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Als junge Frau verläßt Inés Suárez im 16. Jahrhundert ihr Heimatland Spanien, um auf dem wilden südamerikanischen Kontinent nach ihrem verschollenen Ehemann zu suchen. Ihn wird sie nicht mehr lebend finden, dafür aber ihre große Liebe: den Feldherrn Pedro de Valdivia, mit dem sie sich gegen alle Widerstände an die Eroberung Chiles macht.
Mit viel Hingabe und Einfühlungsvermögen verleiht Isabel Allende in ihrem Weltbestseller der historischen Gestalt der Inés Suárez ein Gesicht und eine Stimme und nimmt ihre Leser mit auf eine packende Reise durch ein bewegtes und bewegendes Leben.
Fünfunddreißig Jahre war Pedro de Valdivia alt, als er zusammen mit Jerónimo de Alderete nach Venezuela kam, in das »kleine Venedig«, wie es die ersten Entdecker spöttisch genannt hatten, als sie der Sümpfe, Wasserläufe und Pfahlhütten ansichtig wurden. Von der zarten Marina Ortiz de Gaete hatte er sich mit dem Versprechen getrennt, er werde als reicher Mann heimkehren oder nach ihr schikken, sobald ihm das möglich wäre – ein schwacher Trost für die verlassene junge Frau –, und hatte, was er besaß, für die Reise ausgegeben, ja sich sogar dafür verschuldet. Wie jeder, der das Wagnis der Neuen Welt auf sich nahm, stellte auch er sein Vermögen, seine Ehre und sein Leben in den Dienst dieser Unternehmung, obwohl die eroberten Gebiete und der fünfte Teil ihres Reichtums – sofern es welchen gab – der spanischen Krone zustanden. Belalcázar hatte einmal gesagt, mit Ermächtigung des Königs heiße dieses Abenteuer Konquista, und ohne dieselbe bewaffneter Raubüberfall.
Die glitzernden Wasser, der puderige Sand und die schlanken Palmen der karibischen Strände empfingen die Reisenden in tiefem Frieden, doch der trog, denn kaum daß sie ins Landesinnere aufbrachen, umfing sie das Grün wie ein Albtraum. Mit Schwerthieben mußten sie sich einen Weg bahnen, Feuchtigkeit und Hitze raubten ihnen die Sinne, Mücken und nie gesehenes Geschmeiß gönnten ihnen keinen Moment Ruhe. Unter ihren Füßen gab der Boden nach, sie versanken bis über die Knie im schlickigen, fauligen Morast, kämpften sich schwerfällig und unbeholfen voran, waren übersät mit widerwärtigen Blutegeln, die sich an ihnen vollsogen. Sie wagten nicht, ihre Rüstungen abzulegen, aus Furcht vor den vergifteten Pfeilen der Eingeborenen, die ihnen lautlos und unsichtbar im Dickicht folgten.
»Wir dürfen diesen Wilden um keinen Preis lebend in die Hände fallen!« hatte Alderete gesagt und daran erinnert, daß der Eroberer Francisco Pizarro bei seinem ersten Vorstoß in den Süden des Kontinents mit einer kleinen Schar Männer in ein verlassenes Dorf eingedrungen war, in dem noch einige Lagerfeuer brannten. Hungrig hatten die Spanier die Deckel von den Töpfen gehoben und die Zutaten der Suppe gesehen: Köpfe, Hände, Füße und Eingeweide von Menschen.
»Das war weiter im Westen, als Pizarro Peru suchte«, stellte Pedro de Valdivia klar, der über Entdeckungen und Eroberungen im Bilde zu sein glaubte.
»Die Cariben in dieser Gegend sind auch Kannibalen«, beharrte Jerónimo.
