Schweitzer Fachinformationen
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1 Miteinander umgehen - Hier schlägt das Herz!
1.1 Von Mensch zu Mensch: Wertschätzung
Biblische Reminiszenz:
»Seid auf Gutes bedacht gegenüber jedermann.
Ist's möglich, soviel an euch liegt, so habt mit allen Menschen Frieden.«
Brief des Paulus an die Christen in Rom 12,17-183
Soll Gemeinde als gelingende Begegnung von Menschen funktionieren, ist es unverzichtbar, dass Menschen wertschätzend miteinander umgehen. Wertschätzung ist die grundlegende Sozialkompetenz, auf der viele andere Regeln des Miteinanders aufbauen. Sie kann sich nur in Freiheit entfalten, wenn sie authentisch sein will. Es gehört zur Kultur glaubwürdiger christlicher Gemeinschaft, nicht nur den Mitgliedern und Mitarbeitenden der eigenen Gemeinde, sondern auch Partnern, Gästen, Neuankömmlingen, Durchreisenden und Fremden, selbstverständlich auch Kritikern mit menschlicher Achtung zu begegnen. Denn das ist mit Wertschätzung gemeint: Ich gestehe meinem Gegenüber den gleichen Wert wie mir zu.
Wertschätzung ist die sich in allen Lebensbereichen der Gemeinde äußernde Grundhaltung der Christen.
Wertschätzung äußert sich bereits darin, dass ich Menschen überhaupt wahrnehme. Gleichgültigkeit und Ignoranz passen daher nicht zur Kultur der Gemeinde. Wertschätzung äußert sich in Zuwendung, Interesse, Empathie und Rücksichtnahme. Sie kann geübt und erlernt werden. Man kann sie eine Herzensangelegenheit nennen, aber sie ist mehr als nur eine Emotion. Sie ist eine Verhaltensweise, die sogar gegenüber Menschen zur Geltung kommt, die mir wenig liegen. Die Wertschätzung, die ich Menschen gegenüber zum Ausdruck bringe, spiegelt sich auch in meinem äußeren Erscheinungsbild, in Sprache und Stil.
Daraus folgt im Umkehrschluss, dass die Methoden des Zynismus und der Häme, der Entwürdigung und der persönlichen Anprangerung, die in der Gesellschaft verbreitete Mittel sind, um Aufmerksamkeit zu erregen und Ausgrenzung zu erzeugen, nicht zur Kultur der Gemeinde gehören.
Wertschätzung führt dazu, dass Menschen sich angenommen fühlen. Eine solche Gemeinde macht auf sich aufmerksam, ohne einem Effektivitätsdenken verfallen oder auf missionarische Erfolgsmodelle schielen zu müssen. Die von Wertschätzung geprägte Gemeindekultur hat bereits Strahlkraft nach außen und ist letztlich sogar attraktiver, anziehender als ausgeklügelte Missionsstrategien, die Wertschätzung letztlich vermissen lassen, wenn sie Erfolg in Zahlen messen. Das bedeutet nicht, dass eine Gemeinde sich nicht strategisch klug überlegen sollte, wie sie auf andere zugeht und sie einlädt. Die Gemeinde ruht nicht in sich, ist nicht selbstzufrieden. Sie trägt durch ihre vielfältige Vernetzung ihre Kultur und ihre Botschaft nach draußen und macht auch so auf sich aufmerksam. Aber sie wird zwangsläufig scheitern, wenn die Zielgruppe ihrer Einladung sich nicht für voll genommen, nicht wertgeschätzt fühlt.
1.1.1 Wie »geht« Wertschätzung?
»Heute kennt man von allem den Preis, aber von nichts den Wert.« Dieses Bonmot, das sich so ähnlich schon bei Oscar Wilde findet,4 sollte in der christlichen Gemeinde nicht gelten. Schauen wir uns daher an, wie Wertschätzung konkret »geht«. Man kann sie anhand von Adjektiven und Verben, die unsere Eigenschaften und unser Handeln beschreiben, näher bestimmen. Wer Wertschätzung übt, ist: aufmerksam, zuvorkommend, entgegenkommend, wohlwollend, freundlich, höflich, das Gute wollend. Sein Handeln wird bestimmt von folgenden Verhaltensweisen: zuhören, sich Zeit nehmen, gelten lassen, ernst nehmen, helfen, auch würdigen, anerkennen, loben, entlohnen.
Wertschätzung als Haltung fliegt einem nicht zu. Sie setzt einiges voraus, dem man sich bewusst annähern kann: Erfahrung, Bildung, ein weiter Horizont, Weitsicht, Aufgeklärtheit, Selbsthinterfragung, also: keine Engstirnigkeit, kein unreflektierter Missionseifer, kein (Gemeinde-)Egoismus, keine Überheblichkeit.
