Die Villa Tanner
Die Rohner
Die Geser
Die Manser
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
Nachwort
Glossar
Die Inhaberfamilien der Jacob Rohner AG
Erster Weltkrieg
Während zahlreiche Fabriken und Handelshäuser ihre Tore schliessen, wissen nicht wenige Stickereifabrikanten den Ersten Weltkrieg geschickt für ihre Zwecke zu nutzen. Auf den Schlachtfeldern schnellt die Zahl der Verwundeten in die Höhe, das Verbandsmaterial wird knapp. Französische Schülerinnen reissen alte Bettlaken auseinander, um aus den Leinen- und Baumwollfetzen Verbandszeug für die Soldaten herzustellen. Das Vereinte Königreich, Frankreich und Russland verbieten 1917 den Export von Baumwolleprodukten an Deutschland. Nicht so die Ausfuhr von Stickereien. Und so wendet sich auch Jacob Rohner dieser ertragreichen Nische zu. Er lässt Baumwollstoffe in breiten Abständen mit kleinen Punkten besticken. Die Arbeiterinnen, die bei dieser rudimentären Stickerei weder etwas zu kontrollieren noch nachzusticken haben, werden alle in die Ferggerei beordert, um die Fäden zwischen den gestickten Punkten zu kappen. Den Heimstickerfamilien bringen die Kriegsaufträge Arbeitstage von 16 bis 18 Stunden, den Exportfirmen beschert das bestickte Verbandsmaterial enorme Gewinne. Als die Entente den lukrativen Handel unterbindet, herrscht erneut Krisenstimmung, doch die Gewinne sind gemacht.
General Guisan
In der Villa Tanner macht schon bald General Guisan seine freundliche Aufwartung. Die Verabschiedung ist fotografisch festgehalten. Während er in der Linken seine Zigarre hält, schüttelt er mit der Rechten die Hände von gewichtigen Männern in dunklen Anzügen. Sein Stab hält sich im Hintergrund, beim Eingang steht ein Diener im weissen Jackett. Die Prinzipalin ist auf den Bildern nicht zu sehen, dafür verfolgt ihre Enkelin Sissy, ein blonder Zopf nach hinten, den anderen keck nach vorne gelegt, die prominente Verabschiedung. Ihre deutschen Verwandten leisten Dienst in der Wehrmacht, der Generalstab weiss Bescheid.
Noch spazieren Hedwig Gesers uniformierten Brüder gutgelaunt über den Feldweg in Niederhalberg. Auf der Wiese blühen die Margeriten. Der erste Schnitt ist noch nicht erfolgt. Vielleicht ist das Bild im Frühling 1940 aufgenommen worden, als die Deutschen die Niederlande, Belgien und Luxemburg angreifen und in der Schweiz die zweite Mobilmachung angeordnet wird. Am 14. Mai 1940 rechnen auch die Schweizer Militärbehörden mit dem Einmarsch der deutschen Truppen. Wer genug Geld hat, fährt mit dem Auto in die Berge. Auch die Gesers werden evakuiert.
80. Geburtstag
Die Prinzipialin hat ein schwaches Herz, ihre Schmerzen therapiert sie in Montecatini Terme, ihr Hausarzt und der Spezialarzt in München haben ihr Ruhe verordnet. Sie fürchtet, ihren achtzigsten Geburtstag nicht mehr zu erleben und macht sich flugs ein Jahr älter, um ihr Jubiläum nicht zu verpassen. 'Gott will es' lautet der Leitspruch, mit dem die Grabesritter ihr Handeln zu legitimieren pflegen. Die Inhaberin der Jacob Rohner AG, Dame vom Heiligen Grab zu Jerusalem, setzt diesem Herrgott, der sie sechs Wochen vor ihrem runden Geburtstag heimholen wird, ihren eigenen starken Willen entgegen: Sie feiert ihren Achtzigsten an ihrem neunundsiebzigsten Geburtstag, und zwar am 3. Mai 1960. Blumen und Gestecke füllen ihr Büro aus. Eine grosse, goldene Achtzig ziert ein baumartiges Blumenarrangement mit Orchideen. Selbst auf der Haselnusstorte sitzt die Jubiläumszahl. Die Jubilarin lässt sich mit ihren Lieblingsblumen, einem knallgelben Teerosenstrauss, fotografieren, die Royal Dutch Airlines KLM hat gelbe Nelken geschickt und die Sockenabteilung rote Rosen.