Schweitzer Fachinformationen
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Tief im Wald, unter der Erde, wartet der Tod. Nach dem preisgekrönten Bestseller "Sturmrot" der zweite Fall für Polizistin Eira Sjödin.
In einem verlassenen Haus in den Wäldern von Ångermanland wird ein Mann tot aufgefunden. Er ist verhungert. An seiner linken Hand sind zwei Finger abgetrennt. Weiter nördlich, in der kleinen Bergbaugemeinde Malmberget, wurde ebenfalls ein Mann in einen Keller eingeschlossen und dem Tod überlassen.
Die junge Polizistin Eira Sjödin wird zu den Ermittlungen hinzugezogen, denn niemand kennt die Gegend und die Menschen dort besser als sie. Als ein weiterer Mann verschwindet, trifft es Eira persönlich. Um ihn zu finden, ist sie bereit, alles zu riskieren.
"In der Spannung sticht Alsterdal durch ihre erhellende soziale Perspektive heraus."
"...ist eine absolut fesselnde Lektüre." "Die Polizistin Eira ist eine großartige neue Bekannte, und Alsterdal ist unglaublich geschickt darin, sowohl Milieus als auch die menschliche Psyche zu porträtieren. Ein kluger Plot mit einer stimmungsvollen Atmosphäre, die den Leser nicht einen einzigen Moment loslässt." "Ich will einfach mehr von Eira - so schnell wie möglich."
Tove Alsterdal, 1960 geboren, hat als Journalistin und als Autorin für Theater und Film gearbeitet, sie zählt zu den renommiertesten schwedischen Spannungsautorinnen. Ihre Romane erscheinen in zwanzig Ländern und wurden mehrfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Schwedischen Krimipreis 2014.
Hanna Granz, geboren 1977, hat in Bonn Skandinavistik und Literaturwissenschaften studiert. Seit 2012 arbeitet sie als freie Übersetzerin und hat u.a. Romane von Sofie Sarenbrant, Patrik Svensson und Alex Schulman ins Deutsche übertragen.
Ein kräftiger Stoß ging in jener Nacht durch das Tiefengestein, ein ungewöhnlich heftiges Grubenbeben, bei dem Betten hochgehoben und Geschirr und Gläser aus den Schränken geschüttelt wurden.
Am folgenden Morgen würde eine alte Dame das Unternehmen anrufen und verlangen, auf der Umsiedlungsliste weiter nach oben gesetzt zu werden. Ein siebenundzwanzigjähriger Familienvater würde das Gleiche tun. Im Garten war das Dreirad seiner Tochter verschwunden. Gestohlen, sollte er zunächst annehmen und sich über Diebe und sozialen Abschaum sowie die wachsende Kriminalität aufregen. Dann sah er den Riss, der sich in seinem Grundstück auftat, und er begriff, dass das Dreirad regelrecht vom Erdboden verschluckt worden war.
Es waren Ereignisse wie diese, die die Menschen dazu bewegten, Malmberget zu verlassen, ohne sich noch einmal umzudrehen, obwohl sie diesen Ort, der einst ihr Ort gewesen war, für immer vermissen würden.
Tommy Oja wurde nicht vom Beben, sondern eine Stunde später vom Klingeln des Telefons geweckt. Eine Tasse schwarzen Kaffee, ein Butterbrot auf die Hand. Es würde noch Stunden dauern, bis die Sonne aufging. Die Scheinwerfer seines Autos erleuchteten die Dunkelheit, die vor ihm lag. Viele der Straßenlaternen waren hier im Laufe des letzten Jahres erloschen, ein Teil von ihnen war abmontiert worden.
Er bog ab und fuhr nach Hermelin hinauf, wo er das Auto vor dem Zaun parkte, der den Erdrutsch absicherte. Ein paar der alten Holzhäuser standen noch, sie würden zu einem späteren Zeitpunkt abtransportiert werden; als Zeugen der jahrhundertealten Geschichte Malmbergets war ihnen ein besonderer Wert zugesprochen worden, und sie sollten woanders wiederaufgebaut werden. Er selbst war in einem Mietshaus aufgewachsen, das bereits vor Jahren abgerissen worden war. Es war, wie es war. Der Zaun rückte näher und die Kindheit verschwand, wurde von dem gewaltigen Loch verschlungen, von der Grube.
Tommy Oja wartete nicht erst die Ankunft des Kollegen ab, der von Gällivare kommen sollte. Er nahm Schlüssel und Kamera und betrat das Haus.
