Schweitzer Fachinformationen
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Bevor wir uns mit den Pferden selbst beschäftigen, sollten wir uns als Besitzer, Trainer oder Reiter selbst in den Blick nehmen. Manchmal habe ich den Eindruck, dass wir uns viel zu sehr auf die Ausbildung unserer Pferde und später auf deren permanente Korrektur konzentrieren und dabei völlig vergessen, die Ursache der Probleme auch in unserer Vorgehensweise oder unserer Persönlichkeit zu suchen.
Dabei liegt die Lösung klar auf der Hand: Es ist die Bereitschaft, sich selbst weiterzuentwickeln. Als Mensch, als Beziehungspartner und als Reiter. Sich zu fragen, ob man die nötige Zugewandtheit, Stärke, Ruhe, Konzentration und das Durchhaltevermögen an den Tag legt, die es für jede gute Beziehung braucht; ob man klar, verständlich und empathisch kommuniziert. Denn ganz egal, ob du reitest, Kutsche fährst, voltigierst, Polo spielst, Pferderennsport betreibst oder nur mit dem Pferd spazieren gehst: Im Kern geht es immer darum, wie gut die Beziehung zu deinem Pferd ist. Und die wird von dir und deinem Verhalten genauso mitbestimmt wie vom Pferd.
Natürlich spielen dabei die Erziehung und die Ausbildung des Pferdes eine Rolle. Ohne das eine gäbe es das andere nicht. Aber erst wenn wir selbst uns entwickeln, kann auch das Pferd ausgebildet werden und sein Potenzial entfalten: Wer ungeduldig, wankelmütig, unsicher ist, wird keine vertrauensvolle Beziehung zu seinem Pferd aufbauen können.
Du musst die Barriere zwischen euch überwinden! Diese Barriere ist u.a. dadurch entstanden, dass sich die Beziehung zu unseren Pferden mittlerweile weit von dem ursprünglichen Miteinander entfernt hat. Wir Menschen haben so viel Equipment entwickelt, um das Pferd mechanisch unter Kontrolle zu bringen. Wie will sich unser Pferd da noch natürlich ausdrücken? Es gibt unzählige Gebisse, eines schärfer als das andere. Es gibt diverse Hilfszügel, mit denen man das Pferd in bestimmte Haltungen zwingt. Es gibt sogar Halfter, die mit Kraft auf das Pferd wirken.
Die natürliche Dynamik zwischen Pferd und Mensch, also die Dynamik, die vom Pferd selbst ausgeht, findet fast gar keinen Platz mehr.
Dabei wird vieles einfacher und effizienter, wenn wir das Pferd verstehen und seine biologischen Voraussetzungen kennenlernen. Stattdessen verwenden wir in der Regel viel Zeit und Kraft darauf, unser Pferd zu dressieren und es damit emotional abstumpfen zu lassen. Daher ist es umso wichtiger, noch lange bevor man an die eigentliche Arbeit mit dem Pferd denkt, ein Umfeld zu schaffen, in dem sich Pferd und Mensch weiterentwickeln können.
Dazu gehört es auch zu akzeptieren, dass das Pferd in den meisten Fällen nicht der Grund für die vorhandenen Probleme ist. Da es nahezu ausschließlich auf uns reagiert, in Wechselwirkung zu uns steht, ist sein Verhalten lediglich das Spiegelbild unseres eigenen inneren Zustands.
Ich will dir dazu ein amüsantes Beispiel erzählen. 2007, nach fast zwei Jahren ununterbrochener Messebesuche und Workshops, war ich ausgebrannt, gestresst und müde. So viele Reisen mit meinem Pferd Paolo, so viele Vorträge und Termine mit Radio- und TV-Sendern lagen hinter uns. Ich war froh, dass Weihnachten nahte - endlich ausspannen! Doch kaum lagen die Feiertage hinter uns, fing ich gleich wieder mit den Vorbereitungen für die nächsten Veranstaltungen an. Aber es lief mehr als bescheiden. Das Training plätscherte vor sich hin, und zum Reiten war ich seit einem Jahr nicht mehr gekommen. Je näher der erste Termin rückte, desto schlechter klappte zu allem Überfluss auch noch das Verladen.
Auf der ersten Messe im neuen Jahr ging der altbekannte Stress sofort wieder los. Eine Beratung jagte die nächste, eine Terminzusage folgte der anderen. Als der erste Messetag zu Ende ging und ich Paolo für die Heimfahrt verladen wollte, blieb er stur vor dem Anhänger stehen. «Wenn das nun für den Rest der Woche zweimal am Tag so wird, na dann gute Nacht!», dachte ich mir. «Am besten bleibe ich mit Paolo so lange hier, bis er sich bequemt, in den Hänger zu steigen.» Doch genau das wollte ich eigentlich vermeiden. Ich halte nicht sonderlich viel davon, Pferde mehrere Tage oder sogar eine ganze Woche auf einer Messe in einem stickigen Stallzelt unterzubringen.
Nun saß ich also in meinem Rolli, und neben mir stand Paolo wie angewurzelt vor dem Hänger. Ich konnte tun, was ich wollte, Paolo ließ sich nicht ein Stück bewegen - und das, obwohl er sich normalerweise frei verladen lässt. Auch als ich in meiner Verzweiflung jemand anderen sein Glück versuchen ließ, war nichts zu erreichen. All meine Strategien und Motivationsversuche scheiterten an seinem Dickschädel. Das kratzte ganz schön an meinem Ego. Ich, der ich normalerweise auf jedes Pferdeproblem eine Antwort habe, war plötzlich nicht mehr imstande, ein gut ausgebildetes Pferd zu verladen!
