Einleitung
Die zum Jahresende 2017 teils atemberaubende Wertentwicklung des Bitcoin hat zu einem Wahrnehmungsschub bei den Kryptowährungen in Deutschland geführt. Die teilweise noch spektakulärere Entwicklung von Ethereum, Litecoin oder Ripple ist dagegen mehr im Hintergrund geblieben. Alles das hat ein Phänomen ausgelöst, welches in der Welt der Steuern in dieser ausgeprägten Form in der Bundesrepublik Deutschland noch nicht aufgetreten ist und in seinen Konsequenzen einem gewaltigen Seebeben gleicht.
Hierdurch wurde eine bereits angelaufene steuertektonische Tsunamiwelle ausgelöst. Deren Größe lässt sich ansatzweise aus den Ergebnissen einer Studie aus Januar 2018 ablesen, wonach alleine die Kursgewinne aus Geldanlagen in Bitcoin und anderen Kryptowährungen dem Bund 2017 zusätzliche Steuereinnahmen von 726 Millionen ? einbringen könnten .
Welche Brisanz diese in ihrer Tragweite von den meisten noch gar nicht wahrgenommene rasante Entwicklung auf der Ebene der Finanzverwaltung hat, ist selbst den meisten davon unmittelbar Betroffenen - also den Finanzämtern und den Steuerpflichtigen - wenn überhaupt, so nur am Rande bewusst.
In Indien ist derweil der Handlungsbedarf schon aufgefallen. Dort wurden laut einer Meldung vom 21.01.2018 jetzt Zehntausende Anleger zur Nacherklärung von Kryptowährungsgewinnen durch die Finanzämter aufgefordert. Immerhin gibt es dort dafür schon spezielle Fragebögen .
Aktueller Handlungsbedarf und Inhalt des Buches
Wenngleich es hierzulande eine Vielzahl interessierter und kompetenter Internetnutzer gibt, die sich im Zuge des Rekordjahres des Bitcoin mit dem Thema von Kryptowährungen schon beschäftigt haben, wird vielen erfolgreichen privaten Tradern erst mit Beginn des Jahres 2018 allmählich schmerzlich bewusst, dass hier ein unerwünschter und relativ unbekannter Handlungsbedarf gewissermaßen über Nacht erstmals entstanden ist.
Wollen Steuerpflichtige in Deutschland ihre Steuererklärung für das abgelaufene Jahr 2017 mit Erträgen aus Bitcoin und anderen Kryptowährungen erstellen, stoßen sie auf viele neue Fragen, die sich in diesem Zusammenhang ergeben und ohne zusätzliche qualifizierte Informationen nicht sicher beantwortet werden können.
Da bis zum 31. Mai 2018 für viele die Abgabe der jährlichen Einkommensteuererklärung 2017 ansteht, in der dann auch eigene Kryptowährungsgeschäfte angegeben werden müssen, werden die grundlegendsten davon in diesem Buch u.a. verteilt auf die relevanten Steuerarten
Einkommensteuer
Umsatzsteuer
Gewerbesteuer
Schenkungsteuer und
Erbschaftsteuer
anhand zahlreicher einfacher Beispiele und zusätzlicher Erläuterungen der zugehörigen Hintergründe behandelt.
Zudem werden die Folgen skizziert, die drohen, wenn die zum Teil durchaus noch unklaren Anforderungen der Finanzämter nicht, nicht vollständig oder verspätet erfüllt werden und zu welchen empfindlichen Strafen es hier kommen kann.
Zugleich werden Wege aufgezeigt, wie in der Vergangenheit versehentlich noch nicht erklärte Einkünfte nachträglich beim Finanzamt noch bereinigt werden können.
Zusätzlich erhält der Leser in einfacher und verständlicher Form einen angemessenen Überblick über den aktuellen Stand von Gesetzgebung, Verwaltungsanweisungen und Rechtsprechung auf nationaler und internationaler Ebene, soweit dies zur richtigen Einordnung der eigenen steuerlichen Rechte und Pflichten erforderlich ist.
