihrer Wahlheimat Bali aus.
Frau Echemendia, Sie haben von ihrer Basis in Indonesien aus gerade eine internationale Entrepreneur Community gegründet. So eine Gemeinschaft ist ja ein interkulturelles Team. Welche Herausforderungen ergeben sich bei der Führung solcher interkulturellen Teams?
Das stimmt. Es gibt jedoch einen Unterschied. Die Soul2Soul Community, über die Sie sprechen, hat eine gemeinsame Vision: Alle sind Entrepreneure und wollen international wirklichen Impact erzeugen. Natürlich geht es ums Verkaufen: darum, in dem, was jede:r einzelne tut, erfolgreich zu sein. Es geht aber auch um gemeinsame Werte und darum, anderen Menschen etwas zu geben, was sie weiterbringt. Im Grunde sind wir eine internationale Mastermind auf hohem Level, in der sich jede:r gegenseitig unterstützt und in der wir voneinander profitieren.
Wo ich gerade darüber spreche, hat das tatsächlich auch viel mit der Idealvorstellung von interkulturellen Teams zu tun. Aus der Praxis weiß ich aber, dass es häufig leider nicht so optimal abläuft. Meine Erfahrung zeigt, dass die Führung interkultureller Teams starke Nerven braucht. Während meiner Zeit in einem Konzern hatte ich zum Beispiel ein zehnköpfiges Team, in dem acht verschiedene Nationalitäten vertreten waren. Das war unglaublich faszinierend, brachte aber auch täglich neue Herausforderungen mit sich. Die Kommunikation untereinander gestaltete sich oft schwierig, was zu Konflikten führte. Manchmal gab es richtige Reibereien, weil sich die Teammitglieder nicht richtig verstanden.
Um solche Teams erfolgreich zu führen, braucht es Belastbarkeit, Nervenstärke, außergewöhnliche Kommunikationsfähigkeiten, Offenheit dafür, auch einmal die Perspektive zu wechseln, Teamfähigkeit und Souveränität im Umgang mit Konflikten. Und diese Fähigkeiten sollten bestenfalls alle Teammitglieder mitbringen, damit die Zusammenarbeit gelingt. In meinem Beispiel hat es nach einiger Zeit tatsächlich geklappt. Dann kannten sich die Teammitglieder sehr gut und der Umgang mit Konflikten hat sich verbessert. Wenn jemand seine Standpunkt äußerte, schafften die anderen es, angemessen darauf reagieren. Meinungsverschiedenheiten wurden akzeptiert.
Mein Fazit aus dieser und anderen wirklich interessanten Erfahrungen: Es ist möglich, interkulturelle Teams zu führen, aber es erfordert mehr Arbeit, als man zunächst denkt. Man muss sich darüber im Klaren sein, dass die Annahme »Wie ich bin, so ist der andere« oft nicht zutrifft. Das gilt übrigens für alle Teams, auch ohne interkulturellen Background. Ich erinnere mich an eine Situation, in der zwei Mitarbeiter zwei Jahre lang nicht miteinander sprachen und sich sogar weigerten, im selben Raum zu arbeiten. Ein unhaltbarer Zustand. Also habe ich mich mit ihnen zusammengesetzt und ließ sie miteinander reden. Dabei stellte sich heraus, dass sie nie wirklich im Streit lagen. Es gab lediglich Missverständnisse über gegenseitige Erwartungen, die aber nie adressiert wurden. Nachdem sie offen darüber gesprochen hatten, konnten sie sogar darüber lachen. Jetzt arbeiten sie wieder im selben Raum und reden miteinander. Es hat nur eine halbe Stunde gedauert, um das Problem zu lösen.
Als Führungskraft darf ich nicht einfach akzeptieren, dass Konflikte ungelöst bleiben. Vielmehr sollte ich kontinuierlich kommunizieren, bei Bedarf externe Unterstützung hinzuziehen und Mediation anregen. Die Fähigkeit zum Perspektivwechsel hatte ich bereits erwähnt. Diese Fertigkeit braucht jede:r im Team. Ist sie nicht vorhanden, muss sie gefördert werden. Trotzdem fühlt sich die Arbeit mit interkulturellen Teams manchmal an, als würde man einen Sack Flöhe jonglieren.
Ähnliches erlebe ich hier in Indonesien. Es geht um unterschiedliche Gewohnheiten und Kulturen, in denen z. B. Pünktlichkeit anders bewertet wird. Dann gilt es, Kompromisse zu finden, die für alle akzeptabel sind, so dass sich niemand respektlos behandelt fühlt. Auch hier braucht es intensive Kommunikation und klare Strukturen. Damit bin ich beim Thema Selbstreflexion. Man muss sich fragen, was einem aufgrund der kulturellen Prägung wichtig ist und die Fähigkeit haben, sich in andere hineinzuversetzen. Das hängt alles zusammen.
Selbstreflexion ist ein schönes Stichwort. Das gehört doch inzwischen zu den Must-haves von Führungskräften, oder nicht? Welche weiteren Fähigkeiten sind Ihrer Meinung nach erforderlich?
