Schweitzer Fachinformationen
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Als der Ausbau der Kirche in Skjoldbjerg beendet ist, erhält Ole Kirk nur einen Teil des vereinbarten Lohns und muss sich, wie er später erzählt, damit begnügen, »dass es einem guten Zweck diente« und man es mit Blick auf Gott als eine gute Investition betrachten könne.
Die Geschichte über die Verantwortlichen in Skjoldbjerg, die mit ihrem Kirchenbau deutlich billiger davonkommen, zeigt jedoch auch, dass der Zimmermeister mit seinen eigenen Rechnungen bei Weitem nicht so sorgfältig ist wie bei seinem Handwerk. Immer wieder erlebt Schreiner Viggo in der ersten Hälfte der 1920er-Jahre finanzielle Krisen bei Christiansen. Wenn das Geschäft ernsthaft in Gefahr ist und Gott - trotz der Gebete des Meisters - nichts unternimmt, wird Viggo mit dem Fahrrad zur Bank nach Grindsted geschickt.
Es sind jeweils fünfzehn Kilometer Weg auf der Schotterpiste, und auf der Hinfahrt hat er zusätzlich mit scharfem Westwind zu kämpfen. In der Tasche des Lehrlings steckt ein Umschlag mit Geld, das die Gläubiger zumindest kurzfristig befriedigen soll.
»Hoffen wir, dass du keinen Platten bekommst, Viggo, denn du musst bis 15 Uhr auf der Bank sein, sonst nehmen sie uns das Haus und die Werkstatt weg«, lautet Christiansens ernste Anweisung - während sich sogleich ein schelmisches Lächeln auf seinem Gesicht ausbreitet.
Schreiner Viggo erinnert sich: »Es brauchte schon weit mehr, um dem Meister die Laune zu verderben.«
Ole Kirk zählt zu den Gläubigen, die Vilhelm Beck, der Begründer der Inneren Mission, als »Männer mit einem helleren Blick und einem freieren Umgang mit ihrem Glauben« beschreibt. Neben der festen Überzeugung, dass der Mensch ein Kind Gottes ist, das für seine sündige Natur Vergebung durch die Taufe erlangt, steckt in Ole Kirk aber auch ein verspieltes Kind, das anderen gern Streiche spielt. Manchmal kann sein Humor ausgesprochen derb sein, zum Beispiel, wenn er Silvester den Menschen Kanonenschläge zwischen die Beine wirft oder als Großvater sein Enkelkind auffordert, Hund zu spielen und in den Kofferraum des Autos zu springen.
Kjeld: »Ich erinnere mich an ihn als einen fröhlichen, lächelnden und sehr sanften Mann, der es sich nicht verkneifen konnte, mit den Leuten im Ort und in der Fabrik seine Späße zu treiben. Einmal schloss er mich in den Kofferraum seines Opel Kapitän ein, weil er meinte, ich sollte sehen, wie es ist, dort zu liegen, so wie der Hund meiner Großeltern, wenn sie irgendwo hinfuhren. Es war nicht besonders komisch, denn plötzlich kam jemand, um mit ihm zu reden, und er vergaß, mich wieder herauszulassen. Ich lag dort ziemlich lange, bevor jemand mein Klopfen hörte und mich befreite.«
Humor und Übermut gehören sein Leben lang zu Ole Kirks Persönlichkeit ebenso wie seine vorbehaltlose religiöse Überzeugung. In diesem scheinbaren Gegensatz liegt eine mögliche Erklärung für die Sorglosigkeit, mit der der Zimmermeister und Familienvater mit Schulden, fälligen Rückzahlungen und sogar Konkursverfahren umgeht. Häufig lösen sich selbst die dunkelsten Wolken über Ole Kirks Betrieb auf, weil er zu den Inkassobevollmächtigten und Anwälten, die ihm seine vielen Gläubiger auf den Hals hetzen, ein lockeres, freundschaftliches Verhältnis pflegt. Sogar der königliche Gerichtsvollzieher verlässt Billund unverrichteter Dinge, allerdings mit einer Menge schöner Holzwaren für die Familie unter dem Arm.
Im November 1921 beendet Schreiner Viggo seine Lehre, doch in diesem Teil Jütlands gibt es keine feste Arbeit für ihn.
»Was hast du jetzt vor, Viggo, weißt du denn, wohin du willst?«, erkundigt sich Christiansen. Viggo weiß es nicht.
»Nun gut, ich habe einen Vorschlag, den du annehmen oder ablehnen kannst, wir bleiben trotzdem gute Freunde.«
Der Meister bietet Viggo Kost und Logis sowie 10 Kronen Lohn in der Woche an, wenn er ihm bei den großen Aufträgen hilft, die ihm, so Gott will, schon bald angeboten werden. »Und glaub jetzt nicht, dass ich nur auf eine billige Arbeitskraft aus bin, weil ich ja beinahe ebenso knapp bei Kasse bin wie du, ich möchte nur, dass bei deiner Lehrzeit etwas Gutes herauskommt. Du hast das Können, Viggo, es fehlt bloß die Arbeit.«
Viggo nimmt natürlich dankend an. Er ist jetzt seit vier Jahre bei Christiansen in Billund und weiß, wie das Leben eines Handwerkers aussieht. Wenn größere Zimmerarbeiten auf sich warten lassen, erledigt man kleinere Tischleraufträge in der Werkstatt. In einem Raum stehen die Maschinen - die Bandsäge, die Bohrmaschine, das Schleifgerät und die Fräse -, die alle über lange Treibriemen mit einer Antriebswelle unter der Decke verbunden sind. In dem anderen Raum, in dem überall Holzwolle und Späne herumliegen, stehen die Hobelbänke und der Ofen, den man zum Erhitzen des Tischlerleims benötigt. Hier werden die einzeln gearbeiteten Holzteile zusammengesetzt, die zu Türen, Fensterrahmen, Kücheninventar, Särgen, Kästen für Arbeitswagen sowie Kleiderschränken und Kommoden für Knechte und Mägde werden, wenn diese ihren Dienst antreten.
