1. Die duldsame Frau
(Den taalmodige Kvinde)
Es war einmal ein Gutsherr, der wohnte auf einem Gutshof, der nahe einem Wald lag. Er und seine Frau waren ältliche Leute, und sie hatten nur einen einzigen Sohn; aber der war schon etwas in die Jahre gekommen, er war immerhin an die dreißig. Da sagte die Madam eines Nachmittags, als sie beim Kaffee saßen, zu ihrem Mann: "Weißt du, was ich ganz merkwürdig finde?" Nein, sagte er, was sie damit meine? "Das ist, dass unser Sohn nie davon spricht, dass er heiraten will, und wir merken auch nichts davon, dass er versprochen ist. Nun hat er das Alter, und ich finde, es ist bei Kleinem an der Zeit, dass er eine Frau haben sollte. Ich habe auch keine Lust mehr, für so viele Leute den Haushalt zu führen, nun könnte ich es wirklich gerne brauchen, davon befreit zu sein." - "Ja, wirklich", sagte ihr Mann, "dagegen hab' ich auch gar nichts einzuwenden, wenn er selbst Lust dazu hat." - "Dann will ich morgen mit ihm darüber reden", sagte sie, "wenn es dir recht ist."
Anderntags, als sie beim Frühstück saßen, da war der Sohn zugegen, und da sagte sie: "Weißt du, worüber ich gestern Abend beim Kaffee mit deinem Vater gesprochen hab'?" Nein, wusste er nicht. "Ich wunderte mich sehr darüber, dass du nie davon sprichst, heiraten zu wollen!" Ja, wenn es ihnen recht sei, sagte er, dann könne er sich die Sache ja gerne durch den Kopf gehen lassen, denn er habe ja das Alter dafür. Aber eine Bedingung wolle er stellen, dass er nehmen dürfe, wen er sich selbst aussuchen würde. - "Ja, natürlich darfst du das", sagte sein Vater, "wenn du bloß einen anständigen Menschen nimmst. Es ist egal, wenn der arm ist, denn wenn ihr auf das achtgeben wollt, was hier ist, dann kann das für euch schon reichen, und wollt ihr das nicht, dann hilft mehr auch nicht." Das galt dann als abgemacht zwischen ihnen.
Anderntags, als seine Mutter am Herd8 in der Küche stand, da kam der Sohn zu ihr heraus und fragte sie, ob sie Malz genug hätten, um für eine Hochzeitsfeier zu brauen. Ja, in der Tat, das würde wohl reichen. Ja, denn dann wolle er sogleich Hochzeit machen. "Wen kriegst du denn?", sagte sie. Ja, das kriege sie schon zu sehen, wenn die Zeit komme. "Ich schließe dann daraus", sagte sie, "dass es eine Arme ist, die du haben willst, da du selbst die Hochzeit ausrichten willst." Darauf erwiderte er nichts. Dann sagte er wieder, dass sie doch gerne mit den Vorbereitungen beginnen dürften. "Nun, jaja", sagte sie. Aber niemand wusste, wen er kriegen sollte, und es war bald das Schlimmste, dass er es selbst nicht wusste.
Dann eines Tages fuhr er in die nächste Stadt, und dort ging er hinein zu einer Jungfer, die so eine feine Schneiderin war. Da fragte er sie, ob er sie dazu bewegen könne, ein Hochzeitskleid für seine Braut zu nähen. Sie sagte dann Ja. Ob sie dann nicht selbst mitkommen wolle zum Händler und aussuchen, was am passendsten und modernsten sei. Sie tat auch das. Als sie das dann eingekauft hatten, fragte sie ja, für wen sie das nähen solle. Ja, sie solle es nach ihren eigenen Kleidern nähen, dann werde es wohl passen.
Danach war er beim Schuhmacher und bestellte Schuhe, und da wurde Maß nach den Füßen der Jungfer genommen, und sie sollte dann das Ganze in die Wege leiten, wie es sein musste. Nun fuhr er wieder nach Hause, und dann setzte er sich, um Hochzeitseinladungen an die Familie zu schreiben, und dabei hatte er noch mit keinerlei Mädchen darüber gesprochen, ihn zu heiraten.
Der Tag wurde anberaumt, und alles war bereit, und die Gäste kamen, aber er hatte noch keine deswegen angesprochen. Sie schauten, und sie lauschten, und einer fragte den anderen, aber niemand wusste, wer die Braut war, nicht einmal die Alten, so dass es kein Wunder war, dass niemand sonst es wusste. Gerade als die ersten Gäste gekommen waren, da ließ er anspannen und fuhr zur Stadt, um diese Jungfer zu holen, denn sie hatte ihm im Vorwege zugesagt, dass sie seine Braut schmücken würde. Er bekam sie auch mit, und Pfarrer und Küster fanden sich auch ein, denn mit denen hatte er ja auch gesprochen, aber noch wusste niemand, wer die Braut war. Dann sollten sie ja ins Haus und etwas zu essen bekommen, und als sie damit fertig waren, sagte er zu den Hochzeitsgästen, ob sie nun nicht eine Stunde warten wollten, dann wolle er nun sofort mit der Jungfer losfahren. Ein jeder glaubte ja, dass sie diejenige sei, die er haben sollte, das konnte gar nicht anders sein, aber sie wollten ihn nicht danach fragen, da es nun nicht mehr lange dauern konnte, bis sie es zu sehen bekämen. Da fuhr er los und hatte den Brautputz und die Jungfer mit, und die anderen Gäste sollten, wie gesagt, eine Stunde warten.
Da fuhr er in den Wald, und dort hütete ein alter Hirte einige Schafe. Ihm winkte er, er solle herkommen, und der Alte kam ja mit dem Hut in der Hand, denn er kannte den Sohn wohl, da der Wald dicht beim Gutshof lag. Da fragte er ihn, ob seine Tochter zu Hause sei. Jawohl, sei sie, sowohl seine Frau als auch die Tochter. "Dann komm du mit nach Hause, ich will mit dir reden." Der Alte ging nun mit dem Wagen nach Hause zur Hütte, und dann fragte der Bursche, ob er ihre Tochter kriegen könne. Ja, der Alte zierte sich ja ein bisschen und meinte, das sei allzu verrückt, das könne er doch nicht ernst meinen. Doch, er meine es ernst, und es müsse jetzt sofort sein, in einer Stunde etwa sollten sie getraut werden, und es sei alles vorbereitet. Schließlich musste die Tochter ja diejenige sein, die darüber entscheiden musste, und sie kannte ihn ja sehr wohl, denn sie wohnten nicht allzu weit voneinander. Sie sagte, ja, sie wolle ihn ja schon gerne haben, sofern es sein Ernst sei, wenn er dann gut zu ihr sein wolle, sie sei so arm und habe rein gar nichts aufzuweisen. Ja, das wisse er wohl, und er werde auch schon gut gegen sie sein, aber er stelle die Bedingung, dass sie ihm niemals widersprechen noch zuwiderhandeln dürfe. Ja, sie wolle ja ihr Möglichstes tun, und damit war die Sache entschieden. Aber sie musste sich sofort fertigmachen, sie musste hin und sich waschen und musste umgekleidet werden, denn die Jungfer war da und sollte sie schmücken, und all das Ganze, Hemd und Unterkleider, hatte er dabei für sie, er nahm sie also sozusagen nackt.
Na, ihre alte Mutter, die sammelte die Kleider zusammen, die die Tochter auszog, und wollte sie verwahren. "Dann haben wir zumindest das für sie, wenn sie wiederkommt", sagte sie, "denn das dauert wohl nicht lange, nachdem das hier so hastig zugeht." Dann kam sie nach drinnen und wurde geschmückt, und gerade als die Jungfer damit fertig war, da kam der Hochzeitswagen, denn sie mussten ja durch den Wald, bevor sie zur Kirche kommen konnten. Die Gäste waren ganz verwundert, als sie den Wagen vor diesem Haus halten sahen, sie konnten ja nicht verstehen, was das bedeuten sollte, aber dann kam die Braut zu ihm hinaus auf den Wagen, und sie fuhren wieder weiter zur Kirche. Nun erst begriffen die Leute, wen er haben sollte.
Als das Brautpaar getraut worden war und es bei der Kirche zu Ende war, fuhren sie ja wieder nach Hause. Nun bekamen seine alten Eltern dann zu sehen, welche Ehefrau er bekommen hatte, und sie waren ganz zufrieden damit, sie erkannten sehr wohl, dass es Grit Selle9 dort aus jenem Haus war, und die mochte die alte Frau ganz gerne und freute sich sehr, dass es die war, denn die beschäftigten sie sonst so, wenn sie schlachten und waschen sollten, und sie war ganz tüchtig und ganz flink. Es gab nun eine große Hochzeit, und die war so großartig, wie sie nur sein konnte.
Sie lebten nun vorerst ein Jahr zusammen und lebten glücklich zusammen. Aber dann sollte sie niederkommen und bekam ein kleines Mädchen. Anderntags, nachdem sie das bekommen hatte, da kam er zu ihr herein, und da war sie alleine im Kindbett. Da fragte er sie dann zuerst, wie es gehe. Ja, sie dankte, es gehe doch einigermaßen. Da sagte er: "Aber nun ist da noch eine Sache dabei. Dieser Hof, das ist ein Stammhof, und darum darfst du das Kind nicht behalten, denn sollte ich vor dir sterben, dann müsste es ja den Hof erben, und dazu bist du von zu geringem Stand." Damit nahm er das Kind und wollte damit gehen. Sie seufzte ja etwas darüber, aber dann sagte sie: "Ja, wie du willst, aber du darfst es nicht einfach irgendwo hinschmeißen", sagte sie. Nein, das werde er auch nicht, es werde keinen Schaden nehmen.
Dann ging er mit dem Kind; aber als er wieder nach Hause kam, war das Erste, was er tat, hineinzugehen zu seiner Frau und sich freundlich mit ihr zu unterhalten. Er konnte wohl merken, dass sie etwas verzagt war, aber sie war ganz freundlich und war gar nicht böse, sie nahm es geduldig hin und unterhielt sich unverändert freundlich mit ihm.
Dann ging wieder ein Jahr dahin, und da bekam sie einen Sohn. Das ging genauso; er kam anderntags zu ihr herein und unterhielt sich freundlich mit ihr. Aber nun sei es noch viel schlimmer, wo es ein Sohn sei, denn nun müsste der ja den Hof erben, wenn er bei ihnen bliebe, und das könne ja überhaupt nicht angehen, da sie von so geringem Stand geboren sei. Sie nahm das ja ganz geduldig hin, und er...