Schweitzer Fachinformationen
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Um was geht es?
Um zu verstehen, warum ein Hund hochgepuscht wird und warum es ihm so schwerfällt, seine Impulse zu kontrollieren, müssen wir in der Zeit zurückgehen und den Grund für sein Verhalten herausfinden.
Seit vielen hundert Jahren werden Hunde gezüchtet, um verschiedene Jobs und Funktionen auszuüben. Die Züchter achten daher immer darauf, Hunde zu selektieren, die bestimmte überragende Fähigkeiten haben oder erwünschte Charakteristika oder Verhaltensmuster zeigen.
Kontaktfreudigkeit ist genetisch bedingt. Wir kennen "reservierte" und "freundliche" Rassen. Wie oft muss beispielsweise ein Labrador Retriever angegriffen werden, bevor er vor anderen Hunden Misstrauen entwickelt. Die Kontaktfreudigkeit dieser Rasse ist im Allgemeinen sehr hoch und macht viele Labradore gegenüber schlechten Erfahrungen widerstandfähig und belastbar. Dagegen kann eine einzige schlechte Erfahrung ein Individuum einer anderen Rasse für den Rest seines Lebens beeinflussen. Aber es gibt natürlich Ausnahmen von jeder Regel.
Ein Farmer möchte einen Hund, der sich auf ihn konzentriert und bei der Arbeit andere Hunde ignoriert. Im Allgemeinen sind daher Arbeitscollies mehr auf den Menschen bezogen als auf andere Hunde.
Die Anlage für eine defensive Aggression ist ebenfalls eine ererbte Eigenschaft. Wie reagieren Welpen auf Menschen und andere Hunde, wenn sie zum ersten Mal in die Hundeschule kommen und von Eindrücken überwältigt oder verunsichert sind?
Der Spaniel wird vielleicht Pipi machen, versuchen zu fliehen oder sich auf den Rücken legen. Der Terrier sagt: "Ey, hau ab" und schnappt. Beide fühlen das Gleiche, aber ihre Anlagen beeinflussen die erste Reaktion. Wir selektieren ja diese Merkmale in der Zucht: Spaniels sind "weich und fügsam", Terrier sind "hartnäckig und streitsüchtig". In der Realität wird sich der Spaniel gelegentlich wie der Terrier verhalten, wenn er herausfindet, dass seine unterwürfigen Reaktionen unwirksam sind. Aber die Unterwürfigkeit ist sein angeborenes Verhalten.
Bei Jagdhundrassen fordern wir verständlicherweise das Verlangen zu jagen, das heißt dass der Hund seine Nase benutzt und eher auf seine Umgebung fokussiert ist als auf seinen Führer. Hierzu steht oft eine andere gesuchte Eigenschaft im Widerspruch: die Trainierbarkeit. Wir wollen Hunde, die in der Lage sind, einen bestimmten Job auszuführen, und mehr noch wollen wir Hunde, die Wettbewerbe gewinnen können.
Instinktives Verhalten steuern
Muss ein Hund trainierbar sein, um seine Arbeit zu verrichten, oder können wir uns auf seine ererbten Fähigkeiten und Verhaltensmuster verlassen? Die Antwort ist ein entschiedenes "Ja"! Wenn Sie sein Verhalten nicht steuern, hat der Hund die Kontrolle und nicht Sie.
Beispielsweise muss ein Border Collie oder ein Jagdhund trainierbar sein, wenn sein Führer möchte, dass er auf Signal seine angeborenen Verhaltensmuster und Wünsche stoppt und unterbricht. Ein Collie darf nicht in der Schafherde Amok laufen und ein Jagdhund darf nicht ein Wildtier jagen, nur weil ihm danach ist. Auf der anderen Seite überlässt man einem Terrier seinen Job. Er wird zu einem Gebiet mit Rattenproblem gebracht, von der Leine gelöst und kann ungestört seinem Beuteverhalten nachgehen: Ratten zu finden und zu töten. Wir legen einfach die Leine wieder an, wenn er seine Arbeit getan hat. Ein Sibirischer Husky hat einen starken Jagdtrieb, der aber schwierig zu nutzen ist, weil er nicht genetisch auf ein hohes Maß an Selbstkontrolle selektiert wurde.
Ein Hütehund kann nur effektiv arbeiten, wenn er seine Impulse kontrollieren und den Anweisungen folgen kann.
Es gibt auch Situationen, in denen Instinkte die Oberhand gewinnen und im täglichen Leben Probleme verursachen. Hunde, die für das Apportieren gezüchtet wurden, haben ein großes Bedürfnis, etwas in den Fang zu nehmen und zu halten. Golden Retriever und Cocker Spaniels teilen diese Anlage, die, wenn sie nicht kontrolliert wird, zur Ressourcenverteidigung führen kann. In ähnlicher Weise besitzt der Border Collie den natürlichen Instinkt, seine Herde im Auge zu behalten und zu hüten. Dies Verhalten kann auf Radfahrer, Autos, Jogger, Fußbälle oder alles, was sich bewegt, überspringen.
Diese genetischen Verhaltensweisen werden oft getriggert, wenn ein Hund durch Aufregung oder Frustration hochgepuscht wird. Erstens, weil sie instinktiv ablaufen, und zweitens, weil sich der Hund dabei wohlfühlt. Beispielsweise nimmt sich der Labrador, der zum Apportieren gezüchtet wurde, bei Erregung ein Spielzeug, während der Belgische Schäferhund, gezüchtet für Schutzaufgaben und Beißarbeit, bei Frustration nach seinem Führer schnappt.
