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Gavin Scott trank selten, und das aus gutem Grund.
Er war schlecht darin. Richtig schlecht.
Wie zum Beispiel jetzt: Er war mit dem Gesicht auf dem Boden gelandet, als er das letzte Mal nach der Flasche gegriffen hatte. Und er konnte nicht mehr geradeaus gucken. Besser er blieb gleich liegen.
Deshalb stand er auch nicht auf, als Del, sein bester Freund, energisch an die Tür seines deprimierend beigen Hotelzimmers klopfte, das ihn jeden Augenblick daran erinnerte, dass er sein Leben verbockt hatte.
«Is offen», nuschelte Gavin.
Die Tür ging auf. Del schaltete das grelle Deckenlicht ein und fluchte. «Scheiße. Mann am Boden. Hilf mir mal.»
Del und ein riesiger Kerl trampelten auf ihn zu, dann packten ihn vier kräftige Hände unter den Schultern. Im Nu lehnte er mit dem Oberkörper an der hässlichen Couch. Die Zimmerdecke drehte sich, und sein Kopf fiel nach hinten gegen die Polster.
«Komm schon.» Del klatschte ihm auf die Wangen. «Tu wenigstens so, als wärst du nicht tot.»
Gavin holte Luft und schaffte es, den Kopf zu heben. Er blinzelte zweimal, dann drückte er sich die Handballen auf die Augen. «Ich bin besoffen.»
«Ach, sag bloß. Was hast du getrunken?», fragte Del.
Gavin zeigte zum Sofatisch, auf dem eine Flasche Bourbon stand, ein Geschenk von einer örtlichen Brennerei. Jeder in der Mannschaft hatte zum Ende der Baseballsaison eine bekommen. Del fluchte wieder. «Scheiße, Mann. Warum kippst du nicht einfach direkt Ethanol rein?»
«Hatte keinen.»
«Ich bring ihm ein Wasser», sagte der andere Typ - dessen verschwommenes Gesicht ihn an Braden Mack erinnerte, Besitzer von ein paar Nachtclubs in Nashville. Aber das war Unsinn. Warum sollte der hier sein? Sie waren sich nur ein Mal beim Wohltätigkeitsgolfen begegnet. Seit wann war er mit Del befreundet?
Ein dritter Mann kam ins Zimmer, und den kannte Gavin genau. Es war Yan Feliciano aus seiner Mannschaft. «Como es el?»
Wie geht es ihm? Das hatte Gavin verstanden. Heilige Scheiße, er konnte Spanisch, wenn er besoffen war.
Del schüttelte den Kopf. «Noch ein Schluck, und er hätte zu Ed-Sheeran-Balladen geheult.»
Gavin hickste. «No me gusta Ed Sheeran.»
«Klappe», sagte Del.
«Ich stottere nich', wenn ich spanisch bin.» Gavin hickste wieder. Etwas Saures kam diesmal mit hoch. «Wenn ich b'soffen bin.»
Yan fluchte. «Que paso?»
«Thea will die Scheidung», sagte Del.
Yan brummte ungläubig. «Meine Frau meinte, es gibt ein Gerücht, die beiden hätten Probleme, aber ich konnte es nicht glauben.»
«Ganstu klauben», stöhnte Gavin und ließ den Kopf auf die Couch fallen. Scheidung. Seine Frau, die Mutter seiner Zwillingstöchter, die Frau, durch die er vor drei Jahren erkannt hatte, dass es die Liebe auf den ersten Blick tatsächlich gab, war mit ihm fertig. Und das war seine eigene verdammte Schuld.
«Trink das.» Del gab ihm eine Flasche Wasser. «Er wohnt hier seit zwei Wochen», sagte er zu Yan.
«Sie hat mich rausg'woffen.» Gavin ließ die ungeöffnete Wasserflasche fallen.
«Weil du dich verhalten hast wie ein Blödmann.»