Folgende weitergehende Fähigkeiten spiegeln sich in Wertschätzung:
Wertschätzung bedeutet auch: Allen Mitgliedern und Mitarbeitenden der Gemeinde, den Vorgesetzten, den wohlwollend Begleitenden und Förderern, den Vertrauten und Fremden, ja, ihnen einfach als Menschen auf Augenhöhe einen Vertrauensvorschuss schenken. Nimmt man Menschen wahr, schätzt man sie und überrascht man sie mit einer Aufmerksamkeit, mit der sie nicht gerechnet hatten, wird dies tiefreichende Folgen haben. Sie fühlen sich wie in einem guten Zuhause, schätzen die Nähe und sind froh, dazuzugehören.
Wertschätzung gilt nicht nur nach »innen«, also innerhalb der Gemeinde. Auch Kooperationspartner und Fremde, die Leistungen für die Gemeinde erbringen, möchten Wertschätzung erfahren. Es macht einen schlechten Eindruck, wenn die Feuerwehr, die bei der Überschwemmung den Keller des Gemeindehauses leergepumpt hat, kein Dankeswort erhält; oder wenn der Handwerksbetrieb, der für die Gemeinde gearbeitet, oder der Caterer, der den Kindergarten mit Essen beliefert hat, sein Geld nicht rechtzeitig bekommt. Wertschätzung zeigt sich auch in Zuverlässigkeit. Außenstehende sollten die Erfahrung machen können, dass sie in der Gemeinde ein zuverlässiges Gegenüber haben, das sich durch Fairness, Offenheit und selbst so scheinbar banale Dinge wie gute Zahlungsmoral auszeichnet.
1.1.2 Wertschätzung und Kritik
Wertschätzen heißt nicht: am anderen alles gut finden! Die in christlichen Kreisen beliebte Formel »Gott nimmt mich so an, wie ich bin« darf nicht heißen, dass ich es nicht nötig habe, an mir zu arbeiten und mich zu entwickeln. Denn aus der Erfahrung, dass Gott mich wertschätzt, noch bevor ich etwas getan habe, folgt ja gerade das dankbare Leben, das darauf abzielt, ein Gott wohlgefälliger Mensch zu sein. Sich individuell als Mensch und gemeinschaftlich als Gemeinde (weiter) zu entwickeln, ist also Teil christlichen Selbstverständnisses. Es darf daher konstruktive Kritik geäußert werden! Und zwar in alle Richtungen. Denn: Niemand braucht vor Kritik Angst zu haben, wenn der Grundtenor die Wertschätzung des anderen bleibt. Wertschätzung ermöglicht Konfliktfähigkeit!
Setzt man an die Stelle von »Kritik« das Wort »Feedback«, dann zeigt sich, dass es sich keineswegs um etwas Schlechtes, Destruktives handelt. Im Gegenteil: Ein konstruktives Feedback bringt jeden weiter. Feedback geht in drei Richtungen: a) Ich gebe anderen ein Feedback, b) andere geben mir ein Feedback, c) ich gebe mir selbst oder wir geben uns ein Feedback (Selbstkritik).
Feedbacktechniken kann man lernen.6 Sie erleichtern eine wertschätzende Rückmeldung. Dabei ist es hilfreich zu beachten, dass jeder Mensch anders ist. Der eine reagiert schnell beleidigt, der andere ist gelassener, der Dritte ist offen und lernbegierig, der Nächste stets von sich selbst überzeugt. Allen angemessen zu begegnen, erfordert neben praktischen Fertigkeiten auch Erfahrung. Wenn aber der andere merkt, dass gute, qualifizierte Rückmeldungen nicht nur ihn selbst, sondern auch die Gemeinde weiterbringen, dann wird die wertschätzende Feedbackkultur ein wertvoller Baustein in der Gemeindearbeit sein.
Zu einer guten Feedbackkultur gehört es, mögliche Konfliktthemen frühzeitig offen anzusprechen, damit der unterschwellige Groll die Zusammenarbeit nicht stört und irgendwann umso heftiger zum Ausbruch kommt. Eine unserer Kirchenmusikerinnen, die Orgel spielte, hegte lange Zeit stillschweigend Groll, weil wir sie vor allem für Gottesdienste am Samstagabend einteilten. Wir dachten, wir täten ihr mit dieser festen, planbaren Struktur etwas Gutes. Tatsächlich aber kam es bei ihr so an, dass sich ihre Kollegin, die vor allem sonntags spielte, »die Rosinen herauspickte«. Nachdem wir dazu übergegangen waren, den Dienstplan gemeinsam mit allen Beteiligten im direkten Gespräch zu erstellen, konnten wir den Konflikt entschärfen.
Damit Feedbackkultur funktioniert, müssen alle lernbereit und auch fähig zur Selbstkritik sein. Kritik darf nie ätzend, vorwurfsvoll oder auflistend (»Sündenkatalog«) sein. Es ist ratsam, sie begründend und lösungsorientiert vorzutragen und stets die Betroffenen auf den Weg zu einer besseren Lösung mitzunehmen. In der Regel ist sie mit dem Hervorheben des Positiven gekoppelt, damit klar ist: Hier geht es nicht um Herumstänkern. Und: Trifft man im Blick auf ein einmal erkanntes Problem eine...
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