Inhalt
Vorwort zur Neuauflage 7
Einleitung 9
Die Regelung der Erbfolge 12
Begriffe und Definitionen 12
Die gesetzliche Erbfolge 21
Wer erbt wie viel? 29
Alleinerbe oder Erbengemeinschaft 53
Der Pflichtteil 70
Die vorweggenommene Erbfolge 83
Stiftungen 88
Der Staat als Erbe 94
Vorsorge und Betreuung 94
Die Gestaltung des Testaments 98
Die Form Ihres Testaments 99
Wie ändern Sie Ihr Testament? 105
Vor- und Nacherbschaft 108
Testamente von Eheleuten und eingetragenen Lebenspartnern 118
Der Erbvertrag 125
Anfechtung eines Testaments 132
Was Sie als Erblasser außerdem bedenken sollten 139
Vollmachten 139
Lebensversicherungen und andere Verträge zugunsten Dritter 143
Ihre Beteiligung an einer Gesellschaft 147
Die Testamentsvollstreckung 152
Gute Gründe für die Einsetzung eines Testamentsvollstreckers 153
Die Formen der Testamentsvollstreckung 161
Das Honorar für den Testamentsvollstrecker 165
Der Fiskus und die Erbschaft 168
Ein kurzer Abriss über Erbschaft und Schenkung 169
Steuerklassen und Freibeträge 170
Die Bewertung des Vermögens 176
Was den Erben alles erwartet 190
Der Erbschein 190
Der Mietvertrag des Verstorbenen 199
Auch Erben müssen haften 202
Ausschlagung der Erbschaft 204
Wenn im Erbfall Auslandsberührung besteht 210
Die Prozesse des Verstorbenen 214
Persönlichkeitsschutz des Toten 216
Zum Abschluss 225
Anhang 226
Muster für Verfügungen von Todes wegen und Beispiele für
einzelne spezielle Regelungen 226
Register 241
Vorwort zur Neuauflage
Die Voraussetzungen sind da: Das Erbrecht ist endlich neu geregelt. Das Erbschaftsteuerrecht wurde bereits im Jahr 2009 neu gefasst. Jetzt sind also endlich nach langen politischen Debatten und höchstrichterlichen Urteilen die Rahmenbedingungen in verlässlichem Zustand. Jetzt können wir Ihnen darstellen, wie Sie mit Ihrem Vermögen umgehen sollten, wenn Sie an die "Zeit danach" denken. Denn das müssen Sie selbst tun oder Sie lassen sich beraten. Aber Ihr Impuls ist die Voraussetzung.
Wir wollen es Ihnen leicht machen. Diese neue und aktuelle Ausgabe des WISO-Ratgebers Erben und Vererben will es Ihnen ermöglichen, selbstständig zu handeln oder die Vorschläge von Dritten auf ihre Substanz und Qualität überprüfen zu können.
Die 2009 beschlossene Reform der Erbschaftsteuer hat nach langem Hin und Her einiges geklärt und ist generell für Erblasser und die Erben sicherlich vorteilhaft. Jedoch wurde das zu vererbende Immobilienvermögen schlechter gestellt. Häuser, Wohnungen oder Grundstücke müssen - weil das Bundesverfassungsgericht eingegriffen hatte - anders als zuvor, zu ihrem vollen Wert versteuert werden. Das ist nicht unbedingt ein Vorteil, wenn ein Erbe fast ausschließlich aus Haus und Grund besteht - aber dies ist nun einmal geltendes Recht.
Die Kernpunkte der wesentlichen Änderungen des Erbrechts, die teilweise seit dem Sommer 2009, teilweise seit dem 1. Januar 2010 gelten sind: Die Pflege von Eltern und Großeltern wird im Erbrecht nun besser berücksichtigt, bei Schenkungen werden Pflichtteilsberechtigte besser geschützt und die Gründe für eine Entziehung des Pflichtteils wurden mehr der Lebenswirklichkeit angepasst und vereinheitlicht. Die Verjährung familien- und erbrechtlicher Ansprüche wurde - mit wenigen Ausnahmen - auf drei Jahre festgelegt und es wurden die Tarife für die Erbschaftsteuer wieder verbessert.
Wir können und wollen Ihnen hier keine so genannten Tricks verraten, mit denen sich gesetzliche Tatbestände umgehen ließen. Aber wir wollen Ihnen helfen, angesichts der aktuellen Regelungen das für Sie Beste herauszufinden.
Erbrecht und Erbschaftsteuerrecht sind nicht einfacher geworden. Doch es geht oftmals um viel Geld. Da lohnt es sich, rechtzeitig die richtigen Weichen zu stellen. Das kann Werte erhalten und Streit zwischen Erben vermeiden helfen.
Wir wünschen Ihnen eine glückliche Hand beim Regeln Ihrer erbrechtlichen Angelegenheiten.
Michael Opoczynski
Jürgen E. Leske
Einleitung
Es geht um richtig viel Geld. Um Summen in Größenordnungen, mit denen man marode Staaten sanieren könnte. Waren es Anfang unseres Jahrtausends noch etwa 60 Milliarden Euro, die jährlich über Erbschaften die Eigentümer wechselten, so stieg das Volumen auf inzwischen etwa 150 Milliarden Euro: Jährlich! Allein in Deutschland! Eine schwer fassbare Größe.
