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Kapitel II.2, Forschungstheorien zur Erklärung von 'Change Prozessen':
1951 wurde von Lewin erstmals die theoretische Erklärung über das Managen von Change formuliert, als eine diskrete Ereigniskette des Auftauens, Bewegens und Wiedereinfrierens innerhalb eines definierten Systems. Folglich kann Change definiert werden als die räumliche und zeitliche Veränderung eines anfänglichen Zustands A zu einem modifizierten Zustand B. Die Raum-Zeit-Bewegung innerhalb des aufgespannten Intervalls zwischen den Zuständen A und B, bestimmt wiederum den Change Prozess. Ein solcher Change Prozess ist im einfachsten Sinne zu verstehen als die gemanagte Wahl, zwischen der Change Adaption und dessen Implementierung, und umfasst nur die Taten im Bezug auf Objekte bei unbestimmter Position der Hauptbetroffenen, die den Change vorantreiben.
In der institutionellen Theorie wird grundsätzlich angenommen, dass der Change Prozess nicht ausschließlich die Unternehmensreaktion auf externe Umweltveränderungen darstellt sondern auch von internen institutionellem Druck ausgelöst werden kann. Studien über institutionelle Change´s untersuchten im Schwerpunkt die Zusammenhänge zwischen den ausgeführten Tätigkeiten der Akteure und deren Einfluss auf die Entwicklung der betroffenen Institution. In einem umfassenden Literaturreview wurden von Van de Van und Pool (1995) vier Arten von prozessualen Idealtypen der institutionellen Entwicklung und Change identifiziert - der Lebenszyklus, die Teleologie, die Evolution und das Dialektische Modell-. Das Lebenszyklusmodell unterscheidet die Change Prozesse als eine Einheit des Fortschreitens durch eine erforderliche Sequenz von Zuständen, wobei die speziellen Inhalte der Stadien durch logische Programme bestimmt werden. Im teleologischen Modell wird diese Entwicklung als ein Kreis der Zielformulierung, Implementierung, Evaluierung und Modifikation der Ziele beschrieben. Innerhalb der Sequenzer entstehen soziale Beziehungen zwischen den Individuen in der Institution. Das Evolutionsmodell beschreibt den Prozess als eine repetitive Sequenz aus Variation, Selektion und Beibehaltung von Ereignissen innerhalb der abgebildeten Gesellschaft. Die treibende Kraft ist der Wettbewerb über seltene Wirtschaftsgüter zwischen den verschiedenen Einheiten, welche die Gesellschaft ausmachen. Im dialektischen Modell tauchen Widersprüche in Form von Thesen und Antithesen zwischen den Einheiten auf, die beim Aufeinandertreffen eine Synthese produzieren, welche über die Zeit selbst zur These für den nächsten dialektischen Zyklus wird.
Die neo-institutionelle Theorie erweitert die klassische Kombination von Wirkungen und institutionellen Faktoren um die Annahme, dass die Institutionsstrukturen neben organisationalen Zusammenhängen auch durch soziale Tätigkeiten bestimmt werden. Diese konzeptionelle Erweiterung bildet zugleich die kausale Untersuchungsgrundlage zur Erklärung von Change Prozessen auf der Mikroebene und sozial-psychologische Motivationen auf individuellem Level.
Kleinster gemeinsamer Konsens in der Organisationstheorie besteht darin, dass ein organisationaler Change als das führende Verhaltensmuster und als Struktur innerhalb einer Organisation mit einem Grad der Abweichung vom institutionellen Status Quo darstellt. Der organisationale Change Prozess entspricht nur teilweise der systemtheoretischen Erklärung des Zustandswandels von A nach B. Die beschrieben Idealtypen könnten nach organisationalem Verständnis zwar immer noch zutreffen, wobei das Fortschreiten eines Change´s nicht ausschließlich nach vorne ausgerichtet sein muss. Ein organisationaler Prozess kann beschrieben werden als ein angestoßenes Ereignis, indem die Richtung des Change zwar nach B ausgerichtet ist, wobei alte Gewohnheiten nicht vollständig verworfen wurden, d.h. anstellen von A zu B, gilt eher von A zu B´ mit ein wenig von A. Hervorzuheben ist, dass die meisten organisationalen Theorien direkt oder indirekt auf der gleichen institutionellen Annahme basieren, dass ein Change linear verläuft. Als theoretische Forschungsgrundlage und für die Erklärung organisationaler Change verwenden Wissenschaftler viele verschiedene Erklärungskonzepte, Metaphern, wie auch Theorien aus den unterschiedlichsten wissenschaftlichen Teildisziplinen. Die organisationale Change Theorie kann in zwei Perspektiven unterteilt werden. Zum einen in die prozessuale Perspektive basierend auf der Evolutions-, Entwicklungs- oder Chaostheorie, um Change auf seinem Ursprung, organisationale Notwendigkeit, beteiligte interpretative Prozesse, der Implementierung und mögliche Schranken zu untersuchen. Zum anderen in die sozio-kulturelle Perspektive bestehender Konzepte aus der Gesellschaftsforschung bis hin zur Kindererziehung, in denen überwiegend die Kommunikation und Interaktion des Managementwandels im Mittelpunkt stehen.
In Resümee, die institutionelle und organisationale Change Literatur tendieren zu separaten Erklärungswegen. Die institutionellen Change Autoren neigen dazu inter-organisationale Dynamiken auszuklammern, wohingegen die organisationalen Change Autoren überwiegend die institutionelle Umwelt ausschließen. Diese Vielfalt an Konzepten, Metaphern und Theorien hat einen theoretischen Pluralismus geschaffen wodurch neuartige Theorien hervorgebracht und bis heute neue Erkenntnisse geschaffen wurden.