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Ein Jahr später
Colton Wheeler lebte nach ein paar einfachen Grundsätzen, und einer davon lautete: Wenn dich jemand bittet, ein Geheimnis zu wahren, dann nimmst du es mit ins Grab. Deshalb war der Verrat wie ein Schlag in den Magen. Ausgerechnet die Jungs hatten ihr Wort nicht gehalten. Seine angeblich besten Freunde.
Wütend rückte er den Riemen seiner Sporttasche höher auf die Schulter. «Ihr habt versprochen, es keinem zu sagen.»
«Ach komm, Mann», sagte Gavin Scott mit der Yogamatte unter dem Arm. Er trug ein ärmelloses Trainingsshirt, sodass der Unterschied zwischen seiner käseweißen Schulter und der permanenten Bräune seiner Arme deutlich zu sehen war. «Es ist ja nicht so, als hätten wir es wildfremden Leuten erzählt.»
«Es spielt keine Rolle, wer die sind. Ich habe ihr versprochen, es für mich zu behalten.»
«Wir wollten dich nicht in eine unangenehme Lage bringen», warf Del Hicks ein. «Ehrlich.»
«Wir haben nicht mal damit gerechnet, dass du hier sein würdest», fügte Gavin sichtlich schmollend hinzu.
«Warum sollte ich nicht?»
«Wegen des Meetings. Ist das nicht heute?»
Ah, ja. Das Meeting. Es hatte eine so erniedrigende Bedeutung, dass es mittlerweile schon als das Meeting bezeichnet wurde. Jenes Meeting, bei dem sich herausstellen würde, ob er noch eine Karriere hatte. Das wussten seine Freunde allerdings nicht. Sie wussten nur, dass er sich mit dem Musiklabel traf, um nach zwei Jahren Pause über sein nächstes Album zu reden.
Plötzlich bekam er deswegen ein schlechtes Gewissen. Etwas, das ihm im Laufe des letzten Jahres vertraut geworden war. Wie konnte er von den Jungs erwarten, sich an die Regeln der Freundschaft zu halten, wenn er selbst jeden Tag gegen sie verstieß, indem er ihnen gewisse Dinge verheimlichte?
Für einen weltbekannten Country-Star war es schwer, echte Freunde zu finden. Er hatte die Jungs in einem höchst ungewöhnlichen Zusammenhang kennengelernt: durch Liebesromane. Sie nannten sich den Secret Book Club und lasen zusammen Liebesromane, weil sie lernen wollten, die Welt durch eine weniger toxische Brille zu sehen als jene, die alle cisgender Heteromänner von der Gesellschaft aufgesetzt bekamen. Braden Mack hatte damit angefangen und Colton überredet mitzumachen. Er war skeptisch gewesen, wie die meisten der Jungs, als sie dem Club beitraten. Aber Colton hatte schnell erkannt, dass es um viel mehr ging als nur die Bücher. Es ging um Kameradschaft und Brüderlichkeit. Anhand der Liebesromane lernten sie, bessere Männer, bessere Partner und untereinander bessere Freunde zu sein.
«Ist okay», seufzte er schließlich. «Ich rede mit .»
«Mr Wheeler, was hat das zu bedeuten?»
. ihr.
Scheiße. Colton wappnete sich beim Umdrehen und blickte dem einschüchterndsten Menschen, den er kannte, direkt in die Augen. Peggy Porth. Pensionierte Grundschuldirektorin mit Medusenblick.
Und Trainerin der Silver Sneakers.
«Hallo, Mrs Porth.» Coltons Stimme kiekste plötzlich wie damals in der fünften Klasse, als man ihn dabei erwischt hatte, wie er Pokémon-Karten in den Ferien zum doppelten Marktpreis verkaufte. Zu seiner Verteidigung: Er hatte das Geld gebraucht, um Weihnachtsgeschenke für seine Geschwister zu kaufen.
Mrs Porth war nur eins einundsechzig groß, schaffte es aber irgendwie, wenn sie mit ihm sprach, von oben auf ihn herabzureden. «Muss ich Sie daran erinnern, Mr Wheeler, dass Sie mich fragten, ob Sie ein paar Freunde zu unserem Kurs mitbringen dürften, und ich nur eine kleine Gruppe gestattete? Dieser Kurs ist ausschließlich für Leute über fünfzig vorgesehen, aber Sie haben mich überredet. Und jetzt stehen drei weitere vor meiner Tür.»
Die besagten drei Personen warteten ein paar Schritte entfernt nervös und schauten ab und zu verstohlen herüber, abschätzend, ob gleich ein Rausschmeißer kommen und sie vor die Tür setzen würde. Colton kannte sie natürlich, aber nicht gut, und das auch nur, weil sie mit Gavin und Del in der Profi-Baseballmannschaft der Stadt spielten, bei den Nashville Legends. Zu seinem Freundeskreis gehörten etliche Profisportler. Außer Gavin und Del ein weiterer Legends-Spieler, Yan Feliciano, Vlad Konnikov, ein Eishockey-Spieler, und Malcolm James, der in der National Football League für Nashville spielte. Vor allem deshalb hatte Colton sie in sein Geheimnis eingeweiht. Der Silver-Sneakers-Kurs bot ihnen ein äußerst effektives Work-out. Colton war nie besonders stark, fit oder gelenkig gewesen, und er war nur versehentlich in den Kurs hineingeraten. Er hatte sich für den Waschbrettbauch-Kurs angemeldet, aber den falschen Raum betreten und sich am Ende schwitzend dabei wiedergefunden, wie er versuchte, mit sechzigjährigen Frauen beim Aerobic mitzuhalten. Die hatten dabei ausgesehen, als machten sie einen Spaziergang durch den Park. Er dagegen war noch tagelang danach wund gewesen. Seitdem war er immer wieder hingegangen - auch weil, ja verdammt, weil keine einzige Teilnehmerin wusste, wer er war.