Das sind mächtige Zahlen. Umso erstaunlicher ist der Befund, dass diejenigen, die solche Vermögensmassen hinterlassen (können), die Deutschen nämlich, sich kaum darum scheren, was aus ihrem Vermögen später einmal werden soll.
Sicher: Vererben hat mit dem Tod zu tun, und über den spricht keiner gern, erst recht nicht über den eigenen. Das mag eine Begründung für diese Vogel-Strauß-Politik sein. Merkwürdigerweise haben sich aber die Vermögenden in früheren Zeiten stärker um die Frage gekümmert, was nach ihrem Tod aus ihrem Lebenswerk wird. Das hing vielleicht damit zusammen, dass sich Vermögen auf eine dünnere Schicht der Bevölkerung konzentrierte, und das über Jahrhunderte hinweg. Es bildete sich im Bürgertum - und beim Adel ohnehin - eine Kultur des Denkens in Generationen aus. Man arbeitete nicht für hier und heute, sondern für die Familie, für die Kinder, die Nachkommen überhaupt, für den Stand, den Clan. Der Adel ging noch weiter: Er dachte dynastisch.
An der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert wuchs der Club der Wohlhabenden, die Gründerzeit entwickelte eine Schicht vermögender Menschen, die ihren Wohlstand auch zeigten. Die schönsten Teile unserer heutigen Städte sind meist diejenigen, die zu dieser Zeit gebaut wurden.
Das Gros dieser Wohlhabenden aber lebte durchaus nicht besonders aufwändig. Man hielt "sein Sach' z'sammen". Die Rentiers und Privatiers, deren Grabsteine wir auf alten Friedhöfen finden, pflegten alles in allem einen eher bescheidenen Lebensstil. Oft waren es Tüftler, die genau überlegten, wie sie ihr Geld rentabel und wertbeständig anlegen konnten, damit die Familie noch in Generationen davon zehrten konnte.
So ist es kein Zufall, dass unser Erbrecht, wie wir es heute vorfinden, just in dieser Zeit formuliert wurde. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB), das unser Erbrecht enthält, stammt aus dem Jahre 1896 und wurde in den Jahrzehnten davor ausgearbeitet und ausführlich diskutiert. Es ist ein außerordentlich kunstvolles Gesetz, insbesondere der Teil über das Erbrecht. Im Wesentlichen basiert er übrigens auf dem römischen Erbrecht, das auch und gerade auf diesem Gebiet vorbildlich war.
Wir hatten in Deutschland seit dem Zweiten Weltkrieg glückliche Jahre des Friedens, über ein halbes Jahrhundert - länger als jede andere Friedensperiode in unserer Geschichte. Frieden schafft Wirtschaftskraft, das zeigen die Beispiele Deutschland und Europa auf überzeugende Weise. Es hat sich ein nie gekannter Wohlstand entwickelt, diesmal durch alle Schichten der Bevölkerung hindurch.
Aber: Der Sinn für das Vermögen, geschweige denn eine Kultur des Eigentums ist nicht in gleichem Maße gewachsen. Es scheint fast so, als ob das Denken "nach mir die Sintflut" das Motto unserer Zeit wäre.
An diesem Punkt haben wir alle ein wenig Nachholbedarf. Denn es sollte keinem egal sein, was die Zukunft bringt. Man pflegt die Dinge anders, wenn sie auch für Erben gedacht sind, man baut ein Haus anders, in dem auch die Enkel leben sollen.
Die Grundlage für die eigenverantwortliche Gestaltung der eigenen Belange auch im Hinblick auf die nächsten Generationen ist bei uns vorhanden: Es gibt bedeutende Vermögen, und wir haben ein hochdifferenziertes Erbrecht, das alle Möglichkeiten der Gestaltung bietet. Wir sollten uns allerdings auch gelegentlich damit beschäftigen. Tun wir das nicht, dann passiert mit unserem Vermögen das, was das Gesetz für den Notfall vorsieht. Und dieser Notfall ist konstruiert aus der Sicht eines konservativ-patriarchalischen Staates wilhelminischer Zeit: Es tritt die gesetzliche Erbfolge ein. Bei Lichte betrachtet wird das nicht jedem Erblasser recht sein. Viele Rechtsfolgen könnten anders und zeitgemäßer eintreten, wenn wir dies nur wollten. Die Möglichkeit dazu haben wir: Das Gesetz lässt uns Gestaltungsfreiheit - so liberal ist es. Machen Sie davon Gebrauch zum eigenen Nutzen und zum Nutzen Ihrer Umgebung.
Und noch eines: Zu einer Kultur des Über-die-eigene-Lebenszeit-hinaus-Denkens gehört nicht allein die Information - die liefert dieser Ratgeber. Es braucht auch einen freien, erhobenen Kopf, eine positive Einstellung zum Leben. Alles zusammen bietet eine gute Grundlage, um die Zukunft zu planen.
Ziehen Sie Bilanz - wirtschaftlich wie familienplanerisch. Ergründen Sie, was Ihre Eltern und Großeltern geschaffen haben und wie sich das auf Ihre Familie auswirkt und in Zukunft auswirken soll. Planen Sie ein Gesamtkunstwerk, in dem Ihr Lebenspartner ebenso seinen Platz findet wie die nächsten Generationen. Wer fest mit beiden Beinen auf dem Boden steht, hat den Kopf frei für kühne Konzepte. Mit kühlem Kopf und heißem Herz - das ist die richtige Temperaturverteilung, damit ein großer Wurf gelingt!