«Ich weiß.»
Del schüttelte den Kopf. «Ich habe dich gewarnt, Mann.»
«Ich hab dir gesagt, dass sie dir einen Arschtritt verpasst, wenn du dich nicht zusammenreißt.»
«Ich weiß», stöhnte Gavin genervt und hob den Kopf. Zu schnell. Viel zu schnell. Aufwallende Übelkeit warnte ihn, dass der Bourbon wieder ans Tageslicht wollte. Gavin schluckte und holte tief Luft, aber, oh Scheiße . ihm brach der Schweiß aus.
«Oh verdammt, er wird grün», rief Vielleicht-Braden-Mack.
Kräftige Hände packten ihn und hievten ihn hoch. Seine Füße berührten kaum den Boden, als Del und Ziemlich-sicher-Braden-Mack ihn ins Bad wuchteten. Gavin stolperte zur Toilette, gerade als etwas in der Farbe mieser Entscheidungen aus seinem Mund geschossen kam. Mack fluchte, würgte und rannte hinaus. Del blieb, sogar als Gavin ächzte wie ein Tennisspieler beim Rückhandschlag und sich mehrmals übergab.
«Du hast das harte Zeug noch nie vertragen», sagte Del.
«Ich sterbe», stöhnte Gavin, während er auf ein Knie sank.
«Du stirbst nicht.»
«Dann erlösch mich aus mei'm Elend.»
«Glaub mir, ich bin schwer in Versuchung.»
Gavin ließ sich auf den Hintern plumpsen und lehnte sich an die beige Badezimmerwand. Dabei stieß er mit dem Knie gegen die beige Duschwanne, die hinter dem beigen Duschvorhang verborgen war. Er verdiente fünfzehn Millionen Dollar im Jahr und schlief in einem Hotel, das schäbiger war als die Unterkünfte in seiner Minor-League-Zeit. Er hätte sich ein viel besseres leisten können, aber das war seine Strafe. Die selbst auferlegte. Durch seinen Stolz hatte er das Beste, was ihm je passiert war, ruiniert.
Del spülte, klappte den Deckel herunter und ging raus. Einen Moment darauf kam er mit dem Wasser zurück. «Trink. Und diesmal meine ich es ernst.»
Gavin öffnete die Flasche und trank sie halb aus. Nach ein paar Minuten drehte sich der Raum nicht mehr. «Was machen die hier?»
«Das erfährst du noch.» Del setzte sich auf den Toilettendeckel und stützte die Ellbogen auf die Knie. «Geht's?»
«Nein.» Gavins Halsmuskeln krampften. Scheiße. Er würde Del vor die Füße kotzen. Er kniff die Augen zu und presste den Daumen zwischen die Brauen.
«Wein ruhig, Mann.» Del stieß Gavin mit der Schuhspitze am Fuß an. «Das ist keine Schande.»
Gavin lehnte den Kopf an die Wand, als ihm zwei Tränen über die Wangen liefen. «Ich kann nicht fassen, dass ich sie verloren habe.»
«Du hast sie nicht verloren.»
«Sie w-w-will die Scheidung, Arschloch.»
Del reagierte nicht auf sein Stottern. Das tat von der Mannschaft keiner mehr, vor allem weil Gavin aufgehört hatte, in ihrem Beisein dagegen anzukämpfen. Auch so eine Sache, die er Thea zu verdanken hatte. Bevor er sie kennenlernte, war er unsicher gewesen. Es war ihm schwergefallen, vor anderen zu sprechen, sogar vor Leuten, die er gut kannte. Aber Thea war beim ersten Mal, als er vor ihr stotterte, total ungerührt geblieben. Sie versuchte nicht, seine Sätze zu beenden, schaute nicht verlegen weg. Sondern wartete einfach ab, bis er seinen Satz zu Ende gebracht hatte. Niemand sonst, von seiner Familie einmal abgesehen, hatte ihm je das Gefühl gegeben, dass er mehr war als ein peinlicher stotternder Muskelprotz.
