Hinter der Baustelle, und noch hinter dem Islamischen Garten,
gab es ein verlassenes Anwesen, das einmal einem Herzog, einem
Grafen, einem Prinzen oder, warum auch nicht, einem Emir
gehört hatte. Versunken zwischen Palmen und Mandarinenbäumen.
Dort habe ich mal ein Fass mit der Aufschrift Wehrmacht
1942 gefunden und einen durchlöcherten italienischen
Helm. Spuren früherer Zivilisationen.
Waren wir womöglich Zionisten? Nein. Weil der Zionismus
immer auch Rückkehr bedeutet. Wir dagegen waren also eher
Entdecker, Leute wie Livingston, wie Cook. Und Cook hatte in
Australien wenigstens Ureinwohner gefunden. Er hatte Kängurus
gesehen und dann auf Englisch gefragt, was für ein Tier ist
das denn? Kangaro . Das hatten die ihm geantwortet. In der
Sprache der Ureinwohner heißt das: Ich verstehe dich nicht.
Im Michelangelo aber gab's keine Ureinwohner und schon gar
keine Kängurus. Nein. Wir waren Pioniere. Die Avantgarde der
westlichen Zivilisation. Wir waren sogar vor den Kängurus gekommen.
Der einzige Ureinwohner, den wir antrafen, war ein
Arbeiter mit einem enormen Kreuz und einem enormen Bizeps.
Und auf einem Arm war ein Tattoo mit der Aufschrift: Mamas
Herz. Wir waren ganz gerührt. So ein Riesenkerl mit so einem
romantischen Schrift zug. Und wenn er arbeitete, wenn er Nägel
einschlug, schien das Herz zu schlagen. Es schlug für seine
Mama. Wie sollte so einer dir Angst machen? Und ich wollte
auch so ein Tattoo, genauso wie seins. Wenn ich groß bin, krieg
ich auch so eins. Sagte ich mir. Ich habe ihn sogar gefragt, wo
man denn so schöne Tattoos machte. Im Knast, hat er geantwortet.
Er hat dabei eine Reihe weißer Zähne gezeigt. Und mit
welcher Anmut er uns geholfen hat, unsere Hütten zu bauen.
Als gehörte das zu seiner Arbeit. Häuser und Hütten bauen, beides
mit derselben Genauigkeit.
Und ich habe mir ausgemalt, wie das wäre, ich bin groß, komme
aus dem Knast und laufe zu meiner Mutter und zeige ihr den
Arm mit dem Schriftzug: Mamas Herz. Sie wäre bestimmt ganz
gerührt.