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Es wäre nicht seine erste Wahl für ein Treffen wie dieses gewesen, aber in Anbetracht der Tatsache, mit wem er sich traf, um diese wichtige Angelegenheit zu besprechen, war er gewillt, eine gewisse Flexibilität an den Tag zu legen. Aber wenn er ehrlich war, war es Niles Van Holtz - Van für seine Familie und Freunde - durchaus recht, dass dieses Treffen auf einer großen Freifläche und auf neutralem Gebiet stattfand, umgeben von einer Menge Menschen.
Er stieg aus dem Wagen und erlaubte seinem jungen Cousin, ihm zu folgen. Der sechsjährige Ulrich verbrachte den Sommer bei Van und dessen Gefährtin Irene, da, wie seine noch relativ frisch angetraute Braut es ausdrückte, »der junge Mann jetzt begreifen muss, dass sein Vater ein Idiot ist, und nicht erst später, wenn der Schaden bereits angerichtet ist«. Der Junge war allerdings keine besonders große Herausforderung. Er las ununterbrochen oder arbeitete in der Küche an seinen Messerkünsten. Er brauchte noch nicht einmal einen Fernseher, da er allem Anschein nach der Ansicht war, dieser lenke ihn nur von seinen Büchern ab. Anfangs hatte er nicht viel gesprochen, aber Irene hatte überraschenderweise ein Händchen für Kinder bewiesen, und es war ihr gelungen, Ric nach und nach aus seinem selbst gesponnenen Kokon zu locken, bis er sich in einen ziemlich geschwätzigen Welpen verwandelt hatte, wenn er in der richtigen Stimmung war.
Van hätte den Jungen auch in Seattle zurücklassen können, aber innerhalb von ein paar Wochen hatte sich Ric in Vans »Schatten« verwandelt, wie Irene es nannte. Was wiederum bedeutete, dass Van einfach kein gutes Gefühl dabei gehabt hätte, ihn zurückzulassen.
Davon abgesehen war dies hier nur ein Geschäftstreffen. Nichts Gefährliches oder so. Obwohl Van sich mit einem der Erzfeinde seines Rudels traf. Für Van war ein Geschäft eben ein Geschäft, und er nahm an, dass alle anderen das ganz genauso sahen.
»Du bleibst hier, Ric.« Van setzte den Jungen auf die Kühlerhaube seines Mietwagens: ein schneller kleiner Porsche, den er in der Nähe des Flughafens von Memphis abgeholt hatte, um damit zu diesem Treffen auf neutralem Gebiet zu fahren. »Ich bin gleich da drüben, okay?«
»Okay.« Der Junge zog ein Buch aus seinem Rucksack und begann zu lesen. Der Graf von Monte Christo. Ein Sechsjähriger, der Der Graf von Monte Christo las. Ein Buch, das Van gezwungenermaßen in der Highschool gelesen hatte - und das erst, nachdem seine Lehrerin ihn gewarnt hatte, dass die Lektürehilfe mit der Kurzversion allein ihm bei den Halbjahresprüfungen nicht helfen würde. Aber der Junge hatte sich das Buch im Laden selbst ausgesucht, zusammen mit zwölf weiteren sowie einem Taschenwörterbuch für den Fall, dass er das eine oder andere Wort nicht verstand.
Und was war mit dem neuesten Handheld-Spiel, das Van direkt aus Japan für Ric besorgt hatte? Das lag immer noch auf dem Bett des Jungen, in der Verpackung, unangetastet.