Es ging um eine Versicherungsfrage, deshalb war er aus dem Bett gejagt worden. Falls während des Grubenbebens ein Kaffeeservice zerbrochen oder ein Flachbildschirm heruntergefallen war, musste das Bergbauunternehmen, die LKAB mit Sitz in Luleå, für den Schaden aufkommen und nicht das Unternehmen, für das er arbeitete.
In wenigen Monaten würde die Umzugsfirma sämtliche Wohnungen hier ausräumen und alle Möbel und bewegliche Habe abtransportieren. Anschließend begann die eigentliche Arbeit: Rund um das Haus musste die Erde ausgehoben werden, um Paletten und Stahlträger darunterzuschieben und die Schornsteine zu sichern, damit das Haus an seinen neuen Standort verbracht werden konnte. Dort würden die Leute es wieder genauso einrichten, sodass man kaum einen Unterschied bemerkte, nur dass man statt der wunderschönen Aussicht über Malmberget mit dem Kirchturm und dem Gebirgspanorama nun den Blick auf den Fichtenwald bei Koskullskulle genoss.
Die Leute, die hier gelebt haben, haben Glück gehabt, dachte Tommy Oja, während er durch die Zimmer ging und alles dokumentierte. Sie konnten schließlich ihr Zuhause mitnehmen, oder zumindest einen Teil dessen, was ein Zuhause ausmachte, was auch immer das eigentlich war.
Eine Reihe Bücher war aus einem Regal gefallen. Das Glas eines schwarz-weißen, etwas vergilbten, gerahmten Hochzeitsfotos war gesprungen. Er fotografierte den Schaden und meinte plötzlich, das Hochzeitspaar klagen zu hören, starrte in ihre Gesichter, in denen der Ernst des feierlichen Moments vor etwa hundert Jahren stand. Der Sprung verlief quer über den Hals des Mannes, zersplitterte das Gesicht der Braut.
«Hör auf, Tommy Oja», sagte er laut zu sich selbst. Als Malmberger musste man sich von Sentimentalität freimachen. Man lebte in einem vorübergehenden Zustand und bildete sich auch nichts anderes ein. Weinte nicht über verschwundene Kinos oder Kioske, in denen man seine ersten Hockey-Bilder gekauft hatte. Das Erz musste abgebaut werden, und ohne das Grubenunternehmen würde es hier gar nichts geben, weder den Ort, die Arbeitsstellen noch den Reichtum, auf dem Schweden einst errichtet wurde, nur Rentierweideland und eine unberührte Gebirgslandschaft, was so manchem unten in Stockholm natürlich außerordentlich gefallen würde, Leuten, die in feinen Bars herumsaßen und keinen Gedanken daran verschwendeten, woher ihr Wohlstand eigentlich kam; dass er aus eben jenem Fels gebrochen worden war, der sich in diesem Moment genau unter ihm befand.
Da war es schon wieder. Verdammt.
Er konnte keine Worte ausmachen, sondern nur ein leises Wimmern, als säßen die Stimmen noch in den Wänden.
«Schnauze», brüllte er.
«Mit wem redest du?» Ein Typ stand in der Tür, ein junger Aushilfskollege, den man auf die Schnelle hatte einsetzen müssen, nachdem einer der älteren Mitarbeiter wegen eines Bandscheibenvorfalls krankgeschrieben worden war. Völlig ungelegen. Häuser zu versetzen, war ein prestigeträchtiges Unterfangen, da durfte nichts schiefgehen. Das geringste Ungleichgewicht, und die Wände konnten reißen. Die lokale Presse würde alles genau verfolgen, und die Bewohner Malmbergets würden am Straßenrand stehen.
Wenn der Ort schließlich weggebracht wurde.
«Du bist also doch noch aus dem Bett gekommen», sagte Tommy und trat wieder ins Treppenhaus, um ins Obergeschoss zu gehen.
Der Jüngere blieb stehen.
«Was war das?», fragte er.
«Was denn?»
«Es klang wie ein Tier oder so.»
Tommy Oja kam die Treppe wieder herunter.
«Hörst du es auch?», fragte er.
«Scheiße, da hat jemand seine Katze vergessen, oder?»
Jetzt ging ein Stoß durch die Rohre, ein schwaches Klopfen. Sie standen mucksmäuschenstill und sagten kein Wort. Um sie herum waren Geräusche, dumpf und vage und dann wieder deutlich lauter.
