Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
Nachdem Andrea Nash sich von Werhyäne Raphael Medrano getrennt hat, sind ihre Gefühle in Aufruhr. Als einige Gestaltwandler auf mysteriöse Weise zu Tode kommen, muss Andrea jedoch mit Raphael zusammenarbeiten, um herauszufinden, was hinter den Vorkommnissen steckt. Dabei wird ihr klar, dass sie über Raphael noch lange nicht hinweg ist.
Kapitel 1
Wumm!
Mein Kopf knallte auf den Gehweg. Candy riss mich an den Haaren hoch und rammte mein Gesicht gegen den Asphalt.
»Schlag sie noch einmal!«, quiekte Michelle mit ihrer schrillen jugendlichen Stimme.
Ich wusste, dass es ein Traum war, weil ich keine Schmerzen hatte. Trotzdem war die Angst da, der scharfe, heiße Schrecken, der mit hilfloser Wut durchmischt war. Es war die Art von Furcht, die einen Menschen in ein Tier verwandeln konnte. Die Dinge reduzierten sich auf ganz einfache Begriffe: Ich war klein, sie waren groß. Ich war schwach, sie waren stark. Sie taten mir weh, und ich erlitt die Schmerzen.
Mein Schädel prallte vom Straßenpflaster ab. Blut verschmierte mein blondes Haar. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Sarah aus dem Stand losrannte, wie ein Kicker vor einem Feldtor. Das Fleisch an ihrem Körper schien zu kochen. Knochen wuchsen, Muskeln umwickelten sie wie Zuckerwatte einen Stab, Haar spross und hüllte den neuen Körper, der halb menschlich, halb tierisch war, in einen Mantel aus sandfarbenem Fell, das mit typischen Hyänenflecken durchsetzt war. Die Bouda grinste mich an, zeigte mir das deformierte Maul voller Zähne. Ich verkrampfte mich, rollte meinen zehnjährigen Körper zusammen. Der krallenbewehrte Fuß schlug gegen meine Rippen. Die zehn Zentimeter langen Klauen kratzten über Knochen, die wie Zahnstocher in mir zerbrachen. Sarah schlug immer wieder zu.
Wumm, wumm, wumm!
Es war ein Traum. Ein Erinnerungen erwachsener Traum, aber trotzdem nur ein Traum. Ich wusste es, weil meine Mutter kurz darauf mit meinem elfjährigen Ich die Flucht quer durch das halbe Land antrat und ich zehn Jahre später zurückkehrte und Sarah zwei Kugeln durch die Augen jagte. In Candys linkes Ohr entleerte ich ein komplettes Magazin. Ich erinnerte mich daran, wie ihr Schädel rot erblüht war, als die Kugeln auf der anderen Seite austraten. Ich hatte den gesamten Werhyänen-Clan getötet. Ich hatte die Bouda-Hexen vom Antlitz der Erde getilgt, weil die Welt ohne sie eine bessere war. Michelle war als Einzige entkommen.
Ich setzte mich auf und sah sie grinsend an. »Ich wache jetzt auf, meine Damen. Ihr könnt mich mal!«
Ich riss die Augen auf. Ich lag in meinem Schrank, in eine Decke gehüllt, und hielt ein Fleischermesser in der Hand. Die Tür des Schranks war nicht ganz geschlossen, und das graue Licht des frühen Morgens sickerte durch den dünnen Spalt.
Wunderbar! Andrea Nash, dekorierte Veteranin des Ordens, versteckte sich mit einem Messer und einer Kuscheldecke in ihrem Wandschrank. Ich hätte so lange in dem Traum bleiben sollen, bis ich Hackfleisch aus ihnen gemacht hatte. Wenigstens hätte ich mich dann nicht ganz so erbärmlich gefühlt.
Ich atmete ein und prüfte die Luft. Ich nahm die normalen Gerüche meiner Wohnung wahr, den synthetischen Apfelduft von der Seife im Badezimmer, die Vanille-Note der Duftkerze neben meinem Bett und am stärksten den Gestank nach Hundefell, eine Hinterlassenschaft aus der Zeit, als Grendel, der Pudel meiner Freundin Kate, mir Gesellschaft geleistet hatte. Diese Laune der Natur hatte am Fußende meines Betts geschlafen und ihren unverwechselbaren Mief auf ewig meinem Teppich eingeprägt.
