II
WIE SIE AM FLUSS NISS KÄMPFTEN
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Als König Harald entlang der norwegischen Küste nach Süden fuhr und sich die Heere aus den Provinzen ihm anschlossen, wurde seine Flotte mächtig. Die gesamte Seestreitmacht seines Lands traf sich. Von seiner eigenen Fafnir mit goldblitzendem Haupt und Schweif zum kleinsten teerbestrichenen Fischerboot glänzten Helme, und Schilde klapperten an den Relings. An Backbord erhoben sich die hohen Küsten von Norwegen, aber an Steuerbord hielt das Wasser Schiffe und Schiffe und Schiffe, so weit ein Mann sehen konnte.
Harald, der am Steuerruder stand, betrachtete stolz seine Mannschaft. Sie war jugendlich. Seine alten Gefolgsleute befehligten jetzt eigene Schiffe. Sogar Magnus war Kapitän auf einem Drachenschiff und hatte einen erfahrenen Krieger, der ihn beriet. Sie waren eitler, affektierter und hatten mehr Angst vor dem Höllenfeuer als Männer in seinem Alter, aber sie wirkten auch ungestümer und streitlustiger, empfindlich bei kleineren Beleidigungen ihrer Ehre, nicht auf irgendeinem uralten Hof verwurzelt, sondern der prächtigen Unruhe des königlichen Diensts hingegeben. Die gebräunten Gesichter waren glatt, ohne Falten, immer noch fast bartlos, aber schwere Locken fielen auf ihre Schultern. Das Leben hatte sie noch nicht vernarbt und gezeichnet, sie waren ganz gedankenlos züngelnde Flammen. Er fühlte einen Hauch von Neid. So war er selbst einst gewesen.
»Nun . ja und?«, fragte er sich. Er konnte immer noch jeden von diesen Welpen niederstrecken, und er besaß die teuer erkaufte Weisheit von Jahren, und er war der König. Nach dem Werk dieses Sommers würde er der König über zwei Reiche sein, und dann .
Als sie nach Osten in den Skaggerak bogen, frischte der Wind gegen sie auf und Wolken zogen düster dahinter auf. Thora ging zur Reling hinüber und drehte sich nach vorn, sodass sie seine Kühle schmecken konnte. Sie hatte ihren Mann seinem Versprechen, sie dieses Jahr mitzunehmen, nicht entkommen lassen, und die Seereise wirkte wie ein wilder Rausch auf sie. Nun drückte der Wind ihr Kleid dicht an die vollen Brüste und langen Beine, eine einzelne Strähne riss sich aus den zerzausten Locken ihres Haars und wehte wie ein Banner. Ihre Augen waren halb geschlossen und ein Lächeln zog sich über ihr Gesicht.
»Ich glaube, es zieht ein Sturm auf«, sagte sie.
»Ja.« Thjodholf, der einzige von Haralds engeren Freunden, der an Bord war, starrte finster. »Es könnte auch ein kräftiger werden.«
»Umso mehr Spaß«, lachte sie.
»Umso mehr Arbeit«, sagte Harald. Der Wind pfiff an den Tauen und die Fafnir fing an, schwer zu rollen. »Mast senken! Ruder raus! Bereitmachen zum Schöpfen!«
Der Seegang wurde höher, das Wasser finster und mit Schaumkronen übersät. Die Brandung peitschte in seine Nasenlöcher. Als das Schiff in ein Wellental fuhr, rauschte eine riesige, aufgetürmte Welle an ihm vorbei und brach über der Reling. Wolken verdunkelten den Himmel. Vor ihnen lagen Finsternis und grollender Donner. Harald packte das Ruder, spürte, wie es sich gegen ihn wehrte, ein Pochen wie von lebendigen Muskeln. Der Bug grub sich in die See, Schaum spritzte hoch und der Drachenkopf zitterte darüber. Männer fluchten, als ihre Kleidung plötzlich durchnässt wurde.
Jetzt veränderte sich das Licht, ein seltsames, hartes Messinggelb, das die tosende Luft zu erfüllen schien. Schiffe kletterten zum Himmel und rauschten in die Hölle. Das Wasser war schwarz und stahlgrau und schmutzig weiß. Über ihren Köpfen begannen die Blitze ein wahnsinniges Gewitter, leuchteten meilenweit von Wolke zu Wolke, und Donner grollte.
Harald spürte, wie ihm der Wind wie eine Eisenstange in den Mund blies. Irgendwie füllte er seine Lungen und brüllte seine Befehle: »Rudert! Rudert, ihr Bastarde, oder ihr seht nie wieder Land! Leichter an Steuerbord . hart an der Lee . richtet ihren Bug in die See oder wir werden überspült!«
Dann kam plötzlich Regen. Aus der Ferne sahen sie ihn herunterprasseln und die wütenden Wellen durchlöchern, und dann war er über der Flotte. Blindheit wirbelte in tausend scharfen Lanzen über ihnen. Die Blitze zuckten durch eine tosende Finsternis, Donner krachte am Himmel. Ha, Thor trieb seinen Ziegenkarren in den Krieg dort drüben! Seine Räder durchbrachen die Wolkendecke und der Himmel fiel in einem wütenden Hagelsturm herab.
