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Friedrich Merz und die letzte Chance für die demokratische Mitte: Ein Report aus dem Innern der Macht
Friedrich Merz steht vor gewaltigen Aufgaben. Während Trump und Putin die alte Weltordnung zerstören, droht die AfD die politische Mitte in Deutschland zu sprengen. Der neue Bundeskanzler will ganz anders regieren als die abgewählte Ampel-Koalition. Dabei sind die Herausforderungen, an denen die Ampel krachend gescheitert ist, dieselben geblieben: Wirtschaftskrise, Klimawandel, Migration und Aufrüstung der Bundeswehr. Ist Friedrich Merz, der bislang keine Regierungserfahrung hat und schon angeschlagen sein Amt antritt, seiner Aufgabe gewachsen? Und was muss er aus dem Desaster der Ampel lernen, um die vielleicht letzte Chance zu nutzen, unsere Demokratie vor dem endgültigen Aufstieg der extremen Rechten zu bewahren?
In dieser entscheidenden Phase der deutschen Politik erzählt Bestsellerautor Robin Alexander die Geschichte hinter den Kulissen: von Merz' Tabubruch mit der AfD und Geheimgesprächen mit Olaf Scholz bis hin zum Drama um das Billion-Schuldenpaket. Ein packend erzähltes Buch, das zeigt, warum die politisch Handelnden in einer zersplitterten Parteienlandschaft und einer aufgeheizten Öffentlichkeit immer weniger imstande sind, die großen Herausforderungen zu bewältigen.
"Ein brillantes Buch!" Markus Lanz
Fünf Tage nach seinem Wahlsieg bricht für Friedrich Merz eine Welt zusammen. So wird er es später darstellen. An jenem Freitagabend steigt er von der Bühne des Cruise Center Baakenhöft im Hamburger Hafen, wo sonst Kreuzfahrtschiffe festmachen. Gerade hat man ihn als »den zukünftigen Bundeskanzler« gefeiert, mehr als tausend Parteifreunde haben ihrem Vorsitzenden zugejubelt. In der Hansestadt wird am Sonntag schon wieder gewählt, diesmal die Bürgerschaft, so heißt hier das Landesparlament.
Merz war der Stargast bei der Abschlusskundgebung der örtlichen CDU. Gegen 20.15 Uhr schüttelt er zum Abschied noch ein paar Hände, dann lässt er sich auf den Rücksitz seines Dienstwagens fallen. Es geht nicht zurück nach Berlin. Sondern ins Sauerland, ins Dorf Niedereimer am Rande von Arnsberg. Nach Hause. Das erste Wochenende als Wahlsieger, nur drei Autobahnstunden entfernt. Es ist der 28. Februar 2025.
Als Friedrich Merz die Nachrichten auf seinem Mobiltelefon checkt, fällt ihm gleich die von seinem Sprecher auf. Er solle sich ein Video anschauen, möglichst sofort. Merz holt sein iPad hervor, öffnet den Link, ein Raum ist zu erkennen, der jedem politisch interessierten Menschen vertraut vorkommt. Man sieht zwei mit goldenem Damast bezogene Sessel vor einem Kamin, in dem kein Feuer brennt. Davor ein Tisch aus edlem Holz, in dem als Intarsie ein überdimensioniertes Siegel eingearbeitet ist. Das Oval Office im Weißen Haus in Washington.
Links von Donald Trump sitzt ein kleiner, bärtiger Mann im schwarzen Militärpullover, auf dem ein stilisierter Dreizack eingestickt ist, das nationale Symbol der Ukraine. Es ist Wolodymyr Selenskyj, der Präsident des von Russland überfallenen Landes. Merz schätzt ihn sehr. Zweimal hat er ihn in Kiew besucht und noch vor wenigen Tagen Selenskyjs Glückwünsche zum Wahlsieg entgegengenommen. Mit Merz wiederum verknüpft das angegriffene Land große Hoffnungen. Der neue Kanzler soll endlich den Taurus liefern, jenen bunkerbrechenden deutschen Marschflugkörper, den Olaf Scholz bis zuletzt verweigerte.