Keine Einbrecher.
Die Gerüche waren gedämpft, was bedeutete, dass die Magie abgeebbt war.
Wumm-wumm-wumm!
Was hatte das zu bedeuten?
Jemand hämmerte gegen meine Tür.
Ich warf die Decke ab, kam auf die Beine und verließ den Schrank. Schnell blickte ich mich in meinem Schlafzimmer um: das große Bett, frei von Eindringlingen, die zerwühlte Decke auf dem Teppich, meine Jeans und der BH, die ich am Vorabend neben das Bett geworfen hatte, neben einem Taschenbuch von Lorna Sterling mit einem Piraten in tuntigem Hemd auf dem Cover, das Bücherregal, das bis oben vollgestopft war, blassblaue Vorhänge vor dem vergitterten Fenster - alles unberührt.
Ich legte das Fleischermesser auf den Nachttisch, zog meine Pyjamahosen hoch, griff nach meiner SIG Sauer P226, die unter dem Kopfkissen lag, und lief zur Tür. Mit einer Pistole in der Hand aufzuwachen wäre mindestens genauso verrückt gewesen, aber nein, ich war mit einem Messer aufgewacht. Das bedeutete, dass ich offenbar mitten in der Nacht aufgestanden war, um in die Küche zu stürmen, ein Messer aus dem Block zu ziehen, zurück ins Schlafzimmer zu rennen, mir eine Decke zu schnappen und mich im Schrank zu verstecken. Und das alles, ohne dass mir bewusst wurde, wo ich war oder was ich tat. Wenn das nicht verrückt war, wusste ich nicht, was es war.
Seit meiner Teenagerzeit hatte ich nicht mehr mit einem Messer geschlafen. Dieser Rückfall in die Vergangenheit war gar nicht gut und musste so schnell wie möglich enden.
Wumm-wumm!
Ich erreichte die Tür und reckte mich auf Zehenspitzen empor, um durch den Spion zu lugen. Auf der anderen Seite stand eine große Schwarze in den Fünfzigern. Ihr graues Haar war zerzaust, sie trug ein Nachthemd, und ihr Gesicht war so sehr von Sorgen zerfurcht, dass ich sie kaum wiedererkannte. Mrs Haffey. Sie wohnte mit ihrem Ehemann in der Wohnung genau unter mir.
Normalerweise betrachtete Mrs Haffey ihr Erscheinungsbild als ernsthafte Angelegenheit. Was ihre Kampfbereitschaft betraf, war sie meine große Heldin. Ich hatte sie nie ohne Make-up und tadellose Frisur gesehen. Damit bestand nicht der geringste Zweifel, dass etwas nicht stimmte.
Ich schloss die Tür auf.
»Andrea!«, keuchte Mrs Haffey. Hinter ihr zogen sich lange weiße Fäden durch den Flur und das Treppenhaus. Ich war mir zu einhundert Prozent sicher, dass sie noch nicht da gewesen waren, als ich mich vergangene Nacht in meine Wohnung geschleppt hatte.
»Was ist passiert?«
»Darren ist verschwunden!«
Ich zog sie in meine Wohnung und schloss die Tür. »Sie müssen mir alles langsam und deutlich von Anfang an erzählen. Was ist geschehen?«
Mrs Haffey atmete einmal tief durch. Sie war seit fünfundzwanzig Jahren mit einem Polizisten verheiratet und konnte auf eine reichhaltige Erfahrung mit Notfällen zurückgreifen. Ihre Stimme klang fast wieder normal. »Ich bin aufgewacht und habe Kaffee gemacht. Darren ist aufgestanden und mit Chief nach draußen gegangen. Dann habe ich geduscht, und als ich damit fertig war, war er noch nicht zurück. Ich bin auf den Balkon gegangen, aber Darren war nicht an seiner üblichen Stelle.«
Ich wusste genau, wo diese übliche Stelle war, zwei Stockwerke unter meinem Schlafzimmerfenster, wo Chief, die Bulldogge der Haffeys, vorzugsweise sein Revier markierte. Ich roch es jeden Morgen auf dem Weg zur Arbeit. Natürlich nahm auch Chief meine Witterung wahr, was seine Entschlossenheit umso mehr stärkte, urinierend seine territoriale Vorherrschaft zu unterstreichen.