1923 ist ein so erfolgreiches Jahr für die Billund Maschinenschreinerei & Tischlerwerkstatt, dass Ole Kirk ein Dachgeschoss auf die Maschinenwerkstatt baut. Hinter dem Fenster im Giebel (rechts) befindet sich eine weitere Werkstatt mit Hobelbänken, Werkzeugschränken und Leimofen, darüber hat ein Geselle sein Zimmer.
Viggo konzentriert sich auf die Schreinerarbeiten in der Werkstatt, und es vergehen nur wenige Wochen, bis sämtliche Aufträge von den Höfen der Umgebung erledigt sind. Umgehend sorgt Christiansen dafür, dass Viggo seinen rechtmäßigen Gesellenlohn von 1 Krone und 18 Øre in der Stunde bekommt.
Kjeld: »Was meinen Großvater in all den Jahren antrieb, sowohl als Zimmermeister wie auch als Fabrikant, waren nicht nur Perfektion und Qualität, sondern auch Regelmäßigkeit und Ordnung, die nicht zuletzt in dem guten Verhältnis zu seinen Angestellten zum Ausdruck kamen. Er hatte ein soziales Gewissen, das mit seinem Respekt vor gut ausgeführter Arbeit zusammenhing. Alles sollte ja von bester und ordentlichster Qualität sein. Es ging nicht darum, an der Stelle über den Zaun zu springen, wo er am niedrigsten war.
Das wurde meinem Vater schon vermittelt, als er noch klein war. Eines Tages in den 1930er-Jahren, als sie bereits Spielzeug produzierten, lieferte mein Vater eine Ladung Holzenten deutlich schneller aus als gewöhnlich. Er glaubte, er würde von Großvater dafür gelobt werden, dass die Enten nur mit zwei statt der üblichen drei Schichten lackiert worden waren. Auf diese Weise hatte er der Firma doch Zeit und Geld gespart, oder? Großvater sah meinen Vater sehr ernst an und forderte ihn auf, die komplette Lieferung vom Bahnhof zurückzuholen, damit sämtliche Holzenten eine weitere gute und gründlich aufgetragene Schicht Lack erhielten. Die Qualität des Produkts, und damit die Zufriedenheit des Verbrauchers, bedeutete meinem Großvater alles.«
Ole Kirks und Kristines Familie wird rasch größer. 1917 kommt Johannes zu Welt, 1919 Karl Georg, 1920 Godtfred (Kjelds Vater) und 1926 schließlich Gerhardt. Daher beschließt Ole Kirk 1923, das Werkstattgebäude um eine Etage aufzustocken und eine Wohnung auf dem Dachboden einzurichten. Außerdem kann man im Parterre ein Zimmer vermieten. Jede Form der Einnahme ist willkommen.
An einem Sonntag Ende April 1924, als alle Mittagsschlaf halten, hört man auf der Straße plötzlich laute Schreie. »Es brennt!« Die Werkstatt steht in Flammen, das Feuer breitet sich rasch bis zum Wohnhaus aus. Innerhalb weniger Stunden brennt das gesamte Anwesen bis auf die Grundmauern nieder.
Es stellt sich heraus, dass der fünfjährige Karl Georg und der vierjährige Godtfred - der später zum dynamischen Direktor von LEGO werden sollte - in die Werkstatt geschlichen waren, um zu spielen und Puppenmöbel für die Nachbarsmädchen zu basteln. Als sie zu frieren begannen, hatten sie ein paar Streichhölzer auf einer Hobelbank gefunden und versucht, den Ofen anzumachen. Glut war herausgefallen und hatte Hobelspäne entzündet. Die Jungen hatten noch versucht, das Feuer mit Holzstöckchen auszuschlagen, doch damit die Flammen nur noch angefacht. Sehr bald schon brannte es richtig, und ein Lehrling, der über der Werkstatt schlief, bemerkte den Rauch. Er lief die Treppe hinunter und schlug die Tür zur Werkstatt ein, die die Jungen verschlossen hatten.
Sommersonntag im Garten Anfang der 1920er-Jahre. Den Eltern ist die Freude an den Kindern anzusehen. Links Ole Kirk mit Karl Georg auf dem Rücken, in der Mitte das Hausmädchen mit Johannes und rechts Kristine mit Godtfred.
Niemand wird verletzt. Etwas Inventar und Werkzeug können aus den Flammen gerettet werden, doch die Maschinen sind verloren. Viggo, der nur wenige Habseligkeiten besitzt, trifft es besonders hart, denn der Geselle, der gern schreibt und liest, verliert nicht nur Kleidung und Holzschuhe, sondern auch seine kleine Büchersammlung, die mehrere Exemplare umfasst, die er mit Christiansens Hilfe selbst eingebunden hat.
Seinen Lebenstraum plötzlich in Ruinen zu sehen, ist ein Schock für Ole Kirk, allerdings zeigt sich die Gemeinschaft vor Ort von ihrer besten Seite. Die Familie wird auf dem Dachboden des Konsums direkt gegenüber der Brandstelle einquartiert, hat somit gleich eine Unterkunft, und der Familienvater kann auch sofort wieder arbeiten. Gemeinsam mit vielen anderen Handwerkern baut er mitten im Ort eine neue Genossenschaftsmolkerei auf, dort, wo heute das LEGO...
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