Schweitzer Fachinformationen
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»Du bist aber früh dran. Ich habe noch gar nicht mit dir gerechnet.« Sophie eilte auf Filip Rosec zu, ihre rechte Hand und stellvertretender Küchenchef des kleinen, gemütlichen Bistros, und nahm ihm eine der drei großen braunen Papiertüten ab. Darin befanden sich jeweils zehn perfekt gebräunte Baguettes. Sophie konnte nicht widerstehen und steckte die Nase kurz in eine der Tüten. »Mmh, wie das duftet. Herrlich! So knackig und aromatisch bekommen das nur die LeGalls hin. Sie sind wahre Künstler in der Backstube.«
»Sie backen das beste Brot in der Bretagne«, stimmte Filip zu.
»Was verschafft mir das Vergnügen, dich Stunden vor deinem offiziellen Schichtbeginn zu sehen? Mauserst du dich etwa zu einem frühen Vogel?«
»Mais non. Mich hat ein Bagger aus dem Bett geschmissen«, beklagte sich Filip. »An der Kreuzung vor meiner Wohnung haben sie die Straßendecke aufgerissen und ein großes Loch gebuddelt. Wahrscheinlich sind ein paar Leitungen marode, wir hatten in den letzten Wochen öfter Probleme mit dem Strom. Die Arbeiter haben gemeint, das kann länger dauern.«
»Prima! Dann kann ich also davon ausgehen, dass du in den kommenden Tagen immer so zeitig hier auftauchen wirst?«, fragte Sophie mit einem verschmitzten Lächeln.
»Nein, ich besorge mir heute nach Feierabend Ohrstöpsel.«
»Die helfen gegen Baggerlärm nicht.«
»Die LeGalls haben übrigens eine neue Angestellte im Verkaufsraum«, wechselte Filip abrupt das Thema und legte die Tüten auf der Arbeitsplatte ab.
»Ach?« Sophie schaute ihn interessiert an. »Und? Hat sie das Potenzial, Ronans Herzschmerz zu lindern? Seitdem Mikaela die Konditorausbildung in Douarnenez begonnen hat, läuft er ständig mit geknickten Ohren herum. Ist nur ein Schatten seiner selbst. Und sein legendärer Appetit ist auch nicht mehr das, was er mal war.« Sophie verspürte echtes Mitleid mit dem jungen Polizisten, der sich so sehr in die Bäckerstochter verliebt hatte, dass er sogar eine Beförderung und eine damit einhergehende Versetzung nach Saint-Brieuc abgelehnt hatte.
»Tja, la maladie d'amour kann heftiger als eine Grippe sein. Dagegen ist auch unser kluger Doktor Jean-Luc Bonnet machtlos.« Filip schlüpfte aus der Jacke und hängte sie an die Garderobe neben der Tür. »Wo steckt der eigentlich? Normalerweise steht er auf der Matte, sobald du die Küche aufschließt. Ich habe ihn gestern schon vermisst. Da hat er hier weder seinen Morgenkaffee getrunken noch etwas gegessen.«
»Hat er nicht gesagt, dass er Besuch bekommt? Aus Paris?«
»Damenbesuch?«
»Keine Ahnung.« Sophie klemmte die Hände in die Gesäßtaschen ihrer Jeans, um der Versuchung zu widerstehen, die Spitze eines der Baguettes abzubrechen und in den Mund zu stecken. »Aber sag schon: Wie ist sie denn so, diese neue Verkäuferin?«
»Eh bien, sie ist halt nicht Mikaela. Sie ist deutlich kleiner und nicht so üppig bestückt.«
»Bestückt?« Sophie zog fragend eine Augenbraue in die Höhe.
Filip führte die Hände mit gespreizten Fingern vor den Brustkorb und machte eine halbkreisförmige Bewegung. »Ich würde mal sagen, sie ist eher ein Schmaltier.«
»Ich glaube nicht, dass Ronan nur an Äußerlichkeiten interessiert ist«, wandte Sophie ein. »Bis auf die eine Situation, die ihr fast zum Verhängnis geworden ist, hat sich Mikaela immer als ein blitzgescheites Mädchen erwiesen. Ich vermisse sie hier im Bistro, und unseren Gästen fehlt sie auch.«
»Mir ebenso.« Filip nickte. »Doch ich kann ihre Entscheidung nachvollziehen.«
»Der Schrecken, nur knapp einer Vergewaltigung oder Schlimmerem entkommen zu sein, sitzt ihr bestimmt noch in den Knochen. Da ist es gut, dass sie für eine Weile alles hinter sich lässt und sich in einer fremden Umgebung mit neuen Herausforderungen ablenkt. Ich bin mir sicher, dass sie eine Spitzenkonditorin wird. Und wer weiß, vielleicht kommt sie nach der Ausbildung zurück nach Erquy, um die Bäckerei ihrer Eltern zu übernehmen.«
»Ich fürchte, bis dahin ist Ronan vor Liebeskummer verhungert.«
»Ach was, ich lass mir was einfallen, ich werde ihn schon aufpäppeln.« Sophie blieb zuversichtlich. »Er ist doch mein bester Testesser. Apropos.« Sie wies mit der Hand auf zwei Schüsselchen. »Möchtest du probieren? Meine beiden neuesten Kreationen.«
»Was ist das Grüne?« Filip wirkte misstrauisch. »Eine Art Kräuterbutter? Und das andere ist was mit Kürbis, oder?«
»Richtig. Das Orangefarbene ist Kürbishummus mit Dulseflocken. Und in der Butter steckt nicht nur Petersilie, sondern ganz viel Meeressalat.«
»Meeressalat?« Filip zog eine Grimasse. »Willst du etwa sagen, dass du an den Strand gegangen bist und das grüne Algenzeug aufgeklaubt hast? Mais non, damit kannst du mir gestohlen bleiben, das bekomme ich nicht runter. Jamais.« Er machte einen Schritt rückwärts.
