INHALT
Vorwort
KONSTANTIN WECKER
Mut durch Poesie
MICHAELA MAY
Genieße den Augenblick
WILLY ASTOR
Der Flirt mit dem Scheitern oder Was heißt es, kreativ zu sein?
HERIBERT PRANTL
Erben der Holzkiste
TILMAN SPENGLER
Nachrichten aus der Hasenschule oder Kleiner Vortrag über den Hasen als Vorbild
ISOLDE OHLBAUM
Was wäre gewesen, wenn .
GERALD HÜTHER
Im besten Sinne eigensinnig
RAINER MARIA SCHIESSLER
Vertrauen ins Leben statt Heldenmut
ANNE DEVILLARD
Magic Moments oder Die Liebe zu den kleinen Dingen
NOMI BAUMGARTL
Licht in die Welt bringen - eine Liebeserklärung
Kurzviten und Spendenprojekte
((Auszug aus "Konstantin Wecker: Mut durch Poesie"))
NEIN, ich hör nicht auf zu träumen von der herrschaftsfreien Welt,
wo der Menschen Miteinander unser Sein zusammenhält.
Lasst uns jetzt zusammenstehen, es bleibt nicht mehr so viel Zeit.
Lasst uns lieben, und besiegen wir den Hass durch Zärtlichkeit.
Liebe Leserinnen und Leser,
was brauchen wir - was braucht die Welt - in dieser Zeit, um zu bestehen?
Mir persönlich konnte in meinem Leben immer wieder die Poesie Mut machen. Sie ist es, die mir Halt und Richtung gibt. Immer und überall - und ganz besonders in solch bewegten Zeiten.
Rainer Maria Rilke etwa, den ich sehr verehre, findet immer die richtigen Worte, egal, in welcher Situation man ihm begegnet. Ein Rilke-Werk, das du mit siebzehn Jahren liest, kann dreißig Jahre später zu einem völlig anderen Gedicht werden, weil du selbst dich gewandelt hast.
Poesie ist so wichtig, weil sie direkt - am Verstand vorbei - den Weg ins Herz findet. Rilke drückt mit Worten aus, was mit der Ratio nicht zu erklären ist.
Das Machtmittel aller Diktaturen und das Prinzip jedes Herrschaftssystems, vor allem des Patriarchats, ist doch die Angst. Von der Ratio erschaffen, aber vom Herzen und der Empathie losgelöst.
Wenn die Kultur fehlt, steigt die Tendenz zur Gewalt. Poesie aber macht uns empathisch. Und das ist doch die Hauptaufgabe der Kunst: uns vom Unmenschlichen auf das Menschliche zu besinnen. Auch Joseph Beuys sagte einst: "Jeder Mensch ist ein Künstler", wenn er es nur zulässt.
Die Kultur im Allgemeinen und die Poesie im Speziellen haben Zugriff auf das, was in uns das Menschsein ausmacht. Gern zitiere ich auch den schönen Satz von Georg Kreisler: "Der Mensch braucht Kunst nicht zur Unterhaltung - da kann er auch zum Pferderennen gehen -, sondern weil sie ein Teil seiner selbst ist."
Ein unabdingbarer Pfeiler für Kunst und Kultur ist auch die Meinungsfreiheit, auf deren Schutz und Bewahrung wir gerade in diesen Zeiten besonders achtgeben müssen. Wichtig ist dabei, dass wir innerhalb dieser Vielfalt an Meinungen die Sehnsucht jedes Einzelnen erkennen. Dass wir frei entscheiden und uns nicht spalten (lassen) - damit die Welt nicht in Extreme abrutscht.
Wir müssen Herz und Geist aufmachen und die Kultur immer wieder in die Herzen der Menschen tragen. Und ich gehe sogar noch weiter: Ich bin der Meinung, ohne Kultur und ohne Kunst würden wir wahrscheinlich gar nicht existieren. Wie sähe die Welt aus ohne Homer, ohne Rilke?
Das Patriarchat mag sich in diesen Zeiten noch einmal in seiner fulminanten Wucht zeigen, ein letztes Aufbäumen von Macht und Besitz - verteidigt mit Gewalt. Doch ich bin der Meinung, dass die sogenannten Träumer, die Poeten, immer etwas mehr über die hinter allem liegende Wirklichkeit wussten und wissen. Machtmenschen hingegen, deren Empathie verkümmert ist, leben in einem durch Angst und Herrschaft selbst erschaffenen Albtraum.
Die Vernunft ist etwas Wichtiges. Doch wie die Buddhisten so schön sagen: "Der Verstand muss der Wagen sein, aber nicht der Wagenlenker." Man kann mit der Ratio so weit gehen, jede noch so abscheuliche Tat zu entschuldigen und Gründe zu finden, um sie zu rechtfertigen. Mit dem Herzen funktioniert das nicht.
DEN PAROLEN KEINE CHANCE
Den Parolen keine Chance
lasst sie nicht ans Tageslicht,
lasst sie in den Grüften modern,
öffnet ihre Gräber nicht.
Volk, Nation und Vaterland
sind ihr krudes Kampfgebrüll,
alles, was dadurch verbrochen,
war doch längst entsorgt im Müll.
Wenn sie jetzt den Menschenfängern
wieder aus den Mäulern sprudeln,
lasst sie ungehört verdorren,
lasst euch nicht dadurch besudeln.
Kriege mit Millionen Toten
haben sie uns eingebracht,
Folter, Mord und Diktaturen -
Siegeszug brutaler Macht.
(...)