Kein Anhaltspunkt bot sich im immergleichen Grün der Wildnis, die urtümlich war wie am ersten Tag, ein endlos im Kreis führendes Labyrinth ohne Zeit, ohne Vergangenheit. Sie mußten sich immer dicht am Ufer der Flüsse halten, wer sich nur wenige Schritte entfernte, den verschlang der Wald und gab ihn nicht mehr heraus, wie einen der Männer, der, von Angst und Albdruck um den Verstand gebracht, ins Farnkraut gewankt war und laut nach seiner Mutter gerufen hatte. Stumm quälten sie sich vorwärts, bezwungen schon fast von der abgrundtiefen Einsamkeit, dem elementaren Schrecken. Ins Wasser der Flüsse durfte man sich nicht wagen, der Blutgeruch lockte Massen von Piranhas an, die einem Christenmenschen binnen Minuten den Garaus machten; allein die weißen, säuberlich abgenagten Knochen blieben als Zeugnis, daß er je existiert hatte.
In dieser üppigen Vegetation gab es nichts zu essen. Es dauerte nicht lang, da waren ihre Vorräte aufgebraucht, und der Hunger wurde zur Qual. Zuweilen gelang es ihnen, einen Affen zu erlegen, und dann verschlangen sie ihn roh, weil in der ewigen Nässe des Waldes jedes Feuer erstarb, und sie ekelten sich vor dem Gestank des Tieres und vor seinem menschlichen Aussehen. Sie wurden krank, weil sie Früchte probiert hatten, die sie nicht kannten, konnten tagelang nicht weiterziehen, krümmten sich unter Brechanfällen und einem unbarmherzigen Durchfall. Ihre Bäuche quollen auf, die Zähne hingen ihnen lose im Mund, sie schlotterten im Fieber. Einer starb, dem lief das Blut selbst aus den Augen, ein anderer wurde ins Moor hinabgezogen, einen dritten zermalmte eine Anakonda, eine monströse Wasserschlange, dick wie das Bein eines Mannes und lang wie fünf Lanzen. Die Luft war wie heißer Wasserdampf, ein stinkender, vergifteter Drachenatem. »Das Reich des Satans«, sagten die Soldaten, und sie hatten wohl recht, denn immer gereizter wurden die Gemüter, immer häufiger der Streit. Nur mit Mühe konnten die Offiziere sie zur Ordnung rufen und zum Weiterziehen bewegen. Eine einzige Lockung trieb sie voran: El Dorado.
Mit jedem Schritt auf ihrem quälenden Weg schwand Pedro de Valdivias Glaube an dieses Unternehmen, und sein Mißfallen wuchs. Nicht das war es, wovon er in seinem geisttötenden Haus in der Extremadura geträumt hatte. Er war aufgebrochen, sich in heroischen Schlachten mit barbarischen Völkern zu messen und abgeschiedene Landstriche zum Ruhme Gottes und des Königs zu erobern, nie aber hätte er gedacht, daß er mit seinem Degen, dem Degen der Triumphe von Flandern und Italien, einst gegen Schlingpflanzen und Unterholz vorgehen würde. Die Gier und die Grausamkeit seiner Kameraden stießen ihn ab, dieses rohe Soldatenpack wußte nichts von Ehre und Idealen. Mit Ausnahme von Jerónimo de Alderete, der seinen edlen Sinn mehr als einmal bewiesen hatte, waren sie samt und sonders Lumpen der übelsten Sorte, hinterhältig und streitsüchtig. Der Hauptmann, dem die Expedition unterstand, war ein Nichtswürdiger, den Valdivia bald aus tiefstem Herzen verachtete: Er stahl, verschacherte Indios wie Sklaven und zahlte der Krone nicht den ihr zustehenden Anteil. Wohin drängt es uns mit solchem Furor und solcher Macht, da man Gold ja doch nicht mit ins Grab nehmen kann, fragte sich Valdivia, aber er ging weiter, denn an Umkehr war nicht zu denken. Etliche Monate währte dieses sinnlose Abenteuer, bis Pedro de Valdivia und Jerónimo de Alderete sich endlich von der unseligen Schar trennen konnten und ein Schiff bestiegen, das sie nach Santo Domingo auf der Insel Hispaniola brachte, wo sie sich von den überstandenen Strapazen erholten. Pedro schickte Marina etwas Geld, das er hatte sparen können, wie er es immer tun würde bis zu seinem Tod.