Sophie lachte. »Feigling.«
»Ich bin doch nicht lebensmüde!«
»Bei uns in Deutschland gibt es ein Sprichwort: Was der Bauer nicht kennt, isst er nicht.«
»Kluger Bauer.«
»Nein, im Gegenteil, er ist ein Dummkopf«, widersprach Sophie. »Denn er weiß nicht, was ihm entgeht. Glaub mir, die beiden Tartinades sind total lecker. Und als Brotaufstriche zum Apéro oder als Vorspeise eine echte Geschmackssensation.« Sie holte ein Baguette aus der Tüte, schnitt ein paar Scheiben davon ab und verteilte üppig vom Belag darauf. »Vas-y, koste mal!«
Filip zögerte einen Augenblick, dann griff er mit spitzen Fingern nach einer der Brotscheiben, die mit Kürbishummus bestrichen war. Er biss ein winziges Stück ab, kaute und schluckte. Sein Gesichtsausdruck hellte sich auf. »Mais oui, du hast recht, das schmeckt vraiment très bien.«
»Sag ich doch.« Sophie stemmte triumphierend die Hände in die Hüften. »Den Kürbishummus werden wir als Vorspeise auf Blinis servieren. Oder besser als Dip zu hausgemachten Buchweizenchips?« Sie runzelte nachdenklich die Stirn.
»Von mir aus beides«, murmelte Filip und langte nach einer weiteren Baguettescheibe, auf der Sophie Algenbutter verteilt hatte. Er führte sie kurz zur Nase. »Riecht kaum nach Meer. Ich habe gedacht, dieses Algengedöns würde stinken wie vergammelter Fisch.«
»Ich gebe doch keine ungenießbaren Zutaten in beste Biobutter«, empörte sich Sophie. »Der Algenmix, den ich verwendet habe, besteht aus Dulse-, Nori- und Meeressalatflocken. Die werden in etwas Weißwein aufgekocht und abgekühlt mit frischer Petersilie unter die Butter gerührt. Recht einfach in der Zubereitung, aber sehr schmackhaft.«
»Hast du die Algen selbst gesammelt und getrocknet?«
»Glaubst du allen Ernstes, dass ich dafür Zeit habe?«
»Nein«, musste Filip eingestehen.
»Ich habe dir doch vor ein paar Wochen von dieser Algenfischerin erzählt, die ich auf dem Wochenmarkt kennengelernt habe.«
»Kann sein.« Filip war anzusehen, dass er keinen blassen Schimmer hatte, wovon Sophie sprach.
»Sie fährt allein mit ihrem Boot raus, um Algen zu ernten, und hat jetzt auf ihrem Betriebsgelände im Hafen von Dahouët einen kleinen Shop eröffnet. Samstags teilt sie sich mit einer Frau, die Honig und Cidre verkauft, einen Stand auf dem Marché, hinten bei der Markthalle.«
»Und von der hast du die Algen für die Aufstriche gekauft?«
»Ja, aber das ist noch nicht alles.« In Sophies Augen hatte sich ein Funkeln breitgemacht. »Wir wollen eine Kooperation eingehen. Denn wir glauben beide, dass maritime Algen das Superfood der Zukunft sind. Sie sind bio, schnell nachwachsend, nachhaltig, gesund und in der Küche extrem vielseitig einsetzbar.«
Filip ließ die Brotscheibe sinken, bevor er hineinbiss. »Willst du im Bistro aufhören?«
»Mais non«, beruhigte ihn Sophie. »Das eine schließt das andere ja nicht aus. Aenor wird sich um die Ernte und die Verarbeitung der Algen kümmern, diesbezüglich fehlen mir die Kenntnisse. Ich werde die Rezepte für Algenaufstriche beisteuern. Die produzieren wir dann für den Verkauf in größeren Mengen und füllen sie in Gläser oder Dosen ab. Das ist für uns beide eine Win-win-Situation. Außerdem ist mir Aenor sympathisch. Ich bin übrigens«, Sophie schaute auf die im Herd integrierte digitale Zeitanzeige, »in zwei Stunden mit ihr verabredet. Wir wollen die Aufstriche gemeinsam verkosten und die Etiketten entwerfen.«
»Das heißt, du bist dann weg und kommst heute nicht mehr ins Bistro?«
»Heute ist Dienstag. Da habe ich seit Ende August immer ab elf frei«, rief ihm Sophie ins Gedächtnis. »Aber keine Sorge. Ich habe das meiste für das Mittagsmenü vorbereitet, es steht alles im Kühlschrank. Und Madame Rozar wird dich unterstützen, wir haben uns gestern Abend abgesprochen.«
»Ich arbeite lieber mit dir«, maulte Filip. »Mit dir und Mikaela.«
»Du wirst dich wie wir alle an die neuen Gegebenheiten gewöhnen müssen.«
Filip stöhnte theatralisch auf. »Auch wenn ich mich jetzt wie Ronan anhöre: Ich hasse Veränderungen.«
»Veränderungen sind das Salz des Lebens«, behauptete Sophie und griff nach einer Baguettescheibe. »Komm, du machst uns jetzt einen schönen Café au Lait«, sagte sie kauend, »und wir gehen alles durch, was anfallen könnte. Viel wird im Bistro heute eh nicht los sein, das schaffst du locker ohne mich.«
»Ich kann das Lachen von Madame Rozar nicht ausstehen, das hört sich für mich wie Ziegenmeckern an. Und diese komischen Gesundheitsschuhe, die sie an den Füßen trägt, quietschen beim Gehen.« Filip sah geknickt aus.
»Seit wann bist...
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