Schweitzer Fachinformationen
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Vier Frauen, vier Leben und die Sehnsucht nach Sichtbarkeit, Liebe und Selbstbestimmung. Der lang erwartete neue Roman von Chimamanda Ngozi Adichie. Spiegel-Bestsellerautorin, literarischer Superstar und feministische Ikone.
Chiamaka ist Reiseschriftstellerin, navigiert zwischen ihrer nigerianischen Heimat und ihrem amerikanischen Zuhause und versucht, sich im Rückblick auf die Männer ihres Lebens zu erklären, wann genau ihr ihre Träume abhandengekommen sind.
Zikora ist Anwältin und lebt in Washington D. C. Sie hat Erfolg und sich schon vor langer Zeit von ihrer Mutter distanziert; bis sie - plötzlich selbst Mutter und alleinerziehend - merkt, wie nahe sie ihr in ihrer vermeintlichen Schwäche ist.
Omelogor lebt in Nigeria. Als Bankerin hilft sie, Korruption zu verschleiern, aus Idealismus versucht sie, Frauen und ihre Unternehmen zu fördern. Doch eines Tages kündigt sie ihren Job, um in den USA zu studieren.
Kadiatou ist Chiamakas Haushälterin. Außerdem arbeitet sie in einem Hotel, wo ein mächtiger Gast sie schwer belästigt. Ein entwürdigender Prozess von Beweisaufnahme und Verfahren beginnt, in dem alles im Zentrum steht, nur nicht Kadiatous Schicksal.
Mitreißend, dringlich und klug spannt Chimamanda Ngozi Adichie über Kontinente hinweg die Geschichten von vier Frauen, die einander immer wieder die Hand reichen, und erzählt wie keine andere von existentieller weiblicher Erfahrung, die oft in den ganz kleinen Augenblicken zutage tritt: im Schwangerschaftstest auf dem Badewannenrand, in Tagträumen nach einem Augenkontakt im Flugzeug, im Warten auf einen Anruf oder im Moment plötzlich zusammengenommenen Mutes. Ein wegweisender, gegenwärtiger Roman über die Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Frauen in einer Welt, die es immer noch schwer macht, sich zusammenzutun. Zehn Jahre nach dem Weltbestseller »Americanah« der neue große Roman von Chimamanda Ngozi Adichie.
Ich habe mich immer danach gesehnt, von einem anderen Menschen erkannt zu werden, wirklich erkannt. Manchmal hegen wir jahrelang Sehnsüchte, die wir nicht benennen können, bis sich ein Riss im Himmel auftut, durch den wir uns selbst erkennen, wie eine Offenbarung - so wie in der Pandemie, denn während des Lockdowns fing ich an, mein Leben zu durchforsten und den lange Zeit unbenannt gebliebenen Dingen Namen zu geben. Anfangs schwor ich mir, das Beste aus dieser kollektiven Abkapselung zu machen: Wenn mir nichts anderes blieb, als drinnen zu bleiben, würde ich täglich meinen dünner werdenden Haaransatz mit Öl pflegen, acht große Gläser Wasser trinken, auf dem Laufband joggen, lange luxuriöse Stunden mit Schlafen verbringen und meine Haut mit reichhaltigem Serum betupfen. Ich würde aus alten, nicht verwerteten Notizen neue Reiseberichte bauen, und wenn der Lockdown lange genug dauern würde, hätte ich vielleicht endlich die Kraft für ein Buch. Doch schon nach wenigen Tagen fiel ich in einen Brunnen ohne Grund. Worte und Warnungen wirbelten herum, und mir kam es vor, als würde sich der gesamte Fortschritt der Menschheit umkehren und in einem historischen Stadium der Verwirrung münden, das eigentlich längst überwunden sein sollte. Berühren Sie Ihr Gesicht nicht; waschen Sie sich die Hände; gehen Sie nicht nach draußen; benutzen Sie Desinfektionsmittel; waschen Sie sich die Hände; gehen Sie nicht nach draußen; berühren Sie Ihr Gesicht nicht. Zählt es als Berührung, wenn man sein Gesicht wäscht? Ich benutze immer ein Reinigungstuch, aber eines Morgens streifte meine Handfläche meine Wange, und ich erstarrte, während das Wasser weiterlief. Das konnte doch nicht ins Gewicht fallen, schließlich war ich noch nicht einmal draußen gewesen, aber was bedeutete schon »Gesicht nicht berühren« und »Hände waschen«, wenn niemand