»Ich habe Darren immer wieder gerufen, aber nichts rührte sich. Dann wollte ich nach unten gehen. Überall auf dem Treppenabsatz ist Blut, und eine weiße Substanz auf den Treppen hat mir den Weg versperrt.«
»Hat Mr Haffey seine Waffe mitgenommen?«
Mr Haffey war aus dem Dienst bei der Paranormal Activity Division der Polizei von Atlanta ausgeschieden. Polizisten der PAD nahmen es sehr genau mit ihren Waffen. Soweit ich wusste, verließ Darren Haffey das Haus niemals ohne seinen stupsnasigen Revolver vom Typ Smith & Wesson M&P340.
»Er nimmt immer seine Waffe mit«, sagte Mrs Haffey.
Und er hatte nicht damit geschossen, weil sein Revolver mit Magnum-Patronen vom Kaliber 357 gefüttert wurde. Wenn er abdrückte, klang der Schuss, als würde eine kleine Kanone losgehen. Ich hätte den Knall gehört und selbst im Traum sofort erkannt, worum es sich handelte. Was auch immer geschehen war, es war schnell geschehen.
Die mysteriöse »weiße Substanz« musste als Folge der magischen Welle in der vergangenen Nacht erschienen sein. Kate, meine beste Freundin, hatte meine Wohnung vor Monaten mit einem Wehr versehen. Unsichtbare Zaubersprüche schirmten meine Räume durch eine schützende Barriere ab. Kate hatte die Seitenwände, die Decke und den Boden gesichert. Alles Magische hätte große Schwierigkeiten gehabt, sich Zugang zu verschaffen, was wahrscheinlich erklärte, warum ich die ganze Nacht lang ungestört geschlafen hatte.
»Sie wissen, dass Darren blind wie eine Fledermaus ist«. Mrs Haffey rang die Hände. »Er könnte gar nicht sehen, worauf er schießt. Neulich kam er fluchend aus dem Bad gerannt und hatte Schaum um den Mund. Er hatte sich die Zähne nicht mit Zahnpasta, sondern mit Rheumacreme geputzt .«
Ein hysterischer Unterton schlich sich in ihre Stimme. Mit einem Meter achtundsiebzig war sie zwanzig Zentimeter größer als ich und beugte sich zu mir herab. »Ich habe auf der Wache angerufen, aber dort sagte man, dass sie erst in zwanzig Minuten oder später da sein werden. Und da Sie beim Orden waren, dachte ich mir .«
Ich hatte tatsächlich dem Orden angehört. Als ich eine Ritterin der mildtätigen Hilfe war, bestand meine Aufgabe darin, Menschen zu unterstützten, wenn die Polizisten ihnen in einer magischen Gefahrensituation nicht weiterhelfen konnten oder wollten. Ich hatte Auszeichnungen erhalten und eine herausragende Dienstakte, aber das alles spielte keine Rolle mehr, als der Orden herausfand, dass ich eine Gestaltwandlerin war. Man brandmarkte mich als mental gestört und dienstuntauglich und versetzte mich in den sogenannten Ruhestand.
Aber meine...
Dateiformat: ePUBKopierschutz: Wasserzeichen-DRM (Digital Rights Management)
Systemvoraussetzungen:
Das Dateiformat ePUB ist sehr gut für Romane und Sachbücher geeignet - also für „fließenden” Text ohne komplexes Layout. Bei E-Readern oder Smartphones passt sich der Zeilen- und Seitenumbruch automatisch den kleinen Displays an. Mit Wasserzeichen-DRM wird hier ein „weicher” Kopierschutz verwendet. Daher ist technisch zwar alles möglich – sogar eine unzulässige Weitergabe. Aber an sichtbaren und unsichtbaren Stellen wird der Käufer des E-Books als Wasserzeichen hinterlegt, sodass im Falle eines Missbrauchs die Spur zurückverfolgt werden kann.
Weitere Informationen finden Sie in unserer E-Book Hilfe.