Schweitzer Fachinformationen
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»Und jetzt ist er hier«, es war also Robert gewesen, der diese Feststellung folgerichtig getroffen hatte, wie ich es nach dieser Inventur mit Bestimmtheit sagen kann. Es gehört zu den Geheimnissen des Lebens, dass man die Großen am leichtesten übersah. Fangfrage: Welchen Job hat Robert?
»Ich will meinen Anteil«, sagte der Fremde. In der Zwischenzeit hatte er die Patronenreihen wieder aufgestellt, jedoch in anderer Anordnung, die Kevins ungestümes Eindringen umgeworfen hatte. Der Fremde sah in die Runde, niemand blickte zurück. Er wiederholte sich. Immer noch ging keiner darauf ein. Die Schallmauer stand eben in Mecklenburg, und in Mecklenburg war das Schweigen eine der leichtesten Übungen. Es wurde quasi mit der Muttermilch gesogen.
»Also, was?«, fragte Uta dann doch, aber eben mit gereiztem Unterton. »Keine Hasseröder Werbewoche? Wir haben noch Rostocker Schinkenknacker, ein Paar auf Brot für fünf Euro siebzig. - Nun entscheide dich mal langsam.«
»Ja, okay, alles klar, nehme ich. Mach zwei Paar auf einem Teller draus«, sagte der Fremde.
»Also, vier Rostocker Schinkenknacker«, sagte Ute und verschwand in der Behelfsküche, wo der nagelneue Dampfkocher stand, denn eine Lücke im Gastronomiegesetz ließ zu, dass Dampfkocher nicht unter Küchenutensilien fielen, weil mit ihnen weder elektrisch noch gasig gekocht werden konnte. Folglich brauchte man für sie auch keine Küchenlizenz. Robert war ein Star unter den Rostocker Rechtsanwälten, mit dem man sich sicher nicht wegen eines Dampfkochers anlegte. Im Veterinäramt wusste das jeder. Robert sagte: »Pickliger, du kriegst deinen Anteil nicht. Das hat dir Molle doch gerade eben schon gesagt.«
»Ich bin weg, sobald ich meinen Anteil habe. - Dann bin ich weg, und ihr habt wieder eure Ruhe.«
»Es ist uns völlig egal, ob du da bist oder ob du nicht da bist«, sagte Biberkopf. »Eigentlich bist du gar nicht da, jedenfalls nicht für uns. Und ob du nun mit deiner Fünfundvierziger rumwedelst oder nicht, ich sag es mal wie Ernst Thälmann: >Einen Finger kann man brechen, aber nicht die ganze Hand!< Du kannst uns gar nicht alle auf einmal umlegen, aber wir alle können dich draußen unter den Schnee schieben. Der Knast hat dir wohl die Birne weichgekocht, aber wir waren nicht im Knast, und also sind unsere Birnen nicht weich. Sie sind hart, eisenhart, werftarbeitereisenhart!«
»Heftig«, sagte Egbert. »So viel hat Biberkopf lange nicht geredet. Heftig, heftig!« Dann meckerte er wieder lachend, und seine Kumpane fielen darin ein.
»Und überhaupt, hier kommt keiner mehr weg. Blizzard Björn lässt uns nicht mehr raus. Er lässt niemanden mehr raus, der sich im Stadtkern befindet. Auch dich nicht«, sagte Norbert, der selbstständige Tischler, der sich schon über all die Aufträge für neue Dachstühle freute. Er grinste als Einziger und gab einen Ratschlag: »Gib lieber einen aus!«
»Ich glaub, ihr nehmt mich nicht ernst. Ich glaub, ich muss dagegen etwas tun. Ich glaub, ich .«
»Seit wann bist du denn raus aus dem Knast in Bützow?«, fragte Biberkopf, der Taxifahrer, ein wenig beruhigt. »Hättest ja ruhig anrufen können, hätte ich eine schöne Tour gehabt!«
»Ich glaub, ich muss erst einmal diese Patronen in dieses Magazin hier stecken. Seht ihr, ich glaub, ich muss diese Waffe erst einmal laden und entsichern. So, seht ihr?«
Alle nickten.
»Aber warum bist du eigentlich eingefahren?«, fragte Uta. »Doch nicht wegen Ute, oder?«
»Weil er dümmer als der Dummkopf war«, sagte Molle. »Er kauft vor Jahren ein Schrottschiff für einen Euro auf. Er bringt es raus in die Dreimeilenzone. Unser Schlaumeier pflanzt in allen Fracht- und Laderäumen Hanf an, schaltet Rotlicht und glaubt ernsthaft, niemand könnte ihm etwas, weil das Schiff ja außerhalb jeder Staatsgrenze liegt. Riesengeneratoren überall auf dem Oberdeck, Dieselgestank bis Dänemark und zurück, und unser Fuchs hier dachte tatsächlich, damit würde er durchkommen. Den fertig geschnittenen Stoff in schwarze Plastiksäcke verpacken und bei günstiger Strömung ans Ufer treiben lassen. Es irgendwo bei Rosenort einsammeln und verkaufen, so hatte er es sich gedacht, dabei fragte sich jeder an Land, was das für ein Schrottdampfer da draußen war. Meilenweit zu sehen! Und die Drogenpolizei hat ihn schön zappeln lassen. Erst drei oder vier Tage vor der Ernte haben sie ihn hochgenommen. - So ein kluger Geschäftsmann ist unser Mann hier. Und dem sollen wir seinen Anteil auszahlen, nein, lieber nicht. Man gibt Kindern kein Feuerzeug zum Spielen.«
»Ich will nicht spielen, ich will investieren.«
»Ja, sag ich doch, du willst spielen.«
Uta sagte: »Verlieren kann nur, wer etwas wagt!«
Verdutzt schwiegen alle, denn es gab nichts, was in ihren Augen wahrer war.