Das Schiff bebte. Eine Welle toste über die Reling, das Deck wurde mit bitterem Wasser überschwemmt. Harald fühlte es ächzen und träge rollen. »Schöpft! Schöpft sie aus, um Gottes willen! Seid ihr gelähmt?" Der Wind heulte und pfiff. Feuer war am Himmel und das Jüngste Gericht unten. Das Donnergrollen ließ Harald mit den Zähnen klappern.
In der kurzen, blendenden Helligkeit eines Blitzes sah er Thora. Sie klammerte sich mit beiden Händen an den gesenkten Mast, beugte mit dem Rollen und Schaukeln des Schiffs die Knie, stand aufrecht und lachte - lachte! Die Hagelkörner schlitterten zwischen ihre Waden, sie hatten ihr die Wange aufgerissen, ihr Kleid war zu Fetzen zerschlissen und ihr Haar regennass. Dann schloss sich die Finsternis wieder um sie.
Das Schiff stieg auf einer Welle hoch, als würde es in den Himmel geschleudert. Es schwankte auf dem Kamm, während Schaum und Regen und Hagel über das Deck gepeitscht wurden. In einem weiteren Blitz sah Harald eine vorgelagerte Insel. Er riss das Ruder herum und warf sein Gewicht darauf. Dort gab es Schutz, wenn sie lange genug überleben konnten, um ihn zu erreichen.
Hinab schoss das Schiff, eine Talfahrt, die ihm die Kehle zuschnürte, und die See türmte sich über ihm auf. Wind heulte zwischen Erde und Himmel. Er hörte über dem Donner, wie Wellen zischten und Planken ächzten.
Der Drache schüttelte sich und hob sich wieder, glitt an der Seite einer Welle entlang, buckelte wie ein wildes Pferd und biss dann ins Wasser. Das Meer toste, warf ihn von Hand zu Hand, stieg an Bord und zerrte an den Beinen der Männer. Donner schlug auf Trommeln, während der Wind die Messe des Teufels sang. Ho, Thor war wütend . Krach ging sein Hammer, und Feuer flammte, wo er einschlug!
Die Insel ragte in der Nähe auf, durch den Regen verschwommen zu sehen, und Harald rief der Mannschaft Befehle zu. »Backbord, bringt sie nach Backbord!« Die Brandung türmte sich auf der dem Wind zugewandten Seite hoch wie ein Berg auf. Er hörte, wie sie Stücke aus der Welt riss.
»Jetzt . herum . brecht euch den Rücken, ihr lauszerfressenen Nichtsnutze!« Wellen brachen über der Steuerbordreling, eine nach der anderen, bis sich nur noch der Drachenkopf und sein Schwanz triefend über sie hoben. Harald verlor den Halt, der Sturm packte ihn und die See wogte hungrig. Er erwischte einen Balken, zog sich zurück und gelangte wieder ans Ruder.
Plötzlich waren sie auf der Leeseite der Insel. Sie ragte düster und steinern auf. Die See rauschte und dröhnte sogar hier und der Wind kam mit Klauen aus Regen um die Klippen. Aber vielleicht waren sie in Sicherheit. »Anker raus!« Selbst dieser kleine Unterschlupf schien eine klirrende, bebende Stille zu enthalten, nach dem, was sie gerade durchgestanden hatten. Der Eisenhaken ging über Bord, und Steinanker folgten. Ihre Taue streckten sich, wurden gespannt. Wenn die Taue rissen oder das Schiff weitergezerrt würde, wäre dies das Ende von Harald Hardrada. Männer hielten ihre Ruder immer noch gepackt und versuchten, das Schiff stillzuhalten, während ihre Kameraden schöpften. Es dauerte eine ermüdend lange Zeit, bis sich die Finsternis hob und der Sturm abflaute.
Thjodholf ging dorthin, wo Harald mit Thora an seiner Seite stand. Sein Vers konnte über dem Lärm gerade ihre Ohren erreichen:
Der König lässt seine Kielplanken
nun den Grund aus Wogen durchpflügen.
Alles, was Tau und Takelage aushalten,
stellt er auf die Probe.
Die schweren Sturmböen zerren
hart an unseren Tauen.
Ankerklauen werden von wütenden
Wellen und Meeresfelsen verschlungen.
Harald lächelte bebend. »Nun, zumindest hat es dir dein Sprachtalent nicht weggeblasen«, sagte er. Als er sich umschaute, sah er, dass zwei andere Schiffe in der Nähe lagen. Der Rest musste in jeden Unterschlupf im Umkreis von Meilen zerstreut sein.
Das war kein gutes Zeichen. »Wir haben schlimmes Pech«, sagte er zu Thora.
Sie hielt seinen Arm fest. Ihre Lippen streiften über seine, ein feuchter, kühler Kuss, um sein Ohr zu erreichen, und sie antwortete fröhlich: »Nein, dies ist das beste Omen. Wenn wir solches...