Inhaltsverzeichnis
Einführung 7
Der Hintergrund: Drei Dimensionen 8
Die Ebene des Individuums 9
Die Ebene der Gruppe 11
Corona Prozess 13
Arbeitshypothesen 16
Guidelines - Leitlinien für die Gruppenarbeit 22
Das Gruppenfeld 24
Verwandte Ansätze 28
Gruppenentwicklung 30
Gruppenleitung 34
Ein Training für Menschen in leitenden Positionen 40
Anwendung 43
Gruppenarbeit und planetarischer Frieden 46
Und der Traum ist noch nicht zu Ende: Nächste Schritte 47
Anmerkungen 50
Tabelle 51
Veröffentlichungen 52
Adressen
Anwendung
Der Anwendungsbereich dieser Ideen und Methoden ist breit gefächert und reicht von Therapiegruppen, Männer- und Frauengruppen und Bildungsgruppen bis hin zu Organisations- und Unternehmensgruppen sowie zu multikulturellen und multinationalen Gruppen. Diese Gruppen haben sehr unterschiedliche Persönlichkeiten und Psychen und verfolgen unterschiedliche Absichten, das heißt der Leitende muss die Techniken, Ansätze und die Sprache finden, die zu der Kultur der jeweiligen Gruppe passen und ihr helfen, sich stärker mit dem organisierenden Prinzip der Seele zu verbinden. Die Grundprinzipien bleiben dieselben, aber wie man sie zum Ausdruck bringt, wird in Abhängigkeit von diesen Faktoren sehr stark variieren. Die Situation ist analog zu der eines Klienten, der seine Geschichte, seinen Hintergrund, eine bestimmte Ausdrucksweise, Sprache und bestimmte Probleme mitbringt. Diese Unterschiede müssen respektiert und berücksichtigt werden, man kann sie jedoch in einem Kontext halten, der bestimmte tiefere Prinzipien wirksam werden und den Prozess der individuellen psychospirituellen Entwicklung voranschreiten lässt.
Diese Analogie ist auch bei Überlegungen zur Anwendung dieser Art von Gruppenarbeit hilfreich. Der Klient kommt, um eine Perspektive auf die eigenen Schwierigkeiten zu erlangen, alte Wunden zu heilen, zu entdecken, wie er oder sie auf neue Art und Weise im Leben sein kann und das alles mit der Intention, sich zu verändern und ein umfassenderes und glücklicheres Leben zu führen. Wenn er ins Leben zurückkehrt, wird das, was er gelernt hat, hoffentlich in Form von neuen Verhaltensweisen Früchte tragen. Die Therapiesitzung ist eine "Auszeit", in der man über das Spiel nachdenkt, um danach "fähiger" in das Spiel wieder einzusteigen.
Eine Gruppe braucht ebenfalls diese Form des "Time out", um über ihre Arbeit und ihr Leben nachzudenken und neue Wege des Seins und der Zusammenarbeit zu finden. Eine Gruppe verfängt sich so leicht in alten, unbewussten Gewohnheitsmustern oder wird reaktiv auf die unterschiedlichen Arten von innerem und äußerem Druck. Sie wird überwältigt von tiefem Schmerz und Wut, die niemals artikuliert werden, und verliert den Kontakt zu den Qualitäten, die sie beleben und kreativ machen. Sie verliert den Kontakt zu ihrer eigentlichen Aufgabe und der Bedeutung dessen, was sie versucht zu tun, und entfremdet sich sowohl nach innen wie auch in ihren Beziehungen zu anderen Gruppen. Tatsache ist: Gruppen leiden sehr und ihre Mitglieder leiden mit ihnen. Wir alle haben schmerzliche Erfahrungen in Gruppen gemacht, sei es nun in der Familie, einer Gruppe von Gleichaltrigen, einer Arbeitsgruppe oder einer institutionalisierten Gruppe. Man kann sich glücklich schätzen, wenn man sich an Zeiten erinnern kann, in denen man die Sicherheit und Unterstützung erfahren hat, man selbst und gleichzeitig Teil einer Gruppe zu sein.
