Schweitzer Fachinformationen
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Du bist reingelegt worden. Eltern, Geschwister, Kinder, Partner, Kollegen und Nachbarn sind gar nicht so nett, wie alle sagen. Deine Lektion: Lass dir nicht mehr einreden, du müsstest ständig für andere da sein.
Du hast wahrscheinlich schon gemerkt, dass man dich damals nach der Kinder- und Schulzeit völlig unvorbereitet ins Leben geschubst hat: Was da auf dem Stundenplan stand, verdient im Rückblick eine glatte Note 6 - ungenügend praxistauglich. Vor allem unsere Mitmenschen sind eine Lektion in Ernüchterung, und diese späte Erkenntnis hat ihren Preis.
Lass dir nicht mehr einreden, dass es alle »eigentlich« gut meinen.
Da hast du vielleicht im Unterricht die Feinheiten der Differentialrechnung durchlitten, aber wie man zwischen guten und schlechten Partnern, Freunden und Kollegen differenziert, hat dir nie jemand beigebracht. Mancher wurde mit der Ermahnung erzogen, »edel sei der Mensch, hilfreich und gut«, nur um im Berufsleben feststellen zu müssen, dass das wahre Karrieremotto oft lautet: »Eklig sei der Mensch, das hilft ihm sehr gut.« Da ist es kein Wunder, dass Goethe es selbst nie in eine höhere Managementposition geschafft hat.
Wie sich inzwischen wahrscheinlich auch für dich herausgestellt hat, sind selbst die besten Mütter nicht immer nur gütig, die lieben Geschwister nicht immer nur hilfsbereit, Kinder nicht immer nur dankbar. Das Gerede vom »Teamspirit« am Arbeitsplatz kannst du sowieso vergessen. Manche würden doch ohne ein Zögern für die Position des Vize-Abteilungsleiters morden, einige selbst, um endlich Nachrücker im Betriebsrat zu werden.
Pech für alle, die naiverweise nur an das Gute geglaubt haben und sich nun mit Schwierigkeiten herumschlagen müssen, die sie sich mit ein bisschen mehr Realitätssinn nie eingefangen hätten. Da kann es nur heißen: Aufgewacht im Märchenland!
»Eigentlich wollte ich eine gute Mitarbeiterin sein, auf die sich unsere Chefin verlassen kann«, sagte mir eine Klientin, die gerade wegen »ungenügender Leistung« heftige Punktabzüge bei ihrer Beurteilung und Jahresprämie erhalten hatte. »Ich habe mich pausenlos um all das gekümmert, was sie mir auf den Schreibtisch geschoben hat. Nur, um mir nun vorwerfen lassen zu müssen, dass ich wahrscheinlich nicht gut genug organisiert bin. Anders wäre es ja gar nicht zu erklären, dass ich mit meiner Arbeit ständig zu spät dran sei.«
Natürlich hilft man gern einmal. Aber doch nicht ständig.
Ein anderer Klient, der regelmäßig und unverschuldet mit einem überzogenen Konto kämpfte: »Mein Bruder hat Geldprobleme, seit ich denken kann. Ich mühe mich ab, meine Finanzen in Ordnung zu halten - nur, um dann wieder einspringen zu müssen, wenn er seine Stromrechnung nicht zahlen kann oder es für die Miete nicht reicht. Logischerweise hilft man gern, gerade innerhalb der Familie. Aber wie oft denn noch, wenn es immer so weitergeht und er selbst gar nichts dazulernt?«
Seine Geschichte erinnerte mich an all die RTL-Episoden mit Peter Zwegat, in denen er wieder einmal 45 Serien-Minuten herumgerannt war, um einen ruinierten Schuldner vor der Zwangsräumung zu retten, nur, um am Ende dessen fröhlichen Ruf zu hören: »Ach, die Gläubiger haben zugestimmt? Prima, dann können wir ja wieder shoppen gehen!« Manchen Leuten ist einfach nicht zu helfen. Blöderweise, das erkennt man irgendwann, sind es oft die, für die wir eigentlich alles tun wollten. Das Versprechen der ewigen Liebe, Freundschaft oder gemeinsamen beruflichen Projekte wird dadurch auf Dauer ziemlich teuer.
Das Erwachsenwerden hat natürlich seine Vorteile, das hast du mit spätestens 30 erkannt. Das erste eigene Auto, eine Wohnung beziehungsweise ein WG-Zimmer, wenn du dich für einen »kreativen« Beruf entschieden hast, und auch, dass du deine Krankenpflichtversicherung nun selbst bezahlen darfst.
Am schwierigsten ist es mit Menschen, die man gar nicht loswerden kann.
Gleichzeitig ist es verbunden mit einer Serie unangenehmer Erfahrungen: Wieso bricht dir deine erste große Liebe das Herz, obwohl es doch monatelang hervorragend lief und jeder Bravo-Fotoroman etwas ganz anderes versprochen hatte? Waren die eigenen Eltern immer schon so egoistisch, selbstmitleidig und überhaupt unvollkommen? Wieso denken in der Firma eigentlich immer alle nur an sich, aber keiner jemals an dich? Kurz: Wieso sind die anderen Menschen nicht so, wie man es doch eigentlich erwarten dürfte?
