Chlamydia trachomatis (C. trachomatis) ist ein obligat intrazelluläres Bakterium, das die häufigste sexuell übertragene bakterielle Infektion des Menschen weltweit verursacht. Wenn solche Infektionen unentdeckt bleiben, können sie bei Frauen schwere genitale Erkrankungen auslösen, die im schlimmsten Fall zu Unfruchtbarkeit führen. Aus ethischen Gründen sind Studien an Menschen nur beschränkt möglich, weshalb Mausmodelle zur Untersuchung von Chlamydien-Infektionen verwendet werden können. C. trachomatis und C. muridarum sind sich genetisch sehr ähnlich, weisen ca. 90 % Orthologie des Gengehalts auf und gehören der selben Gattung an. Da humane C. trachomatis- und murine C. muridarum-Infektionen klinisch ähnlich verlaufen, eignet sich das Progesteron-abhängige C. muridarum-Mausmodell als Modellsystem für humane C. trachomatis-Infektionen. Bei Mäusen wie bei Menschen steigen die Chlamydien nach vaginaler Infektion über Zervix, Uterus und Tuben bis zu den Ovarien auf. Dort verursachen sie beim Menschen Verklebungen an den Tuben und bei Mäusen Hydrosalpingen, die aus serösen Einschlüssen bestehen. Beide Pathologievarianten lösen bei den jeweiligen Individuen im schlimmsten Fall eine Infertilität aus. Die Umgebungsbedingungen sind maßgeblich für die Entstehung und Progression von Entzündungen, weshalb das hypoxische Niveau des Genitaltrakts bei Chlamydien-Infektionen eine wichtige Rolle spielt. Hypoxische Reaktionen in Gewebe und Zellen werden unter anderem durch Transkriptionsfaktoren wie den Hypoxie-Induzierbaren-Faktor- (HIF-) 1a vermittelt, der nach Aktivierung über metabolische Veränderungen und zelluläre Anpassungen in die Immunantwort des Wirts eingreift. Es wurde ein etabliertes, Progesteron-abhängiges C57BL/6-Mausmodell durch ein HIF 1a-Knockout-Mausmodell erweitert. Die Deletion von HIF 1a bezog sich auf myeloide Zellen und die Mäuse besaßen einen C57BL/6 Hintergrund. Mittels dieses Mausmodells wurde der Einfluss von HIF 1a auf die vaginale C. muridarum-Besiedlung, die Entstehung von Ovarialpathologien und die Immunantwort auf vaginale C. muridarum-Infektionen untersucht.
Nach vaginaler C. muridarum-Infektion war zu Beginn der akuten Infektion bei den HIF 1a / -Mäusen eine geringere vaginale Chlamydien-Last im Vergleich zu den Wildtyp- (WT)-Tieren sichtbar. Dies wurde mittels Wiederanzuchtassays der vaginal abgestrichenen infektiösen C. muridarum-Einheiten ermittelt. Durchflusszytometrisch wurde die Menge der lokalen Immunzellen im Uterus der Mauslinien ermittelt. Dabei konnten Unterschiede zwischen den Genotypen ohne statistische Signifikanz in der Menge der Makrophagen, Granulozyten, CD4+- und CD8+-T-Zellen gezeigt werden. In Form von makroskopisch und mikroskopisch sichtbaren Hydrosalpingen beschleunigte das Fehlen von HIF 1a die Entwicklung von Pathologien an Tag 21 p. i. signifikant bei den HIF 1a-/--Mäusen im Vergleich zu den WT-Kontrollen. An Tag 43 p. i. nivellierte sich dieser Unterschied zwischen den Genotypen. Nach Messung der C. muridarum-spezifischen Serum-IgG-Titer mittels ELISA war ein signifikanter Unterschied zwischen den Mauslinien an Tag 21 und 43 p. i. sichtbar, der in einer Verringerung der IgG-Level bei den HIF 1a / -Mäusen im Vergleich zu den WT-Tieren bestand. Die Zusammenhänge zwischen vaginaler Chlamydien-Besiedlung, den zellulären Veränderungen des lokalen Immunsystems, der Entwicklung von Ovarialpathologien und der systemischen C. muridarum-spezifischen IgG-Antikörperbildung mit HIF 1a werden in der vorliegenden Arbeit diskutiert und interpretiert.
Zusammenfassend hat HIF 1a einen signifikanten Einfluss auf die Entwicklung von Ovarialpathologien nach Chlamydien-Infektionen und auf die Entstehung von C. muridarum-spezifischem IgG im Blutserum. Dies ist möglicherweise auf eine Kompensation einer eingeschränkten Funktionalität von HIF 1a defizienten Immunzellen durch eine Erhöhung der Menge von Makrophagen und Granulozyten im Uterus zurückzuführen. Im Weiteren könnte diese Zellerhöhung zu einer vermehrten Gewebszell-Proliferation geführt haben, die signifikant steigernd auf die Entwicklung von Ovarialpathologien bei den HIF 1a / -Mäusen wirkte. Die signifikante Verringerung der C. muridarum-spezifischen IgG-Antwort im Vergleich zu den WT-Kontrolltieren kam womöglich dosisabhängig zustande, da durch das Fehlen von HIF 1a geringere Chlamydien-Infektionen bei den Knockout-Tieren vorherrschten und sie daher möglicherweise geringere IgG-Antworten ausbildeten als die WT-Kontrolltiere. Klinisch ist vor allem interessant, dass die Stärke der Chlamydien-Infektion und die Verweildauer der Chlamydien im Genitaltrakt der Mäuse einen Einfluss auf die Ausbildung von Pathologien besitzen könnten. Womöglich könnte die Pathologieentwicklung durch die Ausprägung der innaten und adaptiven Immunantworten der Mäuse bedingt gewesen sein.
Reihe
Thesis
Dissertationsschrift
2023
Justus-Liebig-Universität Gießen
Sprache
Verlagsort
Maße
Höhe: 21 cm
Breite: 14.8 cm
Gewicht
ISBN-13
978-3-8359-7099-1 (9783835970991)
Schweitzer Klassifikation