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Bereits acht Monate vor Kriegsende, im September 1944, verständigen sich die Vereinigten Staaten, die Sowjetunion und Großbritannien im "Londoner Protokoll" auf die künftigen Besatzungszonen: "Deutschland wird innerhalb seiner Grenzen, wie sie am 31. Dezember 1937 bestanden, zum Zwecke der Besetzung in vier Zonen eingeteilt, von denen je eine einer der vier Mächte zugewiesen wird, und ein besonderes Berliner Gebiet, das der gemeinsamen Besatzungshoheit der vier Mächte unterworfen wird."54 Im Februar 1945 kommen US-Präsident Franklin D. Roosevelt, Großbritanniens Premierminister Winston Churchill und Kreml-Chef Josef Stalin auf ihrer Konferenz in Jalta überein, auch Frankreich, vertreten durch die freie Exilregierung General Charles de Gaulles, an der Besetzung zu beteiligen.
Als das Deutsche Reich am 8. Mai 1945 bedingungslos kapituliert, steht allein Stalins Rote Armee in der deutschen Hauptstadt: 139 Jahre nach Napoleon ist der sowjetische Generaloberst Nikolai Bersarin mit seiner 5. Stoßarmee in Berlin eingezogen. Obwohl Feldmarschall Bernard Montgomerys 21. Heeresgruppe Anfang April nur 200 Kilometer vor Berlin steht und die Stadt in drei Tagen erreichen könnte, hat sich der Oberbefehlshaber der westalliierten Streitkräfte, Fünfsternegeneral Dwight D. Eisenhower, dem Drängen der Briten widersetzt, vor den Sowjets in Berlin zu sein. Stattdessen stehen die amerikanischen und britischen Truppen tief in Thüringen und Sachsen, in Sachsen-Anhalt und Mecklenburg. Erst als sie diese Gebiete am 1. Juli 1945 vereinbarungsgemäß den Sowjets übergeben, erhalten sie im Gegenzug zwölf mit ihnen vereinbarte Stadtbezirke im Westen Berlins: Der amerikanische Sektor umfasst Kreuzberg, Neukölln, Schöneberg, Steglitz, Tempelhof und Zehlendorf, der britische Charlottenburg, Spandau und Wilmersdorf, und die Franzosen ziehen in die ursprünglich den Briten zugesprochenen Bezirke Reinickendorf und Wedding ein. Den mit acht Bezirken größten Teil Berlins sichern sich die Sowjets; deren Sektor umfasst die Hälfte Berlins und 37 Prozent der Bevölkerung: Mitte, Friedrichshain, Köpenick, Lichtenberg, Pankow, Prenzlauer Berg, Treptow und Weißensee.
Am 30. Juli 1945 kommt in Berlin erstmals der Alliierte Kontrollrat zusammen. Er soll, so ist es im "Londoner Protokoll" vereinbart, künftig Deutschland regieren. Wie die vier Militärgouverneure des Alliierten Kontrollrates, so treffen auch die vier für Berlin zuständigen Stadtkommandanten der Interalliierten Militärkommandantur ihre Entscheidungen einstimmig. Bei unüberbrückbaren Gegensätzen hat jedoch jede Siegermacht das Recht, in ihrem Sektor eigene Entscheidungen zu treffen. Die unüberbrückbaren Gegensätze lassen nicht lange auf sich warten: Während in den Westsektoren Berlins alle politischen Kräfte an der Verwaltung beteiligt werden, besetzt die Sowjetische Militäradministration in Deutschland (SMAD) die Schlüsselpositionen im Ostsektor primär mit Kommunisten unter Führung der aus Moskau eingeflogenen "Gruppe Ulbricht" unter Leitung von Walter Ulbricht. Der 24-jährige Jungfunktionär Wolfgang Leonhard überliefert deren Handlungsmaxime: "Es muss demokratisch aussehen, aber wir müssen alles in der Hand haben."55
Im Zweiten Weltkrieg wird Berlins Boulevard Unter den Linden nahezu völlig zerstört.
Besatzungszonen in Deutschland. Lila: am 1. Juli 1945 von den Amerikanern an die Sowjets abgetretenes Gebiet
"Die Lage in Europa beunruhigt mich zutiefst", schreibt Winston Churchill bereits im Mai 1945 in einem Telegramm an den neuen US-Präsidenten Harry S. Truman.56 "Die Zeitungen sind voll von Nachrichten über den massiven Abzug der amerikanischen Armeen aus Europa. Auch unsere Armeen dürften aufgrund früherer Beschlüsse wesentlich reduziert werden. Die Franzosen sind schwach und schwer zu behandeln. Ich habe mich stets um die Freundschaft der Russen bemüht; aber ihre falsche Auslegung der Jalta-Beschlüsse beunruhigen mich ebenso sehr wie Sie. Ein eiserner Vorhang ist vor ihrer Front niedergegangen. Was dahinter vorgeht, wissen wir nicht. Es ist kaum zu bezweifeln, dass der gesamte Raum östlich der Linie Lübeck-Triest-Korfu schon binnen kurzem völlig in ihrer Hand sein wird."57
Von Mitte Juli bis Anfang August 1945 kommen die drei Siegermächte, die Vereinigten Staaten, die Sowjetunion und Großbritannien, im unzerstörten Schloss Cecilienhof in Potsdam zu einer weiteren Konferenz zusammen. Mit US-Präsident Harry S. Truman und dem britischen Premier Clemens Attlee sitzen Kreml-Herrscher Josef Stalin zwei neue, unerfahrene westliche Gesprächspartner gegenüber; Winston Churchill muss nach seiner Niederlage in den Unterhauswahlen noch während der Konferenz seinen Stuhl räumen.