wusste, wie es angefangen hatte, wann es enden würde oder was es überhaupt war? Jeden Tag wachte ich panisch auf, mein Herz raste ohne meine Erlaubnis, und manchmal presste ich meine Handfläche gegen die Brust und hielt sie dort fest. Ich war allein in meinem Haus in Maryland, in der Stille der Vorstadt, in den unheimlichen Straßen, von Bäumen gesäumt, die ebenfalls in der Stille zu erstarren schienen. Kein einziges Auto fuhr vorbei. Ich schaute hinaus und sah ein Rudel Rehe über die Lichtung im Vorgarten schreiten. Etwa zehn waren es, vielleicht auch fünfzehn, nicht zu vergleichen mit dem einsamen Reh, das ich von Zeit zu Zeit scheu im Gras kauen sah. Ich hatte Angst vor ihnen, vor ihrer ungewöhnlichen Kühnheit, als würde meine Welt nicht nur von Rehen, sondern auch von anderen lauernden Kreaturen, von denen ich mir noch keine Vorstellung machte, überrannt werden. Manchmal aß ich kaum, wanderte nur in die Speisekammer, um Cracker zu knabbern, und andere Male kramte ich Tüten voll vergessenem Tiefkühlgemüse hervor und kochte scharfe Bohnen, die Kindheitserinnerungen in mir wachriefen. Die formlosen Tage gingen ineinander über, und mich überkam das Gefühl, die Zeit drehe sich nach innen. Meine Gelenke pochten und die Muskeln meines Rückens und mein Nacken ebenso, als wüsste mein Körper nur zu gut, dass wir Menschen für ein solches Leben nicht geschaffen sind. Ich schrieb nicht, weil ich nicht schreiben konnte. Ich schaltete das Laufband nie ein. In den Zoom-Calls hallten unsere Stimmen, unsere Hände streckten sich nacheinander aus, ohne sich berühren zu können, zwischen uns allen dehnte sich der Abstand weiter aus.
Meine beste Freundin Zikora, nicht weit weg in D. C., rief eines Nachmittags an und sagte, sie sei bei Walmart, um Toilettenpapier zu kaufen.
»Du bist rausgegangen!«, schrie ich fast.
»Ich trage zwei Masken und Handschuhe«, sagte sie. »Die Polizei ist da, um die Schlange vorm Toilettenpapier zu organisieren - kannst du dir das vorstellen?« Zikora fiel ins Igbo und fuhr fort: »Die Leute bellen sich gegenseitig an. Ich hab echt Angst, dass jemand gleich eine Waffe zieht. Dieser weiße Mann vor mir ist seltsam; er kam in einem riesigen Truck an und trägt eine rote Mütze.«
Wir sprachen nie reines Igbo - immer streuten wir englische Wörter in unsere Sätze ein -, aber Zikora hatte sorgfältig darauf geachtet, kein Englisch zu sprechen, für den Fall, dass Fremde sie belauschten, und jetzt klang sie gekünstelt, als spielte sie eine Rolle in einem miesen Fernsehfilm über vorkoloniale Zeiten. Ein Mann, der ein prächtiges Gefährt steuert und einen blutfarbenen Hut trägt. Ich fing an zu lachen, und sie fing auch an zu lachen, und ich fühlte mich kurz befreit, wiederhergestellt.
»Wirklich, Zikor, du hättest nicht rausgehen sollen.«
»Aber wir brauchen Toilettenpapier.«
»Ich glaube, es ist endlich an der Zeit, dass wir anfangen, unsere Hintern zu waschen«, sagte ich, und im nächsten Moment riefen Zikora und ich im Chor: »Ihr seid nicht sauber!«
Ich hatte im Laufe der Jahre so oft die Geschichte von Abdul, unserem Pförtner in Enugu, erzählt - der schlanke Abdul in seiner langen Dschallabija -, der sich eines Abends auf dem Weg nach hinten zur Latrine mit seiner Plastikkanne in der Hand umdrehte, um mir in aller Ruhe zu erklären: »Ihr Christen benutzt auf der Toilette Papier. Ihr seid nicht sauber.«
In unserem Familien-Zoom-Gespräch sagte ich: »Das größte Verbrechen, das man heute in Amerika begehen kann, ist es, im Supermarkt die langen Warteschlangen vor dem Toilettenpapier zu stören. Die Polizei ist jetzt sehr damit beschäftigt, die Toilettenpapierschlangen im ganzen Land zu bewachen.«
Ich hatte gehofft, dass alle lachen würden - früher hatten wir so viel Spaß gehabt -, aber nur mein Vater lächelte. Meine Zwillingsbrüder standen kurz vor einem weiteren Streit.