Das hieß, niemand scharwenzelte um ihn herum, nur weil er Colton Wheeler war.
Das war auch einer der Gründe, weshalb er sich zu . Scheiße. Prompt wurde seine innere Anzeigetafel «x Tage, die ich nicht mehr an Gretchen Winthrop gedacht habe» zurück auf null gestellt.
«D-das ist unsere Sch-schuld, Mrs Porth», sagte Gavin, bei dem angesichts der Furcht einflößenden Frau sein Stottern wieder auftrat. «Wir wollten nur unseren Mannschaftskollegen zeigen, wie wir so gelenkig geworden sind. Sie beneiden uns schon.»
Zum Beweis warf er seine Yogamatte aus und sprang in einen tiefen Ausfallschritt, bei dem Colton in der Notaufnahme gelandet wäre.
«Sehen Sie», ächzte Gavin. «Damit könnte ich jetzt die erste Base abdecken.»
Mrs Porth schürzte die Lippen. «Stehen Sie auf, Mr Scott. Sie machen sich zum Narren.»
Del griff Gavin unter den Ellbogen und half ihm hoch. Mrs Porth seufzte und blickte wieder zu den Männern, die nervös vor der Tür warteten. «Meinetwegen. Sie dürfen mitmachen. Aber ich sage es noch einmal, wenn einer von ihnen stört .»
«Werden sie nicht», versicherte Gavin hastig. «Also, wir werden das nicht. Danke, Mrs Porth.» Gavin sauste zur Tür und überbrachte den dort Wartenden die gute Nachricht.
Einen Moment später kam er mit seinen Kollegen im Schlepptau zurück, die jeweils das Trainingszeug ihrer Mannschaft trugen - Basketballshorts, feuchtigkeitsdurchlässige Shirts und Kinesiotape an diversen schmerzenden Körperstellen. Nachdem sie ihre Yogamatten ausgerollt und die Sporttaschen abgestellt hatten, gesellten sie sich zu Colton.
Einer gab ihm die Hand. «Hey, Mann. Danke, dass du uns hier reinbringst. Jake Tamborn. Wir sind uns letztes Jahr bei Gavins Geburtstagsparty begegnet.»
«Ich erinnere mich.» Colton schüttelte ihm aus Höflichkeit die Hand. Er war nicht gerade davon begeistert, dass sie da waren, doch er wiederholte die Geste mit den zwei anderen, Brad Eisenberg und Felix Pinas. Beide waren Mitte zwanzig und demonstrierten die selbstbewusste Haltung von zwei Kerlen, die keine Ahnung hatten, was ihnen bevorstand.
«Hast du sie gewarnt?», flüsterte Colton zu Del, als die drei sich einen Platz suchten.
«Dass das Training mörderisch wird? Jep.»
«Haben sie dir geglaubt?»
«Nope.»
Colton grinste zum ersten Mal, seit er das Fitnessstudio betreten hatte. «Das wird ein Spaß.»
Die Tür zum Fitnessraum öffnete sich, und Vlad kam aufgeregt hereingehastet. Er warf seine Yogamatte neben Coltons und setzte sich eine Santa-Mütze auf. «Wie sieht das aus?»
«Überraschend gut. Warum?»
«Elena sagt, ich muss mich für unsere Weihnachtsparty als Santa verkleiden und Geschenke an die Kinder verteilen.»
Vlad und seine Frau Elena gaben ihre erste Weihnachtsparty. Normalerweise hätte Vlad wegen seiner Eishockeytermine dazu keine Zeit. Er hatte sich jedoch im letzten Jahr bei den Stanley-Cup-Playoffs ein Bein gebrochen und erholte sich noch davon. Als die Jungs also beschlossen, eine Weihnachtsparty mit den Secret-Book-Club-Familien zu organisieren, erklärte sich Vlad sofort bereit, den Gastgeber zu spielen, weil das vielleicht seine einzige Gelegenheit sein würde.
«Ich habe noch nie den Santa gespielt», sagte er. «In Russland gibt es den nicht.»
«Keinen Santa?» Gavin, der gerade seine Quadrizepse dehnte, blickte keuchend auf, als hätte Vlad zugegeben, am Weihnachtsabend den Mond anzuheulen.
Del schlug ihm leicht an den Hinterkopf. «Verdammt, Mann. Komm mal hin und wieder aus deiner amerikanischen Blase raus.»
«Bei uns heißt er Väterchen Frost», erklärte Vlad.
Gavin setzte sich, winkelte die Beine über Kreuz an und bewegte sie wie ein Schmetterling seine Flügel. «Wie unterscheidet er sich von Santa?»
Vlad begann sich zu dehnen. «Er hat auch einen weißen Bart, aber keinen roten Anzug. Er trägt lange Gewänder. Und er hat keine Rentiere. Sein Schlitten wird von drei Pferden gezogen. Und bei ihm geht es nicht nur um Geschenke, sondern um gute Taten. Wenn er zu schlechten Menschen kommt, verbreitet er eisige Kälte.»
«Das gefällt mir. Vielleicht solltest du als Väterchen Frost auftreten», schlug Colton vor. «Es gibt keinen Grund, warum du eure Traditionen nicht übernehmen solltest.»
«Aber Elena meint, das verwirrt die Kinder, und dann fragen sie sich, ob es Santa Claus wirklich gibt.»
Del zuckte die Achseln. «Sag ihnen, dass er und...
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