Timo Schrott untersucht in dieser Publikation ein Zurechnungsproblem, das in der strafrechtlichen Aufarbeitung des Einsturzes der Bad Reichenhaller Eissporthalle am 2. Januar 2006 die entscheidende Rolle spielte: Kann sich ein pflichtwidrig Unterlassender zu seiner Entlastung darauf berufen, dass bei seinem pflichtgemäßem Handeln möglicherweise ein anderer den Erfolg verursacht hätte?In arbeitsteiligen Strukturen bringt dieses Problem das strafrechtliche Zurechnungssystem an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit. Während der BGH nach dem Zweifelsgrundsatz freispricht, empfinden einflussreiche Autoren eine Entlastung als unerträglich und rechnen den Erfolg zu.In einer rechtsphilosophischen Einführung stellt der Autor die heute in der Wissenschaftstheorie vorherrschende, auf Naturgesetzen basierende Kausalitätsfeststellung hermeneutischen Ansätzen gegenüber.Im rechtsdogmatischen Kernteil entwickelt er nach Aufarbeitung der Diskussion in Rechtsprechung und Literatur eine eigene Lösung. Die entscheidende Herausforderung sieht er darin, eine vorhersehbare, tatsachenbasierte Zurechnung zu ermöglichen. Er entwickelt Zurechnungskriterien, die den notwendigen Bezug zum konkreten Tatgeschehen wahren und ausufernde hypothetische Erwägungen vermeiden.In einer abschließenden Studie untersucht der Autor das Zurechnungsproblem im Kontext von Compliance-Systemen und erweitert so die bislang sehr auf die Garantenstellung des Compliance-Officers konzentrierte Diskussion.
Reihe
Thesis
Dissertationsschrift
2013
Universität München
Sprache
Verlagsort
Produkt-Hinweis
Broschur/Paperback
Klebebindung
Maße
Höhe: 23.3 cm
Breite: 15.7 cm
Gewicht
ISBN-13
978-3-428-14301-6 (9783428143016)
Schweitzer Klassifikation
Timo Schrott studierte Rechtswissenschaften an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Nach Abschluss der Ersten Juristischen Staatsprüfung 2011 arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Strafrecht, Strafprozessrecht, Rechtsphilosophie und Rechtssoziologie von Professor Dr. Ulrich Schroth. Seine strafrechtsdogmatische Dissertation mit rechtsphilosophischen und wirtschaftsstrafrechtlichen Bezügen schloss er 2013 unter Begutachtung von Professor Schroth und Professor Dr. Dr. h.c. mult. Claus Roxin ab. Derzeit ist er als Referendar am Kammergericht Berlin tätig.
A. Erfolgszurechnung bei drittvermittelten Rettungsgeschehen als Belastungsprobe empirischer KausalitätsfeststellungPraktische Annäherung an das Problem: Der Eissporthallen-Fall - Begriffsklärungen - Untersuchungsbedarf - Eingrenzung des Untersuchungsgegenstands - Gang der UntersuchungB. Wissenschaftstheoretische und strafrechtsdogmatische Grundfragen zur Kausalität der UnterlassungDie Kausalität und ihre Feststellung - Die Erfolgszurechnung im Bereich der UnterlassungsdelikteC. Erfolgszurechnung bei drittvermittelten Rettungsgeschehen: Diskussion in Literatur und RechtsprechungDas Zurechnungsproblem und seine Praxisrelevanz - Die Lösung der Rechtsprechung - Kritik in der Literatur - Überprüfung und eigene Kritik - Alternative Lösungsansätze in der LiteraturD. Entwicklung eines eigenen ZurechnungsmodellsVersuch der Lösung über bekannte dogmatische Figuren - Grundstruktur des Zurechnungsmodells - Ausgestaltung des Zurechnungsmodells - Überprüfung des Zurechnungsmodells anhand der höchstrichterlichen RechtsprechungE. Anwendung des Lösungskonzepts auf ausgewählte Zurechnungsprobleme im Rahmen von Compliance-SystemenEinführung - Fallkonstellationen - Anwendung des Lösungsmodells - ErgebnisF. Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse und AusblickLiteraturverzeichnisSachwortverzeichnis