Deshalb fühlte er sich umso mehr betrogen, als er vor einem Monat entdeckte, dass sie ihn belogen hatte. Genau das war es nämlich gewesen, eine Lüge.
Seine Frau hatte ihm ihre verdammten Orgasmen vorgetäuscht. Seit der Hochzeit. Drei Jahre lang.
«Hat sie das genau so gesagt?», wollte Del wissen. «Oder hat sie gesagt, sie denkt an Scheidung?»
«Wo ist der Unterschied?»
«Das eine heißt, sie ist endgültig mit dir fertig. Das andere heißt, du hast vielleicht noch eine Chance.»
Gavin drehte den angelehnten Kopf kraftlos hin und her. «Es gibt keine Chance. Du hast ihren Ton nicht gehört. Sie hat mit mir geredet wie mit einem Fremden.»
Del erhob sich und blickte auf ihn hinab. «Willst du um deine Ehe kämpfen?»
«Ja.» Gott, ja. Mehr als alles andere. Und Scheiße, ihm wurde schon wieder die Kehle eng.
«Und wie weit bist du bereit, dafür zu gehen?»
«So weit wie nötig.»
«Meinst du das ernst?»
«W-w-was soll das? Fuck, natürlich meine ich es ernst.»
«Gut.» Del hielt ihm die Hand hin. «Dann komm hoch.»
Gavin ließ sich von ihm auf die Füße ziehen und folgte ihm ins Zimmer. Er fühlte sich tonnenschwer, als er auf die Couch zuwankte und sich auf die Kissen sinken ließ.
«Nettes Zimmer, Scott», sagte Mack, der gerade aus der winzigen Küche kam. Er rieb sich einen grünen Apfel an der Schulter sauber und biss herzhaft hinein.
«Das ist meiner», brummte Gavin.
«Du hast ihn nicht gegessen.»
«Hatte ich noch vor.»
«Sicher. Zum Dessert nach der Flasche Bourbon.»
Gavin zeigte ihm den Stinkefinger.
«Lass das», sagte Del zu Mack. «An dem Punkt sind wir alle schon gewesen.»
Moment. Was? Was sollte das denn heißen?
Yan beanspruchte das andere Ende der Couch für sich und legte die Füße auf den Tisch. Mack lehnte sich gegen die Wand.
Del sah die beiden an. «Was meint ihr?»
Mack biss in den Apfel und redete mit vollem Mund. «Ich weiß nicht. Meinst du wirklich, er kriegt das hin?»
Gavin fuhr sich übers Gesicht. Er kam sich vor wie in einem Film. Einem miesen Film. «Kann mir bitte jemand erklären, w-was hier läuft?»
Del verschränkte die Arme. «Wir werden deine Ehe retten.»
Gavin schnaubte, aber die drei Männer wirkten vollkommen ernst. Er stöhnte. «Ich bin geliefert.»
«Du hast gesagt, du bist zu allem bereit, um Thea zurückzugewinnen», sagte Del.
«Ja», murmelte Gavin.
«Okay, dann musst du jetzt ehrlich sein.»
Gavin spannte sich unwillkürlich an. Del setzte sich ihm gegenüber auf den Sofatisch, der unter seiner Eins-fünfundneunzig-Statur ächzte.
«Erzähl uns, was passiert ist.»
«Hab ich doch schon. Sie hat gesagt .»
«Ich meine nicht heute Abend. Was ist passiert?»
Gavin sah alle drei an. Selbst wenn Yan und Apfelklauer-Mack nicht dabei stünden, würde er nicht darüber reden. Es war zu demütigend. Es wäre schlimm genug zuzugeben, dass er seine Frau im Bett nicht befriedigen konnte. Aber auch noch zuzugeben, dass er komplett bescheuert war? Dass er ausgeflippt und ins...
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