BEVOR SIE SICH INS ABENTEUER ZUCHT STÜRZEN
Zucht, richtig betrieben, ist immer Teamwork. Züchter brauchen andere Züchter, weshalb es so wichtig ist, sich einem Verein anzuschließen. Aber das Ausfüllen eines Mitgliedsantrages ist nur ein Schritt auf dem Weg zum Züchter. Viel wichtiger ist, dass Sie sich schon lange vorher Gedanken darüber machen, warum Sie züchten wollen. Denn wenn der Zug einmal abgefahren ist, sitzt man drin, und nichts ist schlimmer, als mittendrin festzustellen, dass man das Projekt unterschätzt hat. Vor allem sollte Ihre Familie geschlossen hinter dem Projekt stehen, denn Sie werden Sie brauchen.
© Anna Auerbach
Viele Hürden sind zu überwinden, bis ein Hund "zuchttauglich" ist.
VORÜBERLEGUNGEN
"WARUM WILL ICH EIGENTLICH ZÜCHTEN?"
Gleich vorweg: "Geld durch Welpenverkauf" ist kein guter Grund, um sich in die Zucht zu stürzen. Denn wenn man es richtig macht, dann geht ein guter Teil des Verkaufserlöses für Deckgebühren, Papiere und Tierärzte drauf. Und das, was übrig bleibt, ist in der Regel hart verdientes Geld. Denn nicht wenige Züchterinnen und Züchter begeben sich mit dem Wurftag auch in eine Art Klausur, in der sie beinahe rund um die Uhr für die Welpen und die Mutter da sind. Acht Stunden Büro geht da nicht, und selbst Home-Office ist eine nur schwer zu meisternde Herausforderung.
Was für Gründe könnte es also geben? Nun, erfolgreiche Hundesportler werden im Laufe der Jahre oft zu Züchtern. Ihnen geht es - genau wie Jägern - um Anlagen und Leistung. Durch den Aufbau einer eigenen Linie mit einer besonders guten Hündin möchten sie zur Verbesserung der Rasse beitragen.
In vielen Hundebesitzern wächst das echte Interesse an einer Rasse und die "Hundewelt" auch erst durch ihren Hund. Sie beginnen Ausstellungen zu besuchen, machen erste Erfahrungen in der Hundeszene, haben Erfolge und stellen nach und nach fest, dass sie eine "Doggie-Person", ein echter Hundemensch sind. Wenn dann noch jemand fragt, ob sie mit ihrer Hündin eventuell mal einen Wurf machen würden . - na ja, dann fehlt nicht mehr viel.
Auch schlechte Erfahrungen können ein Grund sein in die Zucht einzusteigen. Nicht wenige Hundebesitzer, die heute züchten, hatten mal einen zuchtbedingt kranken oder schwierigen Hund - und werden davon angetrieben, es besser zu machen.
Und natürlich gibt es auch jede Menge Züchter, die einfach nur Spaß an der Sache haben und bereit sind, für ihr Hobby jede Menge Arbeit auf sich zu nehmen. Was auch immer die Gründe sind, wichtig ist, dass Sie sich vorher vollkommen klar darüber sind, warum Sie in dieses Abenteuer starten wollen.
Die Frage "Warum will ich einen Wurf machen?" sollte sich - auch in der Familie - jeder für sich beantworten. Schließlich gibt's keine Garantie dafür, dass auch alles schön wird.
© Anna Auerbach
Mehrere Generationen einer Hundefamilie findet man beim Züchter.
LAST UND LUST: ZUCHTVEREINE
Mögen Sie Vereinsmeierei? Wenn Sie diese Frage mit einem spontan aus Ihnen herausbrechenden, sehr energischen "NEIN!" beantworten, dann sollten Sie überlegen, ob der Zuchtbetrieb tatsächlich etwas für Sie ist. Denn Tatsache ist: Züchter brauchen andere Züchter: um sich auszutauschen und sich gegenseitig zu helfen, vor allem aber, damit die Zucht kontrolliert, das heißt geordnet, ablaufen kann. Denn tatsächlich ist erfolgreiche Zucht immer Teamarbeit: Ein gemeinsames Ziel, zur Zucht geeignete und vor allem gesunde Tiere und ein Zugang für die Züchter zu einem kontrollierten Genpool.
In 60er- und 70er-Jahren des letzten Jahrhunderts hat man das noch lockerer gesehen. Damals galt die Faustformel: "Champion + Champion = Champion", und es wurden mit aller Naivität Hunde nach Optik und eigenem Gutdünken miteinander verpaart, in der Hoffnung, dass die Nachkommen auch alle gesund und wunderschön würden. Das war aber leider nicht immer so. Man sprach nicht darüber, aber irgendwann war es jedem klar, dass mehr und mehr Welpen erbliche Defekte hatten. Von diesen Erbkrankheiten gibt es heute etwa 860 verschiedene und jedes Jahr werden ein paar neue entdeckt. Daher: Achtung! Hunde miteinander zu verpaaren und sich Züchter nennen ist einfach. Ordentlich zu züchten ist anspruchsvoll und verlangt viel Wissen, Vorsicht und Regeln!