Meine Idee ist, dass eine Gruppe Zeiten braucht, in denen sie sich nicht auf ihre Arbeit, sondern auf die Rückverbindung mit der spirituellen Dimension konzentriert, in der die Gruppe sich trifft, um an dieser Verbindung zu arbeiten und ihr wahres Wesen und ihre wahre Bestimmung deutlicher zu erkennen. In gewissem Sinne braucht sie Zeit, um die Gruppenseele wiederzubeleben und Energie und Führung aus ihr zu schöpfen. Danach kann die Gruppe mit einer neuen Vision und einem Gespür für notwendige Veränderungen zur Aufrechterhaltung dieser Verbindung wieder an die Arbeit gehen. Das ist keine Gruppentherapie, sondern Therapie für Gruppen. Die Gruppe ist der Klient, der keine Verbindung mehr zu seinem Selbst hat, der diese Verbindung wiederherstellen und stärken muss, um umfassender und glücklicher leben und arbeiten zu können und um als ein besserer Spieler in welches Spiel auch immer zurückzukehren.
Dies ist also kein rein problemlösungsorientierter Ansatz, sondern eröffnet vielmehr eine weitere Perspektive auf die Probleme und das Leben einer Gruppe. Die Probleme werden angegangen, allerdings in diesem umfassenderen Kontext. Und die Gruppe lernt, anders zu sein und anders zu agieren, was ihr bei neu auftretenden Problemen zugutekommt. Dieser Ansatz wendet sich an das tiefere Leid des Nichtverbundenseins, das in der Gruppenarbeit oft unbewusst bleibt, nicht angesprochen wird und sich dennoch auf alles im Leben der Gruppe auswirkt.
Das "Time in" mag ein zweiter Anwendungsbereich in Gruppen sein. Es würde Gruppen, die zusammenarbeiten helfen, egal in welchem Setting, auf eine neue Art und Weise zu arbeiten. Die Notwendigkeit dafür kann sich während einer Krise in der Gruppe ergeben, aber auch eine normal funktionierende Gruppe könnte darum bitten, weil sie ihre Kohärenz und Kreativität steigern möchte. Eine Krise befördert häufig eine solche Entwicklung, aber man muss nicht zwangsläufig darauf warten, dass sich die Lage verschlechtert, um sie zu verbessern. In diesem Fall bestünde die Aufgabe darin, der Gruppe dabei zu helfen, in ihrer Arbeit - worin auch immer die bestehen mag - kohärenter und kreativer zu werden und sie dabei zu unterstützen, sich in ihrem Reifeprozess vom Normalen und bis über das Normale hinaus zu bewegen.
Und drittens könnte dieser Ansatz beim Aufbau nachhaltiger und kohärenter Mikrokulturen zum Einsatz kommen, die in einem spirituellen Kontext operieren und bereits längere Zeit im größeren Ganzen ihrer Kultur existieren. Es entstehen andauernd neue Gruppen, nur mangelt es ihnen häufig an der Fähigkeit, sich kontinuierlich weiterzuentwickeln und manchmal werden sie, wie wir gesehen haben, nach einem vielversprechenden Anfang entweder dysfunktional oder entwickeln sich zu einer Sekte, sind zunehmend missbräuchlich und destruktiv oder brechen auseinander und lassen ihre Mitglieder in einem Zustand der Verletzung und des Misstrauens gegenüber zukünftigen Unternehmen dieser Art zurück. Solche Gruppen könnten sich in eine progressive Richtung entwickeln, wenn sie zur rechten Zeit die richtige Art von Unterstützung erhielten; sie könnten zunehmend kohärent werden, bis die Verbindung zur Gruppenseele steht und die Reife dieser Verbindung und ihr Ausdruck sich realisiert. Wir alle kennen Menschen, die diesen Grad der Reife, meist durch ein langes Leben voller Herausforderungen und voller Lohn, erreicht haben und es gibt keinen Grund, warum Gruppen nicht ebenso lange leben und ebenso gesund sein sollten. Wir kennen nur noch nicht so viele, denen es gelingt.
Ich bin sicher, dass noch weitere Anwendungsbereiche entdeckt werden. Für den Moment sollen diese drei ausreichen. Ich möchte hinzufügen, dass eine Gruppe, die im Verlauf dieses Prozesses kohärenter und kreativer wird, nicht nur selbst ein besseres Leben genießt, sondern auch auf die Gruppen in ihrem Umfeld wirkt; sehr ähnlich der Wirkung, die spirituell angebundene Menschen auf die Menschen um sie herum haben. Eine Gruppe strahlt ihre besten Qualitäten aus, ihren Sinn für die Absicht ihrer Seele, ihre Lebendigkeit und so berührt und inspiriert sie andere Gruppen in ihrem Umfeld. Sie wird zu einem Hort von Respekt, Kraft, Schönheit und Liebe. Menschen spüren das und es hat eine Auswirkung auf sie. In Bohms Worten wird die Gruppe zu einer "kohärenten Mikrokultur" und übt eine positive Wirkung auf die Makrokultur aus, so wie eine gesunde Körperzelle zur Gesundheit des größeren Ganzen beiträgt. Die Zusammenarbeit mit anderen Gruppen wird möglich, Vertrauen und gegenseitige Fürsorge werden möglich. Die zugrunde liegende Liebe, die - wenn auch meist unerkannt - alle Gruppen zusammenhält, und die Erfahrung von Freude werden möglich. Davon sind wir weit entfernt, aber das heißt nicht, dass es unmöglich ist. Es bedeutet nur, dass wir noch nicht wissen, wie wir das, was tief in unseren Köpfen und unseren Herzen gespeichert ist, verwirklichen können. Es bleibt zu hoffen, dass uns das nächste Jahrhundert diese Erkenntnis bringen wird.