Zwar hat man sich bereits von jungen Jahren an vor allerlei Gefahren des realen Lebens gefürchtet. Nachts in einer dunklen Seitenstraße überfallen zu werden, wie man es bei »CSI: Miami« immer gesehen hat, nach mehreren erfolglosen Bewerbungen verarmt unter einer Brücke zu enden oder selbst niemals so berühmt zu werden wie die Kardashian-Schwestern.
Doch nichts hat uns vor der wahren Bedrohung des Alltags gewarnt: vor Menschen, die uns ausnutzen, verletzen oder anderweitig in den Wahnsinn treiben, und gegen die man nicht einmal etwas machen kann, weil man sie einfach nicht loswird oder ihnen unvorsichtigerweise ewige Treue zugesagt hat.
Es liegt an dir
Man hat dich gelehrt, dass alles gut wird, dabei aber einen entscheidenden Nachsatz weggelassen: vielleicht nicht für dich, wenn du nicht lernst, Grenzen zu ziehen und für deine Rechte einzustehen. Eigentlich sollte das Pflichtstoff der ersten Klasse sein, noch vor dem ABC, mit einem intensiven Auffrischungskurs in der Abiturstufe.
Was ist eine Grenze überhaupt? Eine Linie, an der du für alle klar erkennbar mitteilst: »Freiwillig bis hierher, aber nicht weiter.« An der du eine Person zurückweist, die deinen Regeln nicht folgen will: »So nicht, mein Lieber, auch wenn wir mal Freunde waren. Das lasse ich nicht mit mir machen.« In jedem Flughafen reihen sich selbst die Easyjet-Touristen brav an der Grenzkontrolle auf und benehmen sich manierlich. Da kann dein Leben nicht zur Everything-Goes-Zone für alle werden.
Wenn du Grenzen setzt, zeigst du, dass du schon auf andere, aber eben auch auf deine Bedürfnisse achtest und nicht jeden über dich verfügen lässt, wie es ihm gerade in den Kopf schießt. Sie stehen für das, was dir wichtig ist, wofür du einstehen würdest, auch wenn Widerstand zu erwarten ist. Darauf solltest du dich einrichten: Manchmal wirst du dafür kämpfen müssen, dass deine Regeln anerkannt und eingehalten werden. Selbst auf Hawaii hat die Grenzkontrolle ihre Revolver zur Hand, schon für die optische Nachdrücklichkeit.
Auf manche Gespräche freut man sich so sehr wie auf eine Wurzelbehandlung beim Zahnarzt.
»Drei Jahre bin ich einem Mann nachgerannt und wegen ihm sogar in seine Stadt gezogen. Fürs Bett war ich ihm immer gut genug«, klagte eine Freundin verbittert und ehrlich enttäuscht. »Habe mir verständnisvoll all seinen Mist angehört, dass er >noch nicht bereit für eine neue Beziehung< ist und es >diesmal ganz langsam angehen< will. Nur, um eines Tages per SMS abserviert zu werden und hintenrum zu erfahren, dass er eine Woche später seine langjährige Freundin geheiratet hat. Während ich ihn getröstet habe, wenn er wieder Stress in der Firma hatte, und etwas von >unserer Zukunft< fantasiert habe, hat dieser Arsch seine Hochzeit vorbereitet.« Ernüchterung sorgt auf einmal für einen sehr klaren Blick.
Grenzen setzen muss früh passieren, und das macht es so schwierig: Du musst ein Thema ansprechen, auf das sich dein Gegenüber ungefähr so freut wie ein AOK-Mitglied auf eine Wurzelbehandlung. Es tut weh, und die Kosten darfst du auch noch tragen. Selbstbeteiligung: 100 Prozent.
»Ich hätte meiner Chefin schon lange ein paar Takte sagen sollen oder besser gleich ganz kündigen«, meinte eine Klientin aus der PR-Branche, die sich in ihrer Agentur unfair behandelt fühlte. »Sie behandelt mich von oben herab und nörgelt an allem herum, obwohl ich jeden Tag ihren Job nebenbei mitmache. Auf die versprochene Lohnerhöhung warte ich seit fast einem Jahr. Blöderweise waren wir vor ihrer Beförderung mal beste Freundinnen, und unsere Männer kennen sich noch von der Uni. So darf ich mich tagsüber über sie ärgern und abends mit allen zur >Happy Hour< und fröhlich tun, damit ich nicht als egoistische Spaßbremse dastehe, die nicht >auch mal abschalten< kann.«
Es sind nicht die Leute, denen man am liebsten mal eine reinhauen würde, es sich aber verkneift. Es sind die Leute, denen man auch noch ein Küsschen geben muss, weil es sich so gehört. Die Hemmung, anderen klare Grenzen zu setzen, wurzelt fast immer in dem, was uns...
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