Noch ein paar Worte zu Vereinen. In Vereinen treffen Charaktere zusammen, die sich außerhalb dieser Interessengemeinschaft oft niemals miteinander beschäftigen würden. Die Folge: Es "menschelt" zuweilen, und wer lange in einem Zuchtverein ist, kann oft ein Lied davon singen, wie ärgerlich das mitunter sein kann. Springen Sie dennoch über Ihren Schatten und werden Sie Mitglied in einem der großen Zuchtvereine. Das Kriterium bei der Auswahl des für Sie richtigen Vereines oder Verbandes darf übrigens niemals sein, wie einfach man es Ihnen macht, dort Mitglied zu werden. Weil sich Hunde "mit Papieren" nämlich besser verkaufen lassen, gibt es in Deutschland heute etwa 60 Vereine, die nur dafür da sind, Züchtern Papiere auszustellen, die ihr Geld nicht wert sind.
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Prägung und Sozialisation der Welpen beginnen beim Züchter. Die Geschwister lernen mit- und voneinander.
HOLEN SIE IHRE FAMILIE INS BOOT
So wie Zucht "extern" nur mit der Zusammenarbeit und Hilfe anderer Züchter funktioniert, klappt es "intern" nur, wenn die ganze Familie dabei ist. Denn die Aufzucht der Welpen, die Auswahl der künftigen Welpenbesitzer, die Prägung und Sozialisation der Welpen . - all das verlangt eine Menge Zeit, Raum und macht auch Mühe. Alleine schafft man das kaum, und "so nebenbei" geht es auch nicht.
BEANTRAGEN SIE EINEN ZWINGERNAMEN
Wer nicht nur mal einen Wurf machen, sondern organisiert züchten möchte, sollte in einen Zuchtverein eintreten, und sich dort mit seinem Hund einer Kör-Schau stellen, um eine Zuchtzulassung zu bekommen - und dann müssen sie einen "Zwinger" gründen. Und damit es jetzt nicht zu Missverständnissen kommt. Ein Zwinger ist ursprünglich mal der Raum zwischen zwei Festungsmauern gewesen. Warum man den Begriff für die Hundezucht übernommen hat, weiß niemand, hier aber bedeutet er schlicht "Zuchtstätte".
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Der künftige Besitzer freut sich an einem Hund, der neugierig die Welt erkundet und wenig Ängstlichkeit zeigt.
Beispiel VDH. Wenn Sie sich für eine Zucht im Verband für das Deutsche Hundewesen entscheiden, im entsprechenden Rasseclub eingetreten sind, ihre Hündin gekört wurde, Sie ein Züchterseminar besucht und anschließend die Zuchtzulassung bekommen haben, reichen Sie drei Namensvorschläge ein. Auf der Internetseite der "Fédération Cynologique Internationale" (FCI), dem Welthundeverband, finden Sie eine Datenbank, auf der Sie prüfen können, ob der jeweilige Name bereits besetzt und damit auch international geschützt ist. Die von Ihnen gewählten Namen reichen Sie beim VDH ein - und in der Regel dauert es dann nur noch ein paar Wochen, bis Sie eine grüne Zwingerkarte bekommen und damit offiziell ein Züchter sind. Glückwunsch, jetzt kann's losgehen!
KANN ICH MIR DIE ZUCHT FINANZIELL LEISTEN?
Die Rechnung von Nicht-Züchtern lautet oft: "Zehn Welpen à 1.500 Euro sind 15.000 Euro". Und ein Atemzug später kommt dann meist der Nachsatz: "Für so nebenbei, ganz guter Verdienst!" Was diese Neider nicht wissen: So ist es nicht! Denn Zucht kostet Geld - und viele dieser Kosten fallen an, bevor die Welpen verkauft sind: Reisekosten, Decktaxe, Ultraschall, Ausstattung, die Nachuntersuchung der Hündin, Welpenfutter, Ahnentafeln, Chippen und Impfen der Welpen . All diese Kosten müssen Sie in der Regel im Voraus bezahlen. Und vergessen Sie bitte nicht: Die Aufzucht und die Vermittlung der Welpen benötigen einiges an Zeit. Für viele Züchter sind das zwei Monate, in denen sie ihren eigentlichen Berufen nicht nachgehen können. Fazit: Von den ursprünglich mal genannten 15.000 Euro bleibt nach zwei Monaten natürlich etwas übrig, tatsächlich ist dieser Rest aber schwer verdient!
BAUEN SIE EINE INTERNETSEITE FÜR IHREN ZWINGER
Bei einer guten Internetseite geht es nicht nur um den Verkauf Ihrer Welpen. Sie erleichtert zum einen die Kommunikation, vor allem aber dient sie dazu, Sie aus der Masse der bereits etablierten Züchter hervorzuheben. Denn nicht jeder A-Wurf stößt gleich auf soviel Interesse, dass es auch eine Auswahl an künftigen Besitzerinnen und Besitzern gibt.
Außerdem geht es darum, Ihr Profil als Züchter so herauszuarbeiten, dass Sie auch die "richtigen" Welpeninteressenten finden, nämlich die, die Sie sich für Ihre Welpen wünschen.
Beispiel Bolonka Zwetna, eine russische Gesellschaftshund-Rasse. Kleine, sehr intelligente, fröhliche und lebendige Hunde, die trotz aller Beliebtheit noch immer den Ruf eines "Handtaschen-Fiffis" haben. Keine Rasse, für die man sich als junge, unternehmungslustige Familie ad hoc interessieren würde. Und das ist schade, weil die Zwerge, wenn man ihnen den richtigen Rahmen und die Möglichkeit zur Entfaltung bietet, nämlich ganz fantastische Familienhunde sind, die mit ihren Menschen größere Ausflüge mitlaufen. Wenn Sie als Züchter jetzt aber genau solche Familien ansprechen, und später alle Telefonate mit alleinstehenden alten Damen vermeiden bzw. kurz halten möchten - gestalten Sie eine entsprechende Website: Fotos, Filme, Abenteuer,...