Gruppenarbeit und planetarischer Frieden
Denkt man spekulativ in Richtung auf größere Organisationsebenen, Nationen und den Planeten, lässt sich postulieren, dass auch diese größeren Einheiten ein spirituelles Prinzip der Organisation haben, welches die nationale oder planetarische Persönlichkeit und Psyche so reorganisieren möchte, dass sie die wahre Aufgabe und die Lebendigkeit ihrer Einheit umfassender zum Ausdruck bringen kann. Aktuell erleben wir, dass unsere Makrosysteme sich in einem Zustand des Zusammenbruchs der politischen, gesellschaftlichen, ökonomischen und ökologischen Lebensweise befinden. Im spirituellen Kontext kann man dieses Chaos als Desintegration alter Formen begreifen, die nicht länger dem Erhalt des Lebens dienen, und als Suche nach neuen Formen, die nicht nur das Leben der menschlichen, sondern das aller Spezies der Erde erhalten. Die internationalen Beziehungen entwickeln sich schnell, die Konflikte verändern sich (persönliche Dimension), tiefe rassische und religiöse Wunden kommen ans Tageslicht (psychische Dimension), und neue Werte und Lebensweisen entstehen in dieser Zeit des Experimentierens (spirituelle Dimension). Auf der Erde geschieht all das gleichzeitig: Geburt und Tod, Zerstörung und Transformation. Und wir alle stehen vor der Frage: Wie können wir helfen? Und was hilft? Seine letzten Lebensjahre widmete David Bohm der Entwicklung und Vermittlung des Dialogprozesses als seinen Beitrag zum Weltfrieden. Er sah in der Arbeit mit Gruppen einen Schlüssel zur Unterstützung des größeren Prozesses der nationalen und planetarischen Heilung und Transformation. Ich schließe mich dem an und bin ihm dankbar für seine Pionierarbeit zu dieser Idee, die sich nun in der ganzen Welt verbreitet. Der Schlüssel liegt in der persönlichen und psychischen Gesundheit einer Gruppe und in dem Grad ihrer Seelenverbindung. Je seelenverbundener eine Gruppe ist und je stärker ihr Seelenausdruck, desto mehr ist sie ein Werkzeug für den Weltfrieden. Der Inhalt ihrer Arbeit ist nicht wichtig, sondern der Rahmen, in dem sie arbeitet. Familie, Nachbarschaft, Stadt, Unternehmen, Schule oder Nation - das alles sind Gruppen. Ist eine Gruppe mit ihrer Seele verbunden und in ihrer Entwicklung auf die spirituelle Ebene bezogen, wird sie zum Frieden auf der Erde beitragen, aber nicht, wenn sie, wie die meisten Gruppen, keine Verbindung zu ihrer Seele hat. Gruppen sind die Verbindung10 zwischen Mensch und Planet. Sie bieten Menschen einen Rahmen für die Arbeit an den größeren Problemen und so ist eine Gruppe ein Tiegel, in dem persönliche und planetarische Heilung und Verwirklichung geschehen können. Und. wie man sich in einer Gruppe verhält, hat eine Auswirkung auf fast alles, was man sonst noch tut. Vor diesem Hintergrund haben wir unsere Experimente zum Corona Prozess durchgeführt und werden das auch weiterhin tun.
Und der Traum ist noch nicht zu Ende: Nächste Schritte
Ich sehe mindestens noch drei größere Schritte, die man in Angriff nehmen sollte. Der erste Schritt bestünde darin, in einem größeren Rahmen und in unterschiedlichen Settings mit diesem Ansatz zu experimentieren: sowohl innerhalb einer bestimmten Kultur als auch kulturübergreifend. Und ich möchte an diesem Punkt noch eine Reihe offener Fragen zusammentragen, deren Erforschung ich neben vielen anderen als hilfreich erachte.