ICH LIEBE DIE SANFTMUT...
Ich liebe die Sanftmut, und trete ich über die Schwelle einer Einsamkeit, öffne ich die Augen und lasse sie überlaufen von der Süße ihres Friedens.Ich liebe die Sanftmut über allen Dingen dieser Welt.Ich finde in der Beruhigung der Dinge ein großes und ein stummes Lied. Die Augen zum Himmel wendend, gewahre ich im Erschauern der Wolken, im Vogel, der vorüberzieht, und im Wind die große Süße der Sanftmut.AUS MEINEM STUDENTENLEBEN (1)
Glocken, Glocken. Es läuten Glocken, und alle Klänge bewohnen die Luft. Glocken, Glocken. In der Ferne die Noten im wimmernden Vibrato des Schmerzes ...Die Tage - dahin! Es kommt ein Morgen.Es vergeht ein Morgen ohne Licht noch Laut!Ach des Menschen leuchtende Schimären!Ach die Genüsse, die man uns immer nur verspricht!Morgen, morgen! Die müden Augen, sie sindseit langer Zeit geschlossenund naß und traurig von soviel Warten!Laßt ab, die fernen Glocken zu läuten!(Die Tage gehen dahin wie die Glockenin ihrem Geläut. Dann hören sie auf zu läuten.)DER WUNSCH FORTZUGEHEN
Die Sonne steigt ein durch mein Fenster, hat alles fröhlich erleuchtet. Ein Hund bellt, und ein Vogel entlockt seiner Stimme ein mächtiges Trillern.Auf dem Rücken liege ich in meinem Bett und weiß nicht, warum ich die weite Welt anbeten möchte, mich im Dunst der Seen verlieren, mich mit dem Licht der Freude blenden.Mit einem Lied zu wandern über wilde Wege, die milden Nachmittage im Gefühl, und das Herz entbrennt in der himmlischen Flamme der Liebe, die am Wegrand glüht .REBELLION
Ausgepeitscht vom Regen und vom Wind richten die Pappeln sich auf und klagen wild, stehen am schwarzen Firmament und sind mit zottiger Mähne aus grünem Astwerk ein Schild.Doch bald sind sie müde, das Unerreichbare zu wollen,nur einmal noch zeigt Rebellion ihre Statur,wenn sie an dem verzweifeln, was sie sollen,und in ihrem Wunsch nach Größe zeigt sich die Natur.Der Kampf ist wild und gilt allen Gewalten, und in Schönheit können sie ihre Größe halten, die allen gehört, die eine Rebellion erhebt.Doch immer wird man sich zu den Besiegten zählen, und mit bösem Zischen wird der Wind sie quälen, der Sieger, unter dessen Hand der fügsame Ast erbebt.DER EINSAME
Schulhof du, der Sonne ausgesetzter Ort,von Hütten umstellt mit bemoosten Wänden;im gelben Laub die Pappel dort,ohne Ende der Gang, den Rosenstock in Händen.Die Zeit ist ein launischer Wechsler, verkleidet mit irren Kostümen, mit denen sie uns streichelt. Sie gibt uns Trauer, wenn sie die Dinge meidet, aber es ist eine Tristesse, die uns schmeichelt.Die Pappel erhebt sich hochmütig und stolz, in goldenen Wellen zeigt sich ihr schönes Holz, trauernd kann sie so sanft mit den Dingen kosen.Mit Geringschätzung sieht sie, was am Boden ist. Verachtet blicklos den Rosenstock, der sich an ihr mißt, den geheiligten Duft der letzten Rosen .AUS MEINEM STUDENTENLEBEN (2)
Ich habe zu einem Buch gegriffen, es weggelegt. Gegen meine Wünsche kann ich nicht studieren. In der stillen Nacht ist in mir der Wunsch erwacht, der hat mich angestiftet auszugehen.Ich will singend durch eine Gasse streifen, es ist der Kehrreim eines alten Liedes. Ich will die alten Schmerzen wecken, und so werden meine Füße weiter wandern.Durch alle fernen Straßen will ich gehen, durch die Scheiben eines Fensters sehen, vor Augen den grauen aschfarbenen Himmel.Der lachende Mond gäbe mir sein Licht,die alten Schmerzen kehrten wieder, dochich spürte nur die Freude des immer weiter Wanderns.DAS SCHMERZHAFTE WARTEN
Nicht gekommen ist die Geliebte, nie wird sie kommen, nie ihre Hände reichen.Am Tage ihrer Ankunft wird alles blühen wie noch nie, die Sanftmut wird der Trauer weichen ...Ausgelöscht sind dann die Schmerzen dieser Nacht. Damit der Mond sich dem vollkommnen Berg vermähle. Die verzückten Augen kommen nicht los von dieser Pracht in einer Kommunion von Geist und Seele.Nicht gekommen ist die Geliebte, nie wird siekommen, doch ist sie auf dem Weg, und niewar meine Freude anders als ein Gramm an Hoffnung mehr.Sind wir über alle Zweifel und Befürchtungen erhaben, und können wir die Wunde alter Schmerzen nicht ertragen, so wird das Herz vom Warten auf die Liebe niemals leer.SEIT DU GEGANGEN BIST
Seit du gegangen bist, spür ich die Bitterkeit, die unendliche, dir so viel nicht gesagt zu haben, verschