Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
Das Material in diesem Umschlag stammt aus unterschiedlichen Quellen, und nicht alles ist chronologisch angeordnet. Harriet Fenshaw hat ihre eigenen Erlebnisse in eine literarische Form gebracht, »um eine durchgehende Handlung zu schaffen und die Lesbarkeit zu verbessern« (und auch, weil Harriet einfach so tickt. Sie setzt sogar in Textmessages Kommas. Vielleicht wird man so, wenn man ein paar Jahre lang unterrichtet hat). Die Informationen über die anderen Gäste auf dem Mauerhof entstammen zum Teil den Gesprächen, die wir geführt haben, zum Teil haben wir auch Niederschriften, Bilder, Zeitungsartikel, Mails und Textnachrichten gesammelt. An die meisten davon sind wir ganz regulär gekommen, weil sie uns gezeigt wurden (die Leute sind bereit, im Gespräch sehr viel mehr zu verraten, als sie eigentlich wollen, wenn sie gestresst genug sind oder sich ins richtige Licht zu rücken versuchen), aber ein paar Informationen haben wir auch auf etwas unorthodoxem Weg erhalten. Ich habe kein Problem damit, im Zug jemandem über die Schulter zu schauen, um zu wissen, was der sich gerade wieder auf Netflix reinzieht, und wenn es um was wirklich Wichtiges geht, wie in dieser Sache, kann man, finde ich, ruhig alle Möglichkeiten ausschöpfen. Und wenn die Leute nicht wollen, dass man mithört, was sie ihren Partnern für Lügen erzählen oder was sie am vergangenen Abend getrieben haben oder warum sie jemanden hassen oder wie sie jemanden dazu kriegen, genau das zu tun, was sie wollen, dann dürfen sie eben keine Sprachnachrichten diktieren oder anhören, sodass andere es mitbekommen, oder gar am offenen Fenster telefonieren, am besten noch mit Lautsprecher. Ich höre immer »Generation Smartphone, Generation Smartphone«, aber manchmal denke ich, alle glauben einfach, dass sie die einzigen Menschen auf der Welt sind. Sie haben Geheimnisse, aber sie passen nicht wirklich darauf auf, weil sie alle anderen bloß für Statisten oder Attrappen in ihrem persönlichen Film halten, in dem sie die Hauptrolle spielen. Aber die Statisten haben Ohren, und manche haben ein Hirn und wollen verstehen, was um sie herum vor sich geht. Und wir wollen, dass Licht in die ganze Angelegenheit kommt. Weil die offensichtliche Wahrheit eben nicht immer die Wahrheit ist. Ob wir mit diesen Materialien die ganze Wahrheit gesagt haben, wissen wir auch nicht. Teilweise mussten wir Gespräche aus dem Gedächtnis rekonstruieren oder übersetzen, und manches bleibt Spekulation. Und natürlich belügen sich die Menschen manchmal auch selbst. Aber wir glauben, dass wir näher dran sind an der Wahrheit als . na ja, als Sie. Was kein Wunder ist, weil wir dabei waren. Weil es uns um was geht.
(Harriet, willst du noch mal drüberschauen, oder kann ich das so lassen? Ich lass das jetzt so, sonst hättest du es halt selbst schreiben müssen.)
Kunstpreis »Zeitzeichen« geht an Rothenburger Künstlerin
Mit dem alle zwei Jahre verliehenen Kunstpreis »Zeitzeichen« wird im Juni die bei Rothenburg o. d. Tauber lebende Künstlerin Melanie Gruber ausgezeichnet. Die Jury würdigt ihren »kompromisslosen, aber emphatischen« Umgang mit Werkstoffen und Sujets. Gruber wurde 1968 in Münster geboren, studierte an der Kunstakademie Karlsruhe und arbeitet seit dem Jahr 2001 als freie Künstlerin. 2002 feierte sie mit ihrer ersten eigenen Ausstellung »Sonderaussichten« einen vielbeachteten Erfolg. Seither hat sie ihre Installationen, Zeichnungen und Skulpturen in diversen Galerien und bei Veranstaltungen gezeigt. Im Jahr 2007 erhielt sie den Sonderpreis »Installation:Innovation« der Fördergemeinschaft »Kunst weiblich«. Gruber gibt in ihrem Haus bei Rothenburg Kunstseminare und engagiert sich für das Projekt »Kunst der kurzen Wege«, durch das junge Talente aus bildungsfernen Schichten entdeckt und gefördert werden sollen.
Den »Zeitzeichen«-Preis, der mit 5.000 Euro dotiert ist, wird Gruber bei einer Vernissage am 18.6. in Empfang nehmen. Ihre neueste Ausstellung wird bis zum 12.7. in der Scheune ihres Hauses zu sehen sein.
Die Laudatio wird Professor D. R. Kern von der Nürnberger Akademie der Künste halten.
Harriet Fenshaws Onkel war verrückt geworden, das war die einzige Erklärung. Und weil das so war und sie ihn ja nicht einfach seinem Schicksal überlassen konnte, saß sie jetzt in einem roten Regionalzug der Deutschen Bahn, der soeben ohne ersichtlichen Grund auf freier Strecke angehalten hatte. Franken. Akkurate Felder, auf denen giftig-gelber Raps blühte, und dunkle Waldstücke. Ein hoher blauer Himmel, an dem keine einzige Wolke zu sehen war. Eine Klimaanlage, die das Abteil auf arktische Temperaturen gebracht hatte - zumindest, wenn die Nachrichten stimmten, denen zufolge in der Arktis derzeit Rekordwerte gemessen wurden. Das Klima war offensichtlich ebenso verrückt geworden wie Edmund.
Ihr Handy pingte. »Hi Hattie, drinks tonight in the Horse and Dragon? Celebrate half-term break? Chris and Sarah are coming too.«
»Tut mir leid, ich bin gerade in Deutschland«, tippte sie hastig.
Hayleys Antwort bestand aus drei dicken Fragezeichen, was Harriet nicht verwunderte. Am Donnerstag hatten sie sich noch im Lehrerzimmer unterhalten, und beide hatten erklärt, dass sie keine Urlaubspläne hätten.
»Es war eine spontane Entscheidung«, schrieb Harriet. »Mein Onkel Edmund hat eine Einladung von einer alten Freundin erhalten.«
»Edmund ist der attraktive Typ, oder? Und er hat dich mitgenommen? Cool, du hast dir ein paar Tage Urlaub verdient. Für mich wäre das ja leider nichts, ich kann kaum drei Sätze Deutsch.«
Der Zug setzte sich so unvermittelt wieder in Bewegung, wie er angehalten hatte, und die Klimaanlage blies Harriet einen Extrastoß heiße Luft ins Gesicht. Am Fenster zogen Wiesen mit reifendem Korn und Feldränder vorbei, an denen roter Klatschmohn blühte. Sie zögerte, was sie antworten sollte. Sie betrachtete ihre Kollegin Hayley als Freundin, ebenso wie Chris und Sarah, aber sie waren keine Vertrauten, die sich gegenseitig Geheimnisse verrieten. Andererseits war die Zugfahrt langweilig, und wenn sie ehrlich mit sich selbst war, wollte Harriet jemandem mitteilen, was sie momentan umtrieb. Sie ignorierte die Frage nach dem »attraktiven Typen«. Edmund war ihr Onkel, auch wenn er nur elf Jahre älter war als sie und ihr oft eher wie der große Bruder vorkam, den sie nicht hatte. Aber »attraktiv« war einfach keine Kategorie für männliche Familienmitglieder. Überhaupt war das größere Problem momentan, dass Edmund offensichtlich verrückt geworden war.
»Er hat mich nicht mitgenommen. Ich reise ihm gerade hinterher, ohne dass er es weiß«, schrieb sie.
»???«
Er hatte ihr die Einladung per Mail weitergeleitet und gefragt: »Na, was meinst du, Hattie? Soll ich hinreisen?« Harriet suchte die Nachricht in ihrem Posteingang und schickte sie Hayley.
»Hi Ed«, hatte Melanie Gruber geschrieben. »Ich weiß, dass wir schon lange nichts mehr voneinander gehört haben, aber ich musste neulich an dich denken, als ich auf der Fähre nach Dublin übergesetzt habe - du erinnerst dich sicher an unseren Trip auf die Kanalinseln? Die Sicherheitsdurchsage, über die wir uns beinahe totgelacht hätten, und dann der Typ im Zug? Das war eine großartige Reise damals, eine der besten. Warum ich schreibe: Ich eröffne demnächst eine neue Ausstellung. Du hast mein Haus an der Mauer ja nie gesehen, weil wir immer nur zusammen gereist sind. Schade eigentlich. Wie auch immer, das Haus ist zwar heruntergekommen und voller knarrender Dielen, aber es gibt eine Scheune mit Werkstatt und jede Menge Platz für Kunst und interessante Menschen. Es wird eine feierliche Eröffnung mit Preisverleihung und Honoratioren stattfinden (siehe Link zum Artikel darüber), aber ich wollte auch eine persönliche Feier daraus machen und habe ein paar Leute eingeladen, übers Wochenende oder auch länger zu bleiben. Schon weil mich das ganze Brimborium, das mit so einer Preisverleihung einhergeht, anödet, und dein respektloser Humor die Sache bestimmt beleben würde. Falls du also Lust hast, mal wieder nach Deutschland zu kommen, würde ich mich freuen. Bringe gerne jemanden mit, wie gesagt, es ist genug Platz da und alles sehr informell bei mir im Haus. X Melanie.«
Eine Zugdurchsage informierte die Fahrgäste darüber, dass sie in Kürze Rothenburg ob der Tauber erreichen würden, und Harriet vergewisserte sich, dass sie ihre Sachen beisammenhatte, ehe sie wieder einen Blick aufs Handy warf.
»Ich verstehe das Problem nicht«, hatte Hayley geschrieben. »Klingt doch nett.«
»Muss jetzt aussteigen«, tippte Hattie eilig. »Melde mich später.«
Natürlich verstand Hayley das Problem...
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