Nach langem Ringen drängte mich ein natürliches Bedürfnis. Ich machte mich also auf den Weg zur Toilette - und dann geschah das Unerwartete: Kaum war ich außer Reichweite, ließ sich Paolo ohne Widerstand verladen. Einfach so, als wäre nichts gewesen. Mich traf fast der Schlag, als ich zurückkam und sah, wie mein Pferd ganz selbstverständlich im Anhänger stand.
Diese Erfahrung wurde für mich zum Meilenstein. Das erste Mal begriff ich, wie maßgeblich die Wechselwirkung zwischen Pferd und Mensch das Verhalten des Pferdes beeinflusst. Der Grund für Paolos Verweigerung lag in meiner emotionalen Haltung. Pferde reagieren auf unsere Gefühle, selbst wenn sie uns unbedeutend scheinen. Da Paolo noch nie mit längeren Fahrten im Hänger Probleme hatte, war ich davon ausgegangen, dass auch diesmal alles problemlos vonstattenging. Eine Erwartungshaltung, die zu Stress und Ungeduld bei mir geführt hatte und sich schlagartig negativ auf Paolo auswirkte (wie genau das passiert, wirst du noch erfahren). Als ich dann noch an mir selbst zu zweifeln begann, verstärkte sich das Verladeproblem mit Paolo derart, dass es für mich unlösbar wurde. Auch wenn es schmerzhaft für mich war, brauchte ich diese Erfahrung, um etwas Wesentliches zu lernen: Ich selbst war das Problem.
Wie wichtig es ist, sich selbst in den Fokus zu nehmen, zeigt auch dieses Beispiel: Nachdem ich Paolo bereits mehrere Male erfolgreich mit einem Springsattel gesattelt hatte, machte er plötzlich Schwierigkeiten, als ich ihm einen (erheblich schwereren) Westernsattel auflegen wollte. Kaum hatte ich den Sattel hochgehoben, begann er, nach mir zu beißen. Paolo konnte aber nicht wissen, wie schwer der Sattel ist. Er hatte ihn noch nie getragen. Wieso verhielt er sich so? Um das herauszufinden, musste ich die Perspektive des Pferdes einnehmen: Ich stellte mir vor, wie es für Paolo aussehen musste, wenn ich versuchte, den auch für mich schweren Westernsattel aus dem Rollstuhl heraus aufzulegen. Es könnte für ihn so wirken, als «kämpfte» ich mit dem Sattel. Wenn man sich nun noch vor Augen führt, dass der Mensch aus Pferdesicht der Räuber und es selbst die Beute ist, ist es kein Wunder, dass es unweigerlich den Impuls zur Flucht oder zur Abwehr hat. Also begann ich, das Heben des schwereren Sattels zu üben, und als ich es problemlos hinbekam, löste sich auch das Abwehrverhalten von Paolo in Luft auf.
Endlich hatte ich verstanden, dass das Geheimnis für eine ultimative Beziehung zwischen Pferd und Mensch nicht in meinem Pferd Paolo liegt, sondern vor allem in meiner eigenen Entwicklung - der mentalen, aber natürlich auch der körperlichen. Je weiter ich mich entwickeln würde, das war mir nach diesen Erlebnissen klar, desto mehr würde sich auch die Beziehung zwischen meinem Pferd und mir intensivieren.
Die Voraussetzung, um die oben angesprochene Wechselwirkung besser zu gestalten, ist die richtige Kommunikation. Kommunikation ist im Prinzip nichts anderes als Aktion, Verarbeitung und Reaktion. Es ist dabei völlig egal, ob man verbal oder nonverbal kommuniziert - immer geht es um die Aktion eines Individuums und die darauf folgende Reaktion eines anderen.
Die Kommunikation mit unserem Pferd beginnt bereits in dem Moment, in dem wir in sein Blickfeld und somit in sein Bewusstsein treten. Das ist auch bei uns Menschen nicht anders. Sobald wir wahrgenommen werden oder einen anderen Menschen wahrnehmen, beginnt diese Wechselwirkung. Wir interagieren ständig mit unserer Umwelt und unser Umfeld mit uns. Immer. Mal bewusst, mal unbewusst. Mal verbal, mal nonverbal, z.B., indem ein Mensch ein bestimmtes Gefühl in uns auslöst oder eine bestimme Erinnerung. Wir transportieren diese Gefühlsregung mit unserer Körpersprache nach außen. Ganz automatisch, oftmals unbewusst. Und das Unterbewusstsein unseres Gegenübers reagiert ebenfalls darauf und verarbeitet diese Reize - es entsteht das sogenannte Bauchgefühl.
Sobald wir in das BEWUSSTSEIN des Pferdes treten, beginnen KOMMUNIKATION und WECHSELWIRKUNG.
Es muss unser Ziel sein, die Kommunikation mit dem Pferd fließender und harmonischer werden zu lassen und letztlich mit dem Pferd zu verschmelzen. Wie das geht, lässt sich nur schwer in Worte fassen. Für mich beginnt diese Verschmelzung bereits damit, die eigene Energie auf das Pferd zu konzentrieren und...
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