Textprobe: Kapitel, AUSGEWÄHLTE ANALYSEMODELLE DER INSOLVENZPROGNOSE: A, Insolvenzprognose und ihre Ausprägungen: I, Begriffsbestimmung Insolvenzprognose: Die Insolvenzprognose stellt ein wichtiges Mittel zur potenziellen Bestimmung einer Insolvenz dar. Sie ist in der Hinsicht wichtig für die Gesellschaft, da von einer Unternehmensinsolvenz eine ganze Kette von Gläubigern betroffen ist. Ebenfalls wird mithilfe verschiedener Insolvenzprognosemodelle versucht, zur Entscheidungsfindung - z. B. bei einer Kreditvergabe - beizutragen. Unter Prognose werden in der deutschen betriebswirtschaftlichen Literatur 'bedingte deskriptive Aussagen hypothetischen Charakters über zukünftige Zustände und Ereignisse, wobei diese Aussagen auf Beobachtungen und sachlogische Begründungen gestützt sind' verstanden. Ebenso wurde von WILLE die '(Vorhersage, Vorausschau, Projektion und Projizierung) [als] inhaltsvolle Vorhersage mit eingeschränkter Wahrscheinlichkeit' definiert. Eine Prognose gibt demnach Auskunft über die zukünftige Entwicklung, basierend auf verschiedenen Variablen und Informationen aus der Gegenwart sowie Vergangenheit. Sie unterstellt, dass sich in der zukünftigen Entwicklung dieselben Ursachen wie ex post einstellen. Die Unterstellung einer Kausalität zwischen vergangenheitsbezogenen Ursachen und der zukünftigen Entwicklung eines Unternehmens sieht SCHELLBERG allerdings sehr kritisch und sollte ihm zufolge nicht ohne Weiteres vorgenommen werden. Er ist aber auch der Auffassung, dass Prognosen unausweichlich sind, da sie einen großen Beitrag zur Entscheidungsfindung verschiedener Körperschaften in Deutschland beitragen. So vertritt SCHELLBERG die Auffassung, dass '[.] nicht diskutiert werden [kann], ob Prognosen aufgestellt werden sollen, sondern lediglich, wie möglichst sinnvolle Prognosen zu entwickeln sind'. Er weist somit darauf hin, dass Prognosen nie eine exakte Vorhersage treffen können, da die verschiedenen Variablen bzw. festgelegten Ereignisse zu ungewisse Eintrittswahrscheinlichkeiten besitzen. Abschließend ist festzuhalten, dass die Prognose von Insolvenzen in gewisser Weise und mit Auswahl geeigneter Analyseverfahren, Ereignisse, Kennzahlen bzw. Variablen nur bedingt möglich ist. Eine 100%ige Prognosegenauigkeit ist somit auszuschließen und wäre nur in vollkommen geschlossenen Systemen denkbar. Jedoch kann mithilfe fundierter Insolvenzprognoseverfahren bzw. -modelle eine ungefähre Projektion zum Eintritt einer potenziellen Insolvenz gegeben werden. II, Ausprägungsformen von Insolvenzprognoseverfahren: In der heutigen Wissenschaft ist bereits eine Vielfalt von verschiedenen Insolvenzprognoseverfahren untersucht und entwickelt worden. Die Modelle reichen von informellen bis hin zu formellen Verfahren, welche wiederum in verschiedene Verfahren untergliedert werden. Der Grund, warum es so viele Insolvenzprognoseverfahren gibt, liegt darin, dass bis heute noch kein Verfahren entwickelt worden ist, das eine 100%ige Validierung respektive Eintrittswahrscheinlichkeit einer Insolvenz vorhersagen konnte. Daher ist die Akzeptanz respektive Befürwortung genau eines Verfahrens in der Betriebswirtschaft relativ gering. BEMMAN kritisiert zudem, dass keines der zahlreichen Verfahren als definitiv ungeeignet klassifiziert werden kann, was eine Überflutung von verschiedensten Verfahren in der Literatur zur Folge hat. Um einen besseren Überblick über die verschiedenen Verfahren in Wissenschaft und Praxis zu geben, werden in Abb. A12 die verschiedenen Insolvenzprognoseverfahren dargestellt. Wie in Abb. A12 veranschaulicht, werden die Insolvenzprognoseverfahren in formelle und informelle Verfahren untergliedert. Bei den informellen Verfahren treffen menschliche Experten respektive Kreditentscheider in Form von Intuition und auf Basis von Checklisten, Leitfäden und Verfahrensanweisungen Insolvenzprognosen. Bei den formellen Verfahren werden induktive, parametrische und nicht parametrische, empirisch-statistische sowie strukturelle Verfahren unterschieden. Bei den induktiven Verfahren wird mithilfe von Expertensystemen und Scoringmodellen eine Insolvenzprognose erstellt. Das strukturelle Verfahren basiert auf anleihespreadbasierten und Optionspreismodelle sowie deterministischen und stochastischen Simulationsverfahren. Das nicht parametrisch empirisch-statistische Verfahren benutzt sowohl künstliche neuronale Netze als auch das Entscheidungsbaumverfahren zur Prognose von Insolvenzen. Abschließend sei noch das parametrisch empirisch-statistische Verfahren genannt, welches ebenfalls, neben den künstlichen neuronalen Netzen, Schwerpunkt des nachfolgenden Abschnittes ist und sich der uni- und multivariaten Diskriminanzanalyse zur Insolvenzprognose bedient.