Meine Mutter sagte: »Ich habe nie verstanden, warum die Amerikaner es Papier nennen. Toilettenpapier. Das klingt hart. Warum nicht Toilettentücher oder Toilettenrollen?«
Wir sprachen jeden zweiten Tag über Zoom - meine Eltern in Enugu, mein Bruder Afam in Lagos und sein Zwilling Bunachi in London. Jeder Anruf war wie ein bewölkter Tag, trostlos und von den neuesten schlechten Nachrichten beschwert.
Meine Eltern sprachen vom Sterben und vom Tod, von den Sterbenden und von den Toten, und meine Brüder waren kalt und gemein zueinander, nicht länger darum bemüht, meine Eltern vor ihrer Feindseligkeit zu schützen. Es war, als könnten wir nicht mehr wir selbst sein, weil die Welt nicht mehr sie selbst war. Wir sprachen über die steigenden Fallzahlen in Nigeria, die sich von Tag zu Tag, von Staat zu Staat in einem makabren Wettlauf befanden. Erst hatte Lagos die höchsten, dann war Cross River dran. Afam schickte uns das Video eines Krankenwagens, der sich schreiend seinen Weg durch die Straßen seiner Siedlung bahnte, und betitelte es mit »Einer weniger«. Bunachi sagte, dass britische Ärzte bald keine Schutzkittel mehr erhalten würden, weil die Leute, die sie in China hergestellt hatten, tot seien. Ich schaltete mich immer als Letzte dazu und tat so, als käme ich aus anderen Zoom-Calls mit Redaktionen, obwohl ich in Wirklichkeit nur auf mein Handy gestarrt und mich dafür gewappnet hatte, auf »Teilnehmen« zu klicken. Kurz vor dem Lockdown waren meine Eltern von Paris nach Nigeria zurückgekehrt, und meine Mutter sagte oft: »Stellt euch vor, wir wären in Europa gestrandet. Dort tötet es unsere Altersgenossen wie die Fliegen.«
»Stellt euch die Katastrophe vor, wenn wir Fallzahlen wie in Europa hätten«, sagte mein Vater.
»Gott rettet Nigeria; es gibt keine andere Erklärung«, sagte Afam.
»Wunder gibt's«, sagte Bunachi bissig. Dann fügte er hinzu: »Europa ist einfach ehrlich bei der Erfassung von Coronavirus-Todesfällen.«
»Nein, nein, nein«, sagte mein Vater. »Wenn wir eine hohe Sterblichkeitsrate hätten, könnten wir das nicht verbergen. Wir sind nicht organisiert genug; wir sind nicht China.«
»Jesus, Maria und Josef. All diese Zahlen sind Menschen, Menschen«, sagte meine Mutter, die ihr Gesicht abgewandt hatte und fernsah.
»Ich habe heute Morgen einen Löffel zum Geldautomaten mitgenommen«, sagte Afam.
»Einen Löffel?«, fragte meine Mutter wieder der Kamera zugewandt.
»Ich wollte den Automaten nicht anfassen, also habe ich meine Geheimzahl mit dem Löffel eingegeben und ihn dann weggeschmissen«, sagte Afam.
»Du hast keine Handschuhe getragen?«, fragte meine Mutter.
»Hab ich, aber wer weiß, ob es nicht durch Handschuhe dringen kann?«, sagte Afam.
»Auf glatten Oberflächen stirbt das Virus in Sekunden. Du hast einfach einen Löffel verschwendet«, sagte Bunachi, allwissend wie immer. Ein paar Tage zuvor hatte er erklärt, dass Beatmungsgeräte nicht die richtige Behandlung für das Coronavirus seien. Er war Betriebswirt.
»Aber du hättest gar nicht erst rausgehen sollen, Afam«, sagte mein Vater. »Wofür brauchst du überhaupt Bargeld? Ihr habt euch doch gut eingedeckt.«
»Ich brauche Bargeld. Lagos ist sehr angespannt«, sagte Afam.
»Wie angespannt?«, fragte Bunachi, und Afam ignorierte ihn, bis mein Vater fragte: »Was meinst du mit angespannt?«
»Überall auf der Insel rotten sich Menschen in den Siedlungen zusammen und wollen Geld und Lebensmittel. All diese Leute, die von einem Tag zum nächsten leben; sie haben nichts, kein bisschen Erspartes. All...
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