Van tätschelte Ric den Kopf - er liebte den Kleinen, auch wenn er seine Prioritäten völlig falsch setzte - und drehte sich um, um sich zum Treffpunkt zu begeben, machte dann jedoch unwillkürlich einen Satz rückwärts. Der Wolf, mit dem er hier verabredet war, stand in einem abgetragenen Led-Zeppelin-T-Shirt, zerrissenen Jeans und alten Springerstiefeln direkt vor ihm. Eine lange Kette, die vorn an einer Gürtelschlaufe seiner Jeans eingehakt war, schlängelte sich an seinem Bein entlang bis zu seiner Gesäßtasche und vermutlich seiner Brieftasche. Sein dunkelbraunes Haar hing bis auf die Schultern herunter und bedeckte vorn fast komplett seine Augen, während ein Vollbart die gesamte untere Hälfte seines Gesichts verbarg. Er sah aus wie ein durchgeknallter Veteran, der noch immer nicht verarbeitet hatte, was er während des Vietnamkriegs hatte durchmachen müssen.
»Mr. Smith?«, fragte Van und hoffte beinahe, dass er sich irrte.
Er irrte sich nicht. Das Grunzen sagte ihm sofort, dass hier in der Tat Egbert Ray Smith von der Smith-Meute aus Tennessee vor ihm stand.
»Niles Van Holtz.« Van streckte seine Hand aus. »Schön, Sie kennenzulernen.«
Der Wolf nahm weder seine Hand, noch hörte er auf, ihn mit seinen funkelnden Augen anzustarren. Van musste sich selbst daran erinnern, dass er nun das Alphamännchen seines Rudels war. Er würde sich von diesem potenziellen Serienkiller nicht einschüchtern lassen.
»Was willst du, Bürschchen?«
Das Ganze fing nicht gerade vielversprechend an. »Ich bin hier, um Ihnen einen Job anzubieten, Mr. Smith. Bei meiner Organisation. Der Gruppe.«
»Die Gruppe ist nichts als ein Haufen Weicheier.«
»Vielleicht, aber nun habe ich das Ruder übernommen, und ich will sie vorantreiben. Damit sie so wird wie die Einheit.« Smith kniff die Augen ein wenig zusammen. Er war jahrelang bei der Einheit gewesen - und das hatte Spuren hinterlassen: von jeder Falte in seinem noch gar nicht so alten Gesicht bis zu jeder Narbe an seinem Hals und wahrscheinlich an seinem ganzen Körper. Doch in jüngster Vergangenheit hatte sich innerhalb der Einheit einiges verändert. Die reine Gestaltwandler-Einheit des U.S. Marine Corps plante, seine Mitglieder nach zehn Jahren aus der Einheit zu entlassen - ganz gleich, ob sie wollten oder nicht. Smith war fast während seiner gesamten Zeit beim Corps in der Einheit gewesen und das erste Opfer dieser neuen Regelung geworden. Nach allem, was Van gehört hatte, war Smith ganz und gar nicht glücklich über die Wahl, die man ihm gelassen hatte: seine ehrenhafte Entlassung zu akzeptieren oder sich in die Truppe seiner vollmenschlichen Marines-Brüder einzufügen. Er hatte sich für die Entlassung entschieden, höchstwahrscheinlich aber nur, weil er sich niemals zwischen Vollmenschliche einreihen würde. Smith war direkt vom Boot-Camp zur Einheit gekommen und hatte sich im Laufe seiner Karriere durchaus einen Namen gemacht. Als Killer.
Denn genau das war Egbert Smith. Er war ein Killer, und ein sehr guter noch dazu. Und Van war sich sicher, dass Smith die perfekte Ergänzung für sein Team darstellte. Er hatte vor, die Gruppe in eine neue Richtung zu lenken und sie in eine Schutztruppe zu verwandeln, die sämtliche Gefahren für Gestaltwandler in den USA auslöschen würde. Für alle Gestaltwandler.
Und dieser Schritt war nun umso wichtiger, da die Situation für ihresgleichen mit jedem Tag gefährlicher wurde.