Absolut, in den letzten zwanzig Jahren habe ich gelernt, welche Bedeutung besonders die Fähigkeit zur Selbstreflexion hat. Dazu gehört übrigens auch das Wissen, wann ich den Spiegel von anderen brauche. In den meisten Fällen werden Ihre Mitarbeitenden Sie nicht von sich aus spiegeln - gerade wenn auch noch kulturelle Unterschiede hinzukommen. Hier in Indonesien reden die Menschen gern um den heißen Brei herum und kommen nicht so richtig zum Punkt. Im Privaten mag das funktionieren, da kann man auch einfach mal Loslassen. Im Business gilt es jedoch zu jonglieren und einen gemeinsamen Nenner zu finden.
Aber auch in Teams aus demselben Kulturkreis gibt es an dieser Stelle Probleme. Denn sobald ein Abhängigkeitsverhältnis besteht, bekommen wir selten eine unverfälschte Meinung - unabhängig von der Position. Deshalb braucht eine Führungskraft eine so ausgeprägte Fähigkeit zur Selbstreflexion. Falls ich das heute noch nicht kann, muss ich das lernen oder trainieren.
Unabhängig davon halte ich Empathie für eine sehr wichtige Persönlichkeitseigenschaft. Sie muss nicht übermäßig ausgeprägt sein, aber jede:r braucht die Fähigkeit sich in andere Menschen hineinzuversetzen. Führung hat sehr viel mit Empfindungen zu tun. Es geht darum, ein Gespür für andere Menschen, für Dynamiken, Stimmungen und Teams zu entwickeln. Denn der Führungsalltag besteht nicht selten aus Zuhören und Sprechen. Dafür braucht es notwendigerweise auch das aufrichtige Interesse an den Menschen. Wer nicht gerne mit anderen zusammenarbeitet und sich nicht in sie hineinversetzen kann, sollte auf keinen Fall eine Führungsposition anstreben.
Ich möchte an dieser Stelle den Unterschied zwischen einer Fachkraft und einer Führungskraft betonen. Früher führte der Weg auf der Karriereleiter ausschließlich über die Führungsschiene. Inzwischen haben viele erkannt, dass nicht jede:r für die Führungsrolle geboren ist. Und Fachkompetenz bedeutet nicht gleichzeitig Führungskompetenz. Ich habe in meinen Consultings viele Führungskräfte kennengelernt, die lieber ihren Job weiterhin fachlich gut machen würden. Sie hatten aber oft keine Wahl. Zum Glück hat dieses Modell langsam ausgedient und die Erkenntnis, dass Spezialisten genauso wertvoll sind wie Führungskräfte, setzt sich immer weiter durch.
Führungskräfte sollten sich auf Menschen konzentrieren, um die Ziele des Unternehmens mit denen des Teams in Einklang zu bringen. Das bedeutet, die Richtung vorzugeben, eine Meinung zu haben. Führungskräfte sollten Stabilität und Beständigkeit ausstrahlen, ebenso wie Standhaftigkeit und Ehrlichkeit. Sie brauchen Rückgrat und Selbstreflexion, um offen zuzugeben, wenn die Dinge einmal nicht gut laufen. Sie müssen aber selbst keine Fachkräfte sein, dafür haben sie Spezialisten, die ihnen zur Seite stehen. Beides ist wichtig, gleichwertig und ermöglicht die berufliche Weiterentwicklung.
Das soll übrigens nicht heißen, dass eine Führungskraft ihr Fachgebiet nicht kennen muss. Ich persönlich bin ein Anhänger des Prinzips »Leading by example«. Ich habe die Aufgaben, die meine Mitarbeiter:innen übernehmen sollen, immer zuerst selbst erledigt. Das klappt aber nicht immer.
Wenn ich zum Beispiel als Projektleiterin ein Team von zehn Spezialisten führe, die alle auf unterschiedliche Bereiche spezialisiert sind, dann kann ich nicht alle Aufgaben übernehmen, und das ist auch gut so. Sie dürfen in ihrem jeweiligen Spezialgebiet besser sein als ich.
Es ist nicht meine Aufgabe, ihre Arbeit zu machen, sondern ihre Arbeit zu leiten und sie dabei zu unterstützen, ihre Arbeit so gut wie möglich zu machen.
Wenn ich mich als Führungskraft aber nicht überall auskenne, bedeutet das nicht gleichzeitig einen Kontrollverlust?
Ich halte Kontrolle für eine Illusion. Kontrolle suggeriert nur eine scheinbare Sicherheit, die es in der heutigen Zeit einfach nicht gibt. Wer das nicht erkennt, hat wahrscheinlich schon andere grundlegende Probleme. Oft sind es die Menschen, die sich wundern, dass nichts mehr so funktioniert wie früher, obwohl alles immer noch genauso gemacht wird. Die Realität ist, dass es Kontrolle nicht gibt. Am besten ersetzen wir sie durch Vertrauen. Das heißt aber nicht, dass ich Dinge nicht nachhalten muss.
Wenn ich Rahmenbedingungen klar kommuniziere, kann ich meinen Mitarbeitenden vertrauen. Vor allem, wenn ich sie gut einarbeite, ihnen das nötige Wissen vermittle und klar sage, was ich erwarte. Auf diese Weise kann ich darauf...
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