Aber jetzt sieht Selenskyj müde aus. Müde und hilflos. Bestürzt muss Merz mit ansehen, wie der US-Präsident den Ukrainer demütigt. Er hält ihm vor, das Leben von Millionen Menschen aufs Spiel zu setzen, einen dritten Weltkrieg zu riskieren. Als Selenskyj erwidert, es sei doch Putin gewesen, der den Krieg begonnen habe, fährt Trump barsch dazwischen. Vor laufenden Kameras wird der Gast minutenlang geschulmeistert wie ein frecher Junge. Auch ein zweiter Mann hackt verbal auf Selenskyj ein: »Haben Sie jemals Danke gesagt?!«, schleudert Vizepräsident J.D. Vance ihm mehrfach entgegen.
»Das war gutes Fernsehen«, sagt Trump am Ende des Treffens hämisch. Die anschließenden Gespräche, bei denen es um Sicherheitsgarantien nach einem Waffenstillstand gehen sollte, werden abgesagt. Ein fertig ausgehandeltes Rohstoffabkommen wird nicht unterschrieben. Das feierliche Diner entfällt. Selenskyj wartet noch zwanzig Minuten in einem Nebenraum. Dann erscheint eine Beamtin und schickt ihn einfach fort.
Kaum hat Friedrich Merz die fast vierzigminütige Szene aus dem Oval Office zu Ende verfolgt und den Kontext geklärt, postet er auf der Plattform X eine Solidaritätsadresse an Selenskyj auf Englisch: »Wir dürfen in diesem Krieg nie Aggressor und Opfer verwechseln!« Er telefoniert nonstop, bis er im Sauerland angekommen ist, und dann noch die halbe Nacht lang. Auch mit Olaf Scholz wird er verbunden.
Der Kanzler und sein designierter Nachfolger sind sich einig, dass an diesem Tag in Washington etwas Historisches geschehen ist. Die Amerikaner drohen nicht nur die Ukraine im Stich zu lassen, sondern gleich sämtliche ihrer Verbündeten. Ist der Artikel 5, die Beistandspflicht innerhalb der NATO, jetzt noch ernst zu nehmen? Würden US-Soldaten Deutschland gegen einen russischen Angriff verteidigen? Sind amerikanische Atomraketen noch eine glaubhafte Abschreckung?
Unter diesen Umständen muss Deutschland selbst wehrhaft werden. So schnell wie möglich, koste es, was es wolle. Und es wird viel kosten - zwischen einer und anderthalb Billionen Euro in den nächsten zwölf Jahren. Friedrich Merz wird dieser neuen Schuldenaufnahme in den kommenden Tagen zustimmen, obwohl er vor der Wahl das Gegenteil versprochen hatte, nämlich die Schuldenbremse einzuhalten. Aber die Demütigung von Selenskyj habe alles geändert. So sagt er.
Mit Trumps Attacken ist für Friedrich Merz tatsächlich eine Welt zusammengebrochen. Die alte westliche Welt. Nur geschah dies nicht erst nach der Bundestagswahl. Sondern spätestens eine Woche davor. Da hat Merz Trumps Stellvertreter J.D. Vance in München getroffen. Eigens hatte er den Vizepräsidenten in dessen Hotel Westin Grand aufgesucht. Merz hatte den Amerikaner davon abbringen wollen, die Deutschen öffentlich zur Wahl der AfD aufzufordern. Dies seien doch keine Freunde Amerikas, sondern Parteigänger von Putin. Vance hatte beifällig genickt.
Wenige Stunden später, bei seiner Rede auf der Münchner Sicherheitskonferenz, stieß Vance alle vor den Kopf: Die Einschränkung der Meinungsfreiheit in der EU, so erklärte er, sei die größere Bedrohung als Russland oder China. Er forderte, überall in Europa die Brandmauern niederzureißen und Rechtspopulisten nicht länger aus der Politik auszuschließen. Die AfD nannte der Vizepräsident zwar nicht beim Namen. Aber ein paar Stunden später kursierten die ersten Meldungen, Vance habe nicht nur Merz, sondern danach auch Alice Weidel in seinem Hotel empfangen. Davon hatte er Merz nichts gesagt.