Drohende Nachteile und Risiken für den Steuerpflichtigen
Eine fundierte Einschätzung über den erforderlichen Umgang mit steuerlichen Pflichten ist für den betroffenen Steuerpflichtigen umso wichtiger, als derzeit bei den Finanzämtern über weite Strecken noch niemand als Ansprechpartner für Kryptowährungsfragen zur Verfügung steht.
Spätestens wenn der Steuerpflichtige aber nach eingereichter Steuererklärung wegen ansonsten überzahlter Steuern eine Steuererstattung erwartet, wird die Angelegenheit schon nach wenigen Wochen für beide Seiten ganz offensichtlich auch noch unangenehm:
Für den Steuerpflichtigen, weil seine Steuererklärung mangels ausreichender Vorgaben - und ggf. auch Vorkenntnisse - vom zuständigen Sachbearbeiter nicht abschließend bearbeitet werden kann.
Für den Sachbearbeiter beim Finanzamt, weil er mangels konkreter Vorgaben "von oben" nicht zügig arbeiten kann und den Steuerzahler immer weiter vertrösten muss.
Für ein solches "Vorgabevakuum" hat der Steuerpflichtige mit zunehmendem Zeitablauf immer weniger Verständnis. Das vor allem dann, wenn er die u.U. bereits für Freizeitaktivitäten fest eingeplante Steuererstattung "bis auf Weiteres" noch nicht erhalten kann, weil kein Steuerbescheid ergeht.
Die enorme Gefahr, die von dieser über weite Strecken völlig unausgegorenen und lückenhaften Regelungskonstellation ausgeht, wird jedenfalls für den Steuerpflichtigen in einer weiteren Variante noch viel deutlicher:
Erhält er seinen Steuerbescheid hingegen mit einer erheblichen Nachzahlungsforderung ist das bereits wenig erfreulich. Wird ihm aber zugleich eröffnet, dass zeitgleich ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen ihn wegen vorsätzlicher Steuerhinterziehung eröffnet worden sei, weil die Finanzverwaltung davon ausgehe, er habe erhebliche Teile seiner Krypto-Spekulationsgewinne gar nicht angegeben, ist das Entsetzen groß.
Erst dann wird vollends klar, dass aufgrund von (unvollständig und/oder unverständlich erscheinenden) Angaben und möglichen vom Finanzamt teilweise zusätzlich geschätzten Besteuerungsgrundlagen ein Sachverhalt der Besteuerung vorläufig zugrunde gelegt werden kann, der nachträglich weder in die eine noch in die andere Richtung vollständig beweisbar ist.
Wieso diese Gefahr bei dem Handel mit Kryptowährungen oder deren Erzeugung ("Minen") besonders groß und naheliegend ist und in welcher Form hier Vorsorge betrieben werden kann und muss, wollen wir in einer Gesamtschau ebenfalls darstellen.
Die Besteuerung von Kryptowährungsaktivitäten wird in ihrer Risiko-Tragweite deutlich unterschätzt. Bereits verwirklichte Steuertatbestände müssen in dafür vorgesehenen Steuererklärungen deklariert werden.
Fakt ist: Die Finanzverwaltung sitzt beim Erlass von Steuerbescheiden gegenüber dem Steuerpflichtigen am deutlich längeren Hebel - und zwar unabhängig davon, ob sie bei ihren Entscheidungen auf Grundlage ausreichender Ermächtigungsgrundlagen und Kenntnisse agiert oder lediglich unter Zeitdruck Bescheide auf Basis einer von ihr als richtig erachteten vorläufigen Beurteilung fertigt.
Die große Welle des Steuertsunamis zeichnet sich am Horizont aber bereits deutlich erkennbar ab.
Am Ende könnte sich die Erkenntnis von Michail Gorbatschow erneut bewahrheiten:
"Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben".
Düsseldorf, im März 2018
Die Autoren