Inhaltsverzeichnis:
Einleitung
1.Der Nobelpreis: Zeit der Ehrung - - Zeit der Schmähung
2.Erinnerung als Provokation
3.Vom Nonkonformisten zum Politikbesessenen
4.Vom politischen Allerlei zum Weltphilosophen
5.Die »"Gruppe 47«" und das Treffen in Telgte
6.Mit Orwell zu Apokalypse
7.Das weite Feld der deutschen Einheit
8.Die schrägläufige Erinnerung
9.Erinnerungen und Provokationen zum Abschied
Nachwort
Anhang
Dank
Endnoten
Literaturauswahl
Zeittafel
Personenverzeichnis
Abbildungsnachweis
Tränen der Freude und Zornesröte
Als am 30. September 1999 die Öffentlichkeit davon erfuhr, dass der neue Literaturnobelpreisträger Günter Grass heißen würde, was nicht völlig überraschend kam, wenn es denn abermals ein Deutscher werden würde, telegrafierte der Nobelpreisträger von 1988, der Kolumbianer Gabriel Garcia Márquez (1927-2014), dem wir den Weltbestseller Die Liebe in Zeiten der Cholera verdanken, an Günter Grass: ». eines habe ich Dir voraus: Ich weiß, was jetzt auf Dich zukommt .. Und damit traf er den Nagel auf den Kopf. Obwohl der nun auserkorene Preisträger bereits zuvor mehr Ehrungen und Schmähungen ertragen musste als seiner empfindlichen »Zwiebelhaut« bekömmlich waren, setzte das nun auf ihn zukommende Feuerwerk neue Maßstäbe. Vielen trieb es Tränen der Freude in die Augen, anderen die Zornesröte ins Gesicht. Nun ist es selten so gewesen, dass mit der Vergabe des Nobelpreises an einen deutschsprachigen Autor, bis heute sind es 13, ungetrübte Freude herrschte. Noch weniger war dies der Fall, wenn es sich dabei, wie bei Grass, um einen deutschen Staatsbürger handelte, der nicht nur als anerkannter Schriftsteller, sondern auch als politischer Mensch Schlagzeilen machte. Der Grund für eine derartige öffentliche Erregung aus Anlass einer Preisverleihung liegt wohl darin, dass mit dieser Vergabe stets auch eine nationale oder kulturpolitische Saite anklingt. Das Nobelpreiskomitee ist bei seiner Wahl stets bestrebt, auch gesellschaftspolitische, humanitäre Akzente zu setzen und dabei den Zeitgeist im Auge zu haben. Sicher gilt dies für den Friedensnobelpreis noch mehr, aber eben auch für seinen Bruder im Geiste - den Literaturnobelpreis. Mit den Worten der beiden vor Grass geehrten Schriftsteller, des Italieners Dario Fo (1926-2016) und des Portugiesen José Saramago (1922-2010) zeichnete die Jury zum dritten Mal einen Schriftsteller in Folge aus, »der sich, allen Winkelzügen des Zeitgeistes zum Trotz, immer auch als Gesellschaftskritiker verstanden hat, als Widerspruchsgeist, als Nörgler zuweilen und manchmal auch als Nervensäge«.