»Ich brauche Leute wie Sie in meinem Team, Mr. Smith. Die Bezahlung ist ausgezeichnet, hinzu kommen sämtliche Zusatzleistungen, eine Absicherung für Ihre direkten Angehörigen und genau die Art von Flexibilität, die ein Mann wie Sie braucht.« Vans nette Art zu sagen: »Wir wissen doch beide, dass Sie niemals einem normalen Job nachgehen könnten, Kumpel.«
Der Wolf grunzte erneut, und sein grimmiger gelbäugiger Blick blieb starr.
Van griff in die Gesäßtasche seiner Jeans und zog ein Blatt Papier heraus. Er reichte es Smith. »Das wäre Ihr Anfangsgehalt. Jährlich.«
Der Wolf starrte auf das Blatt hinunter, sah Van an und starrte dann wieder auf das Papier. Van war sich sicher, dass Smith niemals erwartet hatte, so viel Geld durch Arbeit zu verdienen. Aber die Gruppe hatte schier unerschöpfliche Ressourcen und setzte sie gern für die richtigen Rekruten ein.
»Diese Summe wird sich natürlich erhöhen, je länger Sie bei uns sind. Und abhängig davon, wie gut Sie Ihren Job erledigen.«
Der Wolf ließ seinen Blick über den großen Parkplatz schweifen, auf dem bereits der Flohmarkt aufgebaut war, der an diesem Samstag stattfinden sollte. Er räusperte sich und gab schließlich zu: »Hab meiner Gefährtin versprochen, sesshaft zu werden.« Seine Stimme klang tief und heiser, und wenn er genau hinsah, konnte Van eine alte Narbe erkennen, genau an der Stelle, an der die Stimmbänder des Wolfs hätten sein sollen. »Ich glaub nicht, dass es ihr gefallen wird, wenn ich sie schon wieder so lange allein lasse.«
»Sie müssen für diesen Job nicht umziehen, Mr. Smith. Es gibt keinen Stützpunkt, wo Sie wohnen, und kein Land, in das Sie ziehen müssen. Obwohl Reisen nach Alaska und Hawaii nötig sein könnten. Kurzreisen. Um ehrlich zu sein, muss ich einfach nur sichergehen können, dass Sie verfügbar sind, wenn ich Sie rufe. Aber ganz gleich, ob Sie einen Tag in der Woche oder drei Monate lang jeden Tag arbeiten oder auch sechs Monate nur rumsitzen und nichts zu tun haben - Sie bekommen Ihren Lohn. Alle zwei Wochen, pünktlich auf die Minute.«
»Und wenn mir was passiert?«
»Werden wir uns um Ihre Familie kümmern und Ihrem Rudel eine Entschädigung für den Verlust seines Mitglieds bezahlen. Die Gruppe kümmert sich um ihre Mitglieder, Mr. Smith.«
Während Van darauf wartete, dass der Wolf als Antwort auf sein Angebot irgendetwas sagen oder tun würde, kam ein kleines Mädchen auf sie zu. Die Kleine konnte nicht älter als neun oder zehn sein, noch nicht einmal in der Lage, sich zu verwandeln. Aber sie hatte die Augen ihres Vaters. Leuchtend gelb und kalt. Furchtbar kalt.
Sie starrte Van an, schien ihn als nicht bedrohlich einzustufen und zupfte am Hemd ihres Vaters. »Das da«, sagte sie.
Ihr Vater sah auf das riesige Jagdmesser hinunter, das sie in der Hand hielt. Er nahm es ihr ab und untersuchte es gründlich. »Warum?«, fragte er.
»Es hat das richtige Gewicht. Die Klinge ist aus gut gearbeitetem Stahl und lang genug, um das Brustbein zu durchdringen. Der Griff ist sehr solide, und wenn meine Finger länger werden, kann ich es immer noch benutzen. Ich dachte erst, ich hätte gern eins von diesen Klappmessern, aber das hier kann ich schneller ziehen und einsetzen. Wenn ich eine Waffe benutzen muss, hab ich keine Zeit, mit einem Klappmesser...
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