Schon damals, also zwei Wochen vor der Demütigung von Selenskyj im Oval Office und eine Woche vor der Bundestagswahl, hat Merz seine harte finanzpolitische Kehrtwende eingeleitet. Nach dem Eklat auf der Münchner Sicherheitskonferenz bat er den ehemaligen Verfassungsrichter Udo Di Fabio diskret darum, alle Möglichkeiten auszuloten, um das Grundgesetz nach der Wahl noch mit den Stimmen des alten Bundestags ändern zu können.
Merz rechnete eine Woche vor der Bundestagswahl damit, dass er bald ein neues Sondervermögen oder eine Reform der Schuldenbremse brauchen würde. Und schon damals baute er der Möglichkeit vor, dass im neuen Parlament für ein solches Vorhaben keine Mehrheit mehr existiert. Di Fabio schickte ihm wenig später sogar ein knappes Gutachten. Grundgesetzänderungen mit den Stimmen der bereits abgewählten Abgeordneten seien sehr wohl möglich, bis zu dreißig Tage nach der Wahl. Exakt bis zum Dienstag der fünften Woche nach dem Wahlsonntag. Das wäre der 25. März.
Die neuen Milliardenschulden wie auch die unverhoffte Möglichkeit, diese zu beschließen - beides hat Friedrich Merz längst im Kopf, als er an jenem Freitagabend auf der Wahlkampfbühne in Hamburg sein Publikum aufrüttelt: »Was der neue amerikanische Präsident Donald Trump in den letzten Tagen in Washington gesagt hat - meine Damen und Herren, wir sind Zeitzeugen einer wirklich fundamentalen Veränderung des gesamten Koordinatensystems, innerhalb dessen wir Politik gestalten.« Zu diesem Zeitpunkt kann er die Bilder von Trump und Selenskyj noch nicht kennen.
Wenn sich die Lage ändert, muss sich auch die Politik ändern. Selbst wenn die Politiker ihren Wählern anderes versprochen hatten. So etwas kommt vor. Gerhard Schröder trieb mit der Agenda 2010 marktwirtschaftliche Reformen voran, für die seine SPD nie angetreten war. Helmut Kohl erhöhte nach der Deutschen Einheit die Steuern, obwohl er dies vorher ausgeschlossen hatte. Aber Schröder war zu diesem Zeitpunkt schon fünf Jahre Kanzler, Kohl sogar neun.
Merz dagegen hat noch nicht einmal den Amtseid geleistet. Die Reform der Schuldenbremse und ein Sondervermögen in astronomischer Höhe - kaum eine Woche nach dem Sieg bei der Bundestagswahl entscheidet der Wahlgewinner, das Gegenteil zu tun von dem, wofür er gewählt wurde.
Seine Kritiker werden schimpfen, was Merz zugestehe, sei gar kein Kompromiss zwischen Union und SPD, sondern eine Kombination von Vorschlägen, die der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck vor der Wahl gemacht habe, mit Ideen, wie sie Saskia Esken, die linke Co-Vorsitzende der Sozialdemokraten, seit Jahren propagiere.
Merz übernimmt die Politik der linken Konkurrenz, so kann man es sehen. Oder: Merz tut das staatspolitisch Gebotene und lässt den Parteipolitiker hinter sich. So kann man es auch sehen.
Kein Zweifel, Merz ist aufrichtig empört über den Eklat im Oval Office. Aber diese Empörung weiß er auch zu nutzen. Denn er braucht eine glaubhafte Geschichte, um zu begründen, dass unter seiner Führung eine politische Kehrtwende vollzogen wird, wie sie die Bundesrepublik noch nicht erlebt hat.
Weltpolitik schlägt Haushaltsrecht. Das gilt für Merz, kaum dass die Wahllokale am 23. Februar geschlossen sind. »Für mich wird es daher absolute Priorität haben, Europa so schnell wie möglich so zu stärken, dass wir Schritt für Schritt auch wirklich Unabhängigkeit erreichen von den USA«, doziert er in der Berliner Runde, jener Fernsehsendung, in der üblicherweise alle Parteivorsitzenden das Wahlergebnis kommentieren.
Unabhängigkeit von...
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