Doch dann explodierte kein Schuss, der sich zufällig gelöst hatte, sondern Marks raue und laute Stimme. Sie kam so schwer durch den Saal, dass einige an der Theke sich unwillkürlich duckten: »Und jetzt steck die Waffe weg, oder besser, gib sie mir!«
»Ich geb dir, was drin ist«, sagte der Fremde. Doch allein Falk lachte, weil er das für einen Witz gehalten hatte. Man ließ ihn lachen, denn der Fremde machte keine Anstalten, seinen Worten auch Taten folgen zu lassen. Er überlegte, er überlegte lange, denn er war es nicht mehr gewohnt, dass so viele Einflüsse auf einmal auf ihn einstürmten. In den Gefängnisjahren war alles übersichtlich für ihn geworden. Oftmals hatte er nur vier Gedanken an einem Tag gehabt, aber jetzt? Jetzt musste er seinen Mann stehen, wenn er sein Geld zurückhaben wollte. Es war überall schwer, ein Fremder zu sein.
Der Boss der Rocker hievte derweil seinen breiten Hintern aus der Sitzecke, wobei seine Kollegen die Tischplatte weiter mit den Knien hielten. Der Fremde sah es, er hob den linken Arm mit der Waffe in der Hand. Langsam kam Mark die beiden Stufen zwischen der Innenbalkonbalustrade herunter und baute sich vor dem Fremden auf. Der Fremde drückte die Mündung auf die Brust des Rockerbosses.
In diesem Moment flog ein Messer quer durch den Raum und steckte mit der Spitze tief in einem der Längsbalken der Theke, die das obere Regal hielten, auf dem die vielen angefangenen Schnapsflaschen standen. Es vibrierte in Kopfhöhe des Fremden.
»Was bist du doch für ein Stratege!«, sagte Mark ruhig. »Erst ein Schrottschiff aufkaufen, dann in den Knast einfahren, dann mit einer Knarre in die Mauer kommen, die Knarre einfach so auf die Theke legen; es gibt nicht viele, die dümmer sind als du.«
»Oh Mann«, meinte Steffi-Pfeffi, die lange nichts gesagt hatte, »was soll denn das alles nur? Ich verstehe es nicht so genau, aber ich muss ja auch nichts verstehen. Hauptsache, die Welt ist rechteckig und passt auf einen Abfallbehälter! So ist das doch, so ist das doch immer gewesen! - Ich wollte gerade pinkeln gehen, aber das kann ich jetzt wohl knicken!«
Alle schauten sie an, doch dann war jedem klar, dass das später für all jene ein verdammt guter Running Gag werden würde, die diese Sache heil überstanden. Mark drehte sich wieder zum Fremden und sah ihm in die Augen, bis dieser den Blick senkte. Mark wusste: >Manchmal sind Männer auch nur wie Hunde.<
»Mir gefällt das alles nicht, mir gefällt das alles ganz und gar nicht«, sagte Maik, der aus seiner Lethargie erwacht zu sein schien, die er sich an der Kasse von Netto antrainiert hatte. Er krempelte schon mal die Hemdsärmel hoch und gönnte seinem Bauch ein Gürtelloch mehr. Er sagte: »Klassenkeile sind klasse Keile!«
Uta hatte gleich zwei Dutzend Rostocker Schinkenknacker in den nagelneuen Dampfkocher gesteckt, denn sie kannte ihre Mannschaft: Wenn erst einmal einer anfing, dann wollte keiner mehr aufhören.
Fast fraß der Fremde seine Rostocker Schinkenknacker, so sehr schmeckten sie ihm. Er aß beidhändig, und es gab niemanden in der Schallmauer, dem nicht das Wasser im Munde zusammenlief. Das flüssige Fett tropfte dem Fremden vom Kinn oder spritzte geradezu aus der dicken, dicht gestopften Wurst heraus, sobald er hineinbiss. Die Würzmischung aus Kümmel, Pfeffer und etwas Saurem zog den Fremden in einen Fressanfall, von dem er sich nicht mehr befreien konnte. Während die Bestellungen der anderen Männer rasend schnell eintrudelten, vergaß der Fremde seine Knarre und legte sie auf die Theke. Genau darauf aber hatte Uta, die Füchsin vom KTV-Berg, gewartet. Blitzschnell schnappte sie sich die Waffe und sagte zum Gefängnisfreigänger, der lange nichts Reelles mehr zwischen die Zähne bekommen hatte: »Das war das und jetzt...
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