Schweitzer Fachinformationen
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Kapitel 2
Trainingsgrundlagen
Wir haben zu Beginn viel über natürliche Bewegungsmuster und natürliche Bewegungsintelligenz berichtet, die bei den Animal Athletics zu finden sind. Aber was ist damit genau gemeint? Sehen wir uns dazu an, wie Tiere in freier Wildbahn »trainieren«. Hier fällt auf, dass keine Bewegung in identischer Weise wiederholt wird. Denken wir nur an einen Löwen. Mit jedem Jagdzug lernt der Löwe wieder etwas mehr über Bewegungsmuster seiner Beute, über Täuschungsmanöver und Fluchtstrategien und wie er diesen erfolgreich begegnet. Er muss flexibel bleiben und sich immer wieder neu anpassen, um seine Taktik zu optimieren. Ebenso sehen wir diese Anpassungsfähigkeit bei Affen, die sich geschickt an den Ästen entlang hangeln. Es gibt hohe und niedrige, dicke und dünne Äste, mal stehen sie enger, mal weiter auseinander. Das fordert sie immer wieder aufs Neue heraus, mal müssen sie weiter greifen, dann wieder enger, höher oder tiefer. Mit ISO-genormten Asthöhen darf man nicht rechnen, sonst greift man als Affe ins Leere. Dies bedeutet, dass alle Tiere ihre überlebenssichernden Bewegungsmuster in unendlicher Variationsbreite einüben. Die Natur kreiert ihren eigenen Hindernisparcours, und sie geht dabei sehr einfallsreich zu Werke.
Genau das Gegenteil davon ist das geführte Gerätetraining in den Fitnessstudios des Homo sapiens. Da spannen wir uns in Geräte ein und führen tagein, tagaus exakt dieselben Bewegungsabläufe aus, in immer derselben Weise, mit stets demselben Radius, ganz und gar mechanisch. Das ist nicht nur ermüdend, sondern auch vom Reiz her nicht sinnvoll. Denn was soll unser Körper dabei lernen? Er mag zwar auf diese Weise Muskelmasse aufbauen, andere Dimensionen wie Mobilität und Koordination bleiben jedoch komplett außen vor. Funktionale Bewegungskompetenz entsteht so nicht, da nur isoliert einzelne Muskeln angesprochen werden, was in keiner Weise der natürlichen Systemnutzung des Körpers entspricht.
Animal Athletics hingegen sind ein Bodyweight-Training nach dem Vorbild der Natur. Die Tierübungen werden frei (das heißt: nicht durch Geräte geführt) ausgeübt und finden in allen Dimensionen des Raumes statt. Das Repertoire reicht von einfachen Übungen bis hin zu komplexen Workouts und spricht Einsteiger ebenso an wie die konditionell und koordinativ fortgeschrittenen Sportler. Voller Körpereinsatz ist gefragt, und so reichen schon wenige der Tierübungen aus, um richtig ins Schwitzen zu kommen. Erst recht, wenn man sie geschmeidig und fließend ausführen möchte, was höchste Kontrolle in jedem Augenblick erfordert. Für das Verständnis der Dreidimensionalität im Animal-Athletics-Training sind folgende Begriffe hilfreich, die die Bewegungsebenen genauer beschreiben:
frontal (Bewegungen entlang der Frontalebene von links nach rechts)
sagittal (Bewegungen entlang der Sagittal-ebene von vorne nach hinten sowie von oben nach unten)
transversal (Bewegungen entlang der Transversalebene um die eigene Längsachse)
Natürliche Bewegungsmuster als Basis
Mit funktioneller Bewegung ist bei Animal Athletics mehr gemeint als nur die Aktivierung von Muskelketten, auf denen im Grunde jedes funktionelle Training basiert. Animal Athletics zeichnen sich dadurch aus, dass sie auf natürlichen Bewegungsmustern basieren, und das nicht nur, weil sie dreidimensional sind. Hinzu kommt, dass wir sämtliche Positionen durchspielen, die wir während unserer Individualentwicklung erlernt haben:
Rückenlage
Bauchlage
Seitenlage
sitzend
Vierfüßlerstand
kniend (ein Knie/zwei Knie am Boden)
stehend (Einbein-/Zweibeinstand)
So kurz und knapp diese Auflistung aussieht, so unendlich sind die Variationen, die innerhalb dieser Grundpositionen möglich sind. Es kommen noch die Übergänge von einer Position zur anderen hinzu. Genau in diesen »Transitions« liegt das Potenzial für die Entwicklung der Bewegungsmuster. Hier ist höchste Kontrolle gefragt, um fließend von einem Move zum nächsten durchzugleiten. Denken Sie nur an das Beispiel mit der Rollbewegung vom Rücken in die Bauchlage und wieder zurück, die wir erst wieder mühsam erlernen müssen, obwohl es uns doch als Kleinkind so leicht fiel.
Ganzheitlicher Ansatz statt isolierter Skills
Ganzheitlich ist ein viel zitierter Begriff in der Functional-Training-Community. Sieht man sich im Tierreich um, so wird deutlich, dass das keine Modeerscheinung ist, sondern die natürlichste Sache der Welt. Auch bei den Tieren ist es stets ein komplexes Zusammenspiel unterschiedlichster Fähigkeiten, das den Vorteil im Überlebenskampf sichert. Nehmen wir wieder den Löwen als Beispiel. Er braucht Ausdauer sowie Sprinterqualitäten im Abschluss, um an seine Mahlzeit heranzukommen. Und schließlich Stärke, um die Halswirbelknochen seiner Beute aufzuknacken. Mit anderen Worten ist es die Kombination aus Kraft, Ausdauer und Schnelligkeit in der Finalphase, die den Löwen zum König der Savanne macht. Im Hinblick auf Gender-Aspekte ist es erwähnenswert, dass es eigentlich die Löwinnen sind, denen dieser Titel gebührt, denn Sie sind in der Regel die Nahrungsbeschafferinnen dieser Spezies.