Etwa um diese Zeit wurde auf der Insel bekannt, daß Francisco Pizarro in Peru Verstärkung brauchte. Diego de Almagro, sein Bundesgenosse bei der Eroberung des Inkareichs, war in den tiefen Süden des Kontinents aufgebrochen, um die barbarischen Landstriche von Chile zu unterwerfen. Die beiden Männer hätten verschiedener nicht sein können: Pizarro war düster, argwöhnisch und mißgünstig, obschon überaus mutig, Almagro war offenherzig, loyal und großzügig und jagte dem Reichtum nur nach, um ihn zu verteilen. Daß zwei Männer von so unterschiedlichem Naturell, die dasselbe ehrgeizige Unternehmen verfolgten, sich schließlich entzweiten, war kaum zu vermeiden, auch wenn sie einst vor dem Altar die Hostie geteilt und einander Treue geschworen hatten. Das Inkareich war zu klein geworden für die beiden. Pizarro blieb, zum Marqués und Ritter des Santiagoordens geadelt und zum Gouverneur ernannt, zusammen mit seinen gefürchteten Brüdern in Peru, während Almagro ein Heer aus fünfhundert Spaniern und zehntausend unterworfenen Indios zusammenstellte und im Jahr 1535, mit dem Titel eines Adelantado versehen, in das noch unerforschte »Chile« zog, was in der Sprache der Aymara soviel heißt wie »Wo die Welt zu Ende ist«. Für die Expedition brachte er aus seinem neu erlangten Vermögen eine Summe auf, die größer war als das von Atahualpa gezahlte Lösegeld.
Kaum war Diego de Almagro mit seinen Tapferen nach Chile aufgebrochen, hatte Pizarro einen allgemeinen Aufstand zu gewärtigen. Die Eingeborenen Perus sahen, daß die Streitmacht der Viracochas – so nannten sie die Spanier – sich teilte und griffen zu den Waffen. Ohne rasche Hilfe war die Eroberung des Inkareichs in Gefahr und mit ihr das Leben der Spanier, die ihren Feinden an Zahl weit unterlegen waren. Auf der Insel Hispaniola erfuhr Valdivia von Francisco Pizarros Hilferuf, und unverzüglich machte er sich auf den Weg nach Peru.
Peru – allein der Name dieser Weltgegend rief in Pedro de Valdivia Bilder von unermeßlichem Reichtum und einer hochentwickelten Kultur wach, die ihm sein Freund Alderete so beredt beschrieben hatte. Was man über das Reich der Inkas hörte, setzte ihn in Erstaunen, auch wenn nicht alles sein Wohlwollen fand. Er wußte, die Inkas waren grausam gewesen und hatten ihr Volk mit harter Hand geführt. Wer ihnen im Kampf unterlag, aber nicht bereit war, sich dem Reich vollständig zu unterwerfen, wurde niedergemetzelt, und beim geringsten Anzeichen von Auflehnung siedelte man ganze Dörfer in tausend Meilen entfernte Gebiete um. Schlimmste Marterqualen drohten den Feinden der Inkas, selbst Frauen und Kinder blieben nicht verschont. Der oberste Herrscher ehelichte seine Schwestern, um die Reinheit des königlichen Bluts sicherzustellen, er verkörperte die Gottheit, die Seele des Reichs, seine Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Von Atahualpa hieß es, er habe Tausende junger Gespielinnen sein eigen genannt und ein unüberschaubares Heer von Sklaven, er habe Vergnügen dabei empfunden, seine Gefangenen zu foltern, und seinen Ministern oft eigenhändig den Kopf abgeschlagen. Stumm und gesichtslos lebte das geknechtete Volk; von der Wiege bis zur Bahre mußte es schuften für die Orejones, die Kaste der Höflinge, Priester und Feldherren, die in babylonischem Prunk lebten, während der gemeine Mann mit seiner Familie ein karges Dasein fristete auf einem Stückchen Akkerland, das ihm zugeteilt war, ihm aber nicht gehörte. Die Inkas hatten sie zwar verboten, aber wenn es...
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