Brandenburger Tor im Juni 1945
In Jalta hatten sich die Alliierten im Februar 1945 auf die Einteilung des Deutschen Reiches in Besatzungszonen und auf deren gemeinsame Verwaltung verständigt. Doch in den fünf seither vergangenen Monaten hat Stalin Fakten geschaffen, das nördliche Ostpreußen annektiert, Polen bis an Oder und Neiße nach Westen verschoben und die deutschen Ostgebiete damit de facto der Kontrolle der anderen Siegermächte entzogen.
Während in Europa seit dem 8. Mai 1945 die Waffen schweigen, geht der Zweite Weltkrieg in Asien unerbittlich weiter. Am Abend des 24. Juli 1945 nimmt Truman den sowjetischen Diktator im Schloss Cecilienhof beiseite: "Ich erwähnte Stalin gegenüber, dass wir über eine neue Waffe von ungeheuerlicher Zerstörungskraft verfügten", notiert der amerikanische Präsident in seinen Memoiren.58 "Der russische Premier zeigte kein besonderes Interesse. Alles, was er sagte, war, er freue sich, dies zu hören, und hoffe, dass wir 'davon guten Gebrauch gegen die Japaner machen' würden."
Truman und die übrigen westlichen Beobachter dieser Szene täuschen sich nicht zum ersten Mal über den Herrn im Kreml: "Viele angloamerikanische Autoren gingen davon aus, dass Stalin die Bedeutung dessen, was er gehört hatte, nicht wirklich verstanden hatte", schreibt Sowjet-Marschall Georgi Schukow später.59 "Tatsächlich erzählte Stalin (Außenminister) Molotow von seinem Gespräch mit Truman, als er nach diesem Treffen in sein Quartier zurückkehrte. Dieser reagierte sofort: 'Lass sie. Wir müssen es mit (dem Leiter des sowjetischen Atombombenprojekts) Kurtschatow besprechen und ihn dazu bringen, die Dinge zu beschleunigen.' Mir war klar, dass sie über die Erforschung der Atombombe sprachen." Am 6. und 9. August 1945 fallen die amerikanischen Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki. Mit der Kapitulation Japans endet der Zweite Weltkrieg kurz darauf auch in Asien.
Am 12. Juli 1945 überreicht der britische Feldmarschall Bernard Montgomery (Mitte) dem sowjetischen Oberbefehlshaber Marschall Georgi Schukow (links, mit Schärpe) vor dem Brandenburger Tor den Bathorden erster Klasse.
Auf der Potsdamer Konferenz haben die Siegermächte im Sommer 1945 nicht nur beschlossen, Deutschland westlich von Oder und Neiße sowie die Hauptstadt Berlin in vier Besatzungszonen einzuteilen, sie sind auch übereingekommen, die Einheit Deutschlands aufrechtzuerhalten. Doch die Vorstellungen über die Zukunft des besetzten Landes sind inkompatibel: Während die Westmächte in ihren drei Westzonen ein demokratisch-pluralistisches und marktwirtschaftlich ausgerichtetes Gemeinwesen etablieren, führt die sowjetische Besatzungsmacht in ihrer Zone mithilfe der "Gruppe Ulbricht" ein kommunistisch und planwirtschaftlich orientiertes Gesellschaftssystem ein. Massenorganisationen wie der "Freie Deutsche Gewerkschaftsbund" (FDGB) und die "Freie Deutsche Jugend" (FDJ) werden im März 1946 gegründet. Eines von Ulbrichts wichtigsten Zielen ist die Eliminierung der SPD - sie soll mit der KPD zur Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) verschmolzen werden. In den Westsektoren Berlins schlägt dieser Versuch fehl: Bei einer Urabstimmung in allen zwölf West-Berliner SPD-Bezirksleitungen stimmen im März 1946 über 82 Prozent der Wahlberechtigten gegen die Verschmelzung. Im Ostsektor Berlins dagegen wird eine Urabstimmung verboten und die SPD am 21. April 1946 mit der KPD zur SED zwangsfusioniert, ebenso wie in der sowjetischen Besatzungszone.
Wie Deutschland, so ist auch Berlin in vier Besatzungszonen aufgeteilt.
Winston Churchill (1874-1965), am 5. Juli 1945 als britischer Premier abgewählt, und Charles de Gaulle (1890-1970), Präsident der provisorischen Regierung Frankreichs
Dank des Vier-Mächte-Status der gesamten Stadt ("Groß-Berlin") kann die SPD bei der Wahl zur Stadtverordnetenversammlung am 20. Oktober 1946 auch im Ostsektor antreten, neben der SED. Die Berliner sind sich der enormen Bedeutung dieser Wahl sehr wohl bewusst: 92,3 Prozent der 2,3 Millionen Stimmberechtigten geben ihre Stimme ab. Die Wahlergebnisse ins Stadthaus in der Parochialstraße im Bezirk Mitte zu übermitteln, ist anderthalb Jahre nach Kriegsende mancherorts durchaus schwierig: So liegen in Köpenick immer noch viele Brücken in Trümmern, und da auch die Telefone nicht funktionieren, bringen Schwimmer die in wasserdichten Beuteln verschlossenen Wahlresultate ans andere Spreeufer, damit sie von hier aus dem zentralen Wahlvorstand übermittelt werden können. Obwohl die SMAD die Bevölkerung des Ostsektors kurz vor der Wahl mit Lebensmittelsonderzuteilungen lockt und der SPD, der CDU und der Liberal-Demokratischen Partei...
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