Aus Teil 1: Der Weg des Magens Ad 1: Die Leere füllen Wir kennen alle dieses "aufgewühlte Gefühl in unserer Magengegend", das aber nicht von unserem Magen kommt, sondern vom Solarplexus (Plexus solaris, aus dem Lateinischen, bedeutet Sonnengeflecht). Beim Verliebtsein kann es sich so anfühlen, wenn man aufgeregt ist, eher positiv nervös (wenn man zum Beispiel auf dem Flughafen auf einen geliebten Menschen wartet, oder Kinder, die das Christkind erwarten). Dieses komische Gefühl hat etwas mit "Glücklich sein" zu tun. Das Sonnengeflecht ist eine Ansammlung von Nervenfasern des Sympathikus (der Teil des autonomen Nervensystems, der uns aktiviert und antreibt und am Tag dominiert) und des Parasympathikus (der Teil des autonomen Nervensystems, der uns beruhigt und entspannt und der die Verdauung leitet; er dominiert in der Nacht). Das Sonnengeflecht ist wie eine Schaltzentrale des autonomen Nervensystems, um weitere Anweisungen für den gesamten Verdauungsapparat zu geben. Befehle könnten zum Beispiel lauten: Spann die glatte Muskulatur (das sind die Muskeln des Darmes, die eine Darmtätigkeit und -bewegung ausführen) an oder entspanne sie! Produziere mehr Säure im Magen oder weniger! Bilde mehr Schleim in den Schleimhäuten oder weniger. Treibe den Stuhl hinten heraus oder lass Dir noch Zeit damit! Kurble die Verdauung an oder bremse sie! Der Soralplexus ist das Hirn unserer Mitte. Es ist wohl kein Zufall, dass dieser Bereich als wichtiger Energieknoten im Ayurveda, der altindischen Medizin, gesehen wird. Dieses Manipura Chakra steht für ein Energiefeld, das Licht, Wärme, Energie und Aktivität spendet. Und es steht für Durchsetzungskraft, für die Entwicklung des "Ich". Im Yoga kann man diese Region gezielt stärken. Es ist also eine sehr positive Region (um es einmal westlich nüchtern auszudrücken). Blöd ist nur, dass sich der Solarplexus genau hinter dem Magen befindet. Blöd auch, dass sich dieses Gefühl fast wie Hunger anfühlt. Wenn also dieses aufgewühlte wunderbare Gefühl in der Magengegend beginnt und es steigt kein geliebter Mensch aus dem Flugzeug für Sie, es fühlt sich an wie Verliebtsein aber da ist niemand, der ihr Verliebtsein erwidert, oder das Glöckchen zu Weihnachten läutet und es kommt kein Christkind, es gibt keine Geschenke, na dann bleibt Ihnen nur eines (denken Sie in diesem Moment): Essen. Durch das Essen entspannt sich zumindest der Magen und Sie lernen (der Pawlowsche Hund lässt grüßen...), dass Essen zumindest dieses Gefühl in der Magengegend beruhigt. Aber eigentlich war der Körper so aufgeregt, weil er etwas erwartet hat, etwas Wunderbares, das passieren sollte. Vielleicht ist genau so eine Situation irgendwann einmal in ihrem Leben aufgetreten, wahrscheinlich in der Kindheit (es wird schon einen Grund haben, warum wir ständig in der Kindheit herumwühlen...). Und ihr Bedürfnis als Kind in diesem Moment wurde nicht befriedigt, aber Essen war genug da. Also haben Sie gegessen und gelernt (Pawlow! Das Glöckchen läutet!), dass Essen Wünsche erfüllt. Aber eigentlich ist es eine Verwechslung! Das befriedigte Hungergefühl löst eben nicht den Knoten des aufgewühlten autonomen Nervensystems in ihrem Oberbauch! Wenn der geliebte Mensch aus dem Flugzeug aussteigt und Sie ihn in die Arme nimmt, dann ist alles gut und der Plexus solaris gibt Ruhe. Sympathikus und Parasympathikus sind im Gleichgewicht, in Frieden. Wenn Sie statt der Ankunft des geliebten Menschen lieber essen, gibt der Magen kurz Ruhe und meldet sich bald wieder. Also müssen Sie wieder essen und bald wieder und so weiter. Und Sie nehmen zu und werden noch unglücklicher. Jetzt bräuchten Sie den geliebten Menschen noch viel mehr - oder das Christkind. Aber das einzige, was da ist und immer verfügbar, ist Essen. Erinnern Sie sich an den Songtext von Trude Herr (Original aus 1959). Der Refrain lautet: "Ich will keine Schokolade, ich will lieber einen Mann, ich will einen den ich küssen und um den Finger wickeln kann!" Das bringt es humoristisch auf den Punkt. Die Leere füllen, die Emotionen in einem selbst ausgleichen, das Gefühl verstehen, dass da in einem hochkommt. Es geht nicht um Hunger, es geht um emotionalen Ausgleich durch die Eltern, durch einen Partner, durch Arbeitskollegen oder Vorgesetzte, durch wen auch immer, auch wenn der Beginn viele Jahre zurückliegt. Die Therapie kann dann nur sein, seine emotionale Balance zu finden, die Leere in sich zu finden und diese mit der richtigen Emotion aufzufüllen. Eine Psychotherapie kann helfen, ein guter Freund, ein Priester, die Eltern oder die Kinder. Weil man dieses Gefühl des Solarplexus gar nicht erträgt, spürt man es mit der Zeit gar nicht mehr beziehungsweise füllt man den Magen, bevor noch ein Hungergefühl entstehen kann. Man verliert auch jegliches Gefühl für Sättigung, weil man es ja gar nicht spüren möchte. Mit der Zeit ist man vollkommen verloren in seinem Körper. Man isst ständig, Hungergefühl oder Sättigung kenn man nicht mehr. Und weil man sich nicht mehr unter Kontrolle hat, kommt noch das ständige schlechte Gewissen dazu. Mit der dramatischen Zunahme des Körpergewichts kommen zusehends gesundheitliche Beschwerden, wie das metabolische Syndrom (siehe dort), Gelenks- und Wirbelsäulenschmerzen und verschiedenste Organschäden.