Ganz in diesem Sinne zielen die Animal Athletics auf das Zusammenspiel vieler Fähigkeiten ab, wie es von der Natur vorgesehen ist. Mobilität (»mobility & flexibility«), Kraft und Stabilität (»strength & stability«), Koordination (»coordination«), Ausdauer (»endurance«), Geschwindigkeit (»speed«) und eine besondere Form der Schnellkraft (»plyometrics«) gehören dazu.
Zurück auf alle Viere!
Wir bewegen uns als Zweibeiner durch die Welt. Das hat uns evolutionsgeschichtlich einige Vorteile gebracht, aber auch so manchen Nachteil beschert. Biologisch betrachtet ist die Anpassung unseres Bewegungsapparates an den aufrechten Gang noch nicht abgeschlossen. Die Wirbelsäule als Achsenorgan unseres Körpers ist doppelt gefordert: Sie muss einerseits das ganze Gewicht des Rumpfes tragen, andererseits Beweglichkeit in alle Richtung sichern. Dies ist eine anspruchsvolle Aufgabe.
Mit zahlreichen Übungen im Vierfüßlerstand setzen wir diese »Zweibein-Dominanz« außer Kraft und verbinden unsere vier Extremitäten mit dem Boden. Im Zuge dessen stärken wir auch unsere Oberkörperkraft, denn ein guter Teil des Gewichts wird in den Übungen auf die vorderen Extremitäten verlagert, etwa beim Monkey.
Es lohnt sich, den Vierfüßlerstand unter dem Aspekt Kraftaufbau genauer zu betrachten. Was passiert, wenn wir in diese Position gehen? Wir bringen unseren Körper parallel zum Boden, in jene Position, in der die Gravität (Erdanziehung) maximal wirkt. Wir müssen somit bedeutend mehr Kraft aufwenden, um uns einfach nur in einer Position zu halten, weil wir mehr »Angriffsfläche« für die Schwerkraft bieten. Kommt dann in der Übungsdynamik Bewegung hinzu, wird dieser Effekt noch verstärkt. Unser Körper ist in hohem Maße gefordert, jetzt unsere Masse unter Kontrolle zu halten, sie zu beschleunigen, wieder abzubremsen, wieder zu beschleunigen. Gerade in diesen Übergangszonen, liegt Potenzial für die Entwicklung der Performance. Hierbei wird die exzentrische Kraft geschult, die Verlängerung des Muskels gegen den Widerstand, der beim Leistungsaufbau eine zentrale Rolle zukommt.
Bleiben wir beim Monkey, um noch den Aspekt der variablen Kraftachsen zu betrachten. Wenn wir die Hand direkt unter der Schulter platzieren, mal davor oder auch rechts oder links daneben, werden im Stütz immer neue Belastungswinkel geschaffen und damit neue Trainingsreize gesetzt, die unseren Körper in mannigfaltiger Weise fordern. In Bezug auf den Monkey lässt sich festhalten, dass die Progression umso stärker ist, je weiter die Arme vorne bzw. neben dem Körper aufgesetzt werden.
Neben der Kraft schulen wir im Vierfüßlerstand noch etwas sehr Wichtiges, denn wir gleichen unsere angeborene Seitigkeit aus. Wir laufen entweder als Rechtshänder oder Linkshänder durch die Welt, schlafen lieber auf der linken oder rechten Seite und präferieren zumeist den Absprung von einem Bein. Sind die Unterschiede (Dysbalancen) zwischen rechts und links sehr groß, ist die Verletzungswahrscheinlichkeit erhöht, da eine Seite die andere Seite oft kompensiert. Bei Bewegungen im Vierfüßlerstand (z. B. Monkey Walk, Crab Walk, Beast Walk) bewegen wir Arme und Hände alternierend und gleichen Seitigkeiten effektiv aus.
weak-links, unsere kleinen Unterstützer
Unsere Muskelketten bestehen neben den großen Muskeln aus einer Vielzahl kleiner Muskeln (Tiefenmuskulatur), die sehr oft in unserem Körper die Schwachstellen in den Verbindungen darstellen (so genannte »weak-links«). In konventionellen Kraftplänen bleiben diese kleinen Unterstützer oftmals außen vor. Im Bodyweight-Training mit Animal Athletics lernen wir, diese Muskeln gezielt anzusteuern, und beugen so Verspannungen und Verletzungen effektiv vor.
Werden Sie ein Mobility-Biest
Affen dürften eher selten unter Sprunggelenksproblemen leiden, ebenso wenig wie ein Krokodil unter Hüftschmerzen. Die Tiere nutzen ihren angeborenen, natürlichen Bewegungsradius voll aus (ihren »full range of motion«). Wir Menschen tun dies aus unterschiedlichen Gründen nicht mehr. Ein ganz wesentlicher Faktor ist, dass wir dem Aspekt Mobilität im Training tendenziell zu wenig Aufmerksamkeit schenken. Wir trainieren lieber das, was wir schon gut können: Läufer laufen viel. Gewichtheber stemmen viele Gewichte. Tennisspieler...
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