«Der Keller», sagte der Jüngere schließlich, «es muss aus dem Keller kommen.»
Tommy klimperte mit den Schlüsseln, probierte einen aus und dann den nächsten. Die Tür ging auf, eine gewundene Treppe führte in die Dunkelheit hinab, doch dann war Schluss, sie endete vor einer Eisentür mit einem kräftigen Schloss. Hier war kein Laut mehr zu hören, die Geräusche mussten auf anderen Wegen nach oben gedrungen sein, vielleicht durch den Schornstein. Es gab keinen passenden Schlüssel.
«Verdammt», sagte Tommy und drehte sich um. Der Junge folgte ihm dicht auf den Fersen, als sie hinausgingen und das Haus umrundeten. Da war es wieder. Vor einem Kellerfenster ging Tommy auf die Knie und schaltete die Taschenlampe ein. Die Scheibe reflektierte das Licht, sodass es vor den Augen flimmerte.
«Schlag es ein», sagte der Junge.
«Wir können doch hier nichts kaputt machen!»
«Es ist nur ein Fenster», sagte der andere, «was spielt das für eine Rolle?»
Die Jugend, dachte Tommy, während er zum Auto ging, Werkzeug holte und anschließend mit der Rohrzange auf das Fenster einschlug, manchmal hat sie verdammt noch mal recht.
Die letzten Glasscherben fielen auf den Steinfußboden drinnen, dann wurde es still. Tommy dachte noch, sie hätten sich getäuscht, er legte sich bereits Ausreden und Begründungen zurecht, während der Junge nach der Taschenlampe griff und hineinleuchtete. Es waren mehr als zwei Meter bis zum Boden, das wusste Tommy, er war bei allen Berechnungen und Überlegungen mit dabei gewesen, wie man dieses Haus am besten auf Stelzen setzte und anhob. Außerdem war das Fenster zu klein, als dass sich jemand hätte hindurchzwängen können, der auf die Idee kommen könnte, für eine verdammte Katze sein Leben zu riskieren.
Der Junge schrie auf und ließ die Taschenlampe fallen. Wich zurück, krabbelte rückwärts durch den Kies, als hätte er vor, auf dem Hintern nach Gällivare zurückzurutschen. Genau in diesem Moment ging die Sonne über den Bergen auf und brachte das Haar des Jungen wie einen Heiligenschein zum Leuchten.
«Hast du ein Gespenst gesehen, oder was?»
Tommy steckte die Hand durch das zerbrochene Fenster, ließ den Lichtkegel über die Wände gleiten. Es war unheimlich still. Seinen eigenen Puls konnte er hören, und den Jungen, wie er fluchte. Drinnen standen Kisten, zusammengeklappte Plastikstühle. Eine alte Tischtennisplatte, Poster an den Wänden. Dann sah er, wie sich etwas bewegte. Hände hoben sich, um das Gesicht zu schützen. Ein Mensch, halb liegend zusammengekauert, wie ein Tier an eine Wand gedrückt. Alte Kartons und anderes Gerümpel rund um ihn herum.
Tommy starrte, ohne zu begreifen.
Der Junge hinter ihm wimmerte immer noch.
«Klappe», brüllte Tommy.
Jetzt war es wieder deutlich zu hören, das Geräusch, das aus der Ecke zwischen Ziegel und Beton aufstieg, wie ein Pfeil die Luft durchschnitt, es war das Schreien eines eingesperrten Tiers, jenseits alles Menschlichen, aus einer Zeit bevor man Mensch wurde und Worte fand, ähnlich der Panik eines Kindes, wenn es zur Welt kommt. Tommy Oja hatte drei Kinder. Er wusste, wie sie geklungen hatten. Das hier war schlimmer. Er kramte nach dem Handy, seine Finger zitterten, als er die einfache Ziffernkombination eingab und bei der Zentrale in unzusammenhängenden Sätzen Polizei und Krankenwagen für einen Einsatz in der Långa Raden anforderte. Dreimal musste er die Adresse wiederholen, die Leute saßen in Umeå, fünfhundert Kilometer weiter südlich, was wussten die von Straßen in Malmberget.
Dann kroch er wieder zum Kellerfenster, leuchtete sich mit der Taschenlampe selbst ins Gesicht, statt den Menschen drinnen zu blenden.
«Sie kommen...
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