Wenn wir unsere Hunde trainieren, müssen wir all diese Faktoren in Erwägung ziehen und immer daran denken, dass keine zwei Hunde gleich sind. Wir müssen daher Zugeständnisse und Anpassungen machen. Dies können wir nur, wenn wir die Rasseanlagen des Hundes wirklich verstehen, seine Geschichte und Genetik und den Einfluss, den dies auf sein individuelles Temperament hat.
Selbstkontrolle verstehen
Damit wir einem Hund Selbstkontrolle beibringen und seine natürlichen Instinkte meistern können, müssen wir die Welt mit seinen Augen sehen. Selbstkontrolle heißt, dass ein Hund seine natürlichen Impulse kontrolliert, um ein gewünschtes Ergebnis zu erzielen. Tatsächlich gehört es wesentlich zu seinen natürlichen Instinkten, wenn ein erfolgreicher Jäger in ihm steckt und er nach passenden Gelegenheiten sucht.
Selbstkontrolle ermöglicht dem Hund, zu essen und sich zu vermehren - beides Grundvoraussetzungen für das Überleben. Wenn meine Hündinnen läufig sind, demonstrieren meine Rüden Selbstkontrolle, indem sie sie nicht belästigen, bevor sie ihren Eisprung hatten. Es liegt nicht in ihrem Interesse, den Damen auf die Nerven zu fallen; schließlich sollen sie ihnen gewogen bleiben. In ähnlicher Weise ist das ruhige, bewegungslose Warten vor dem Mauseloch für den Hund die erfolgversprechendste Methode, sich sein Frühstück zu fangen. Diese Verhaltenweisen kann man im gesamten Tierreich beobachten: Der Jäger wartet in ruhiger Vorfreude auf seine Beute und das Männchen ist kokett und höflich während der Paarungszeit.
Beim Pfiff stoppen: Ein Jagdhund muss sein natürliches, instinktives Verhalten bremsen, um seinen Job effektiv auszuüben.
Selbstkontrolle ist leicht zu lehren, wenn es um ein gewünschtes Ergebnis geht. Die Motivation ist groß und stark. Der Hund verschiebt quasi seinen Zahlungstermin, weil eine riesige Belohnung auf ihn wartet.
Was ist Frustrationstoleranz?
Frustrationstoleranz unterscheidet sich deutlich von Selbstkontrolle. Wir Menschen stellen uns vor, dass der Hund sich in unserer Welt angemessen benimmt. Es ist eine Situation, in der beim Hund Selbstkontrolle erwartet wird, aber das von ihm natürlicherweise "gewünschte" Ergebnis tritt nicht ein. Ein Beispiel hierfür ist es, einen Hund vom Verfolgen eines Kaninchens abzuhalten, wenn er glaubt, es fangen zu können. Wenn er glaubt, mit seinem Verhalten das gewünschte Resultat zu erhalten - sei es, weil es sich gut anfühlt oder weil er Beute machen kann -, dann wird er jagen.
Die Frustration wird größer, wenn das instinktive Verhalten ausgebremst wird.
Liebt ein Hund es einfach zu jagen, wird sich irgendwann Ermüdung einstellen und das Verhalten seinen Reiz verlieren. Er wird es zwangsläufig aufgeben und vielleicht zu seinem Besitzer zurückkehren. Ist es seine Absicht, die Beute zu jagen und zu verspeisen, wird er entweder erfolgreich sein oder die Jagd aufgeben, bevor er dabei umkommt. Das Aufgeben ist dann keine Selbstkontrolle, sondern eine Frage des Überlebens und es wird akzeptiert, dass es keine Belohnung gibt.
Wenn ich mit Hunden arbeite, bei denen das Jagen ein Problem darstellt, höre ich die Besitzer oft sagen: "Er kommt früher oder später zurück." Ja! Das kann stimmen, aber das ist kein Resultat des Trainings. Der Hund hat sein normales Überlebensverhalten gezeigt. Es gelang ihm nicht, sein eigenes Abendessen zu fangen, deshalb kam er zurück, um sich stattdessen Ihre Angebote anzusehen. Dazu braucht er nur sehr wenig Selbstkontrolle - er musste nur aufgeben.
Schaut man sich das Jagen aus der Perspektive des Hundes an, ist es verrückt von ihm zu erwarten, das Kaninchen nicht zu jagen: "Warum um Himmelswillen nicht, erst Recht, wo ich es doch kriegen kann?"
Frustrationstoleranz bedeutet für den Hund, dass er sich in einer bestimmten Weise verhalten soll, die natürlicherweise für ihn keinen Sinn ergibt. Daher ist Selbstkontrolle einfach und Frustrationstoleranz nicht. Letztes erfordert die Entwicklung völlig neuer Denkmuster.
Wenn ich mit meinen Spaniels im Feld arbeite, müssen sie über viel Frustrationstoleranz verfügen. Sie müssen hart arbeiten, um im Gestrüpp Fasane aufzustöbern. Findet der Hund einen Vogel, muss er stoppen und zuschauen, wie er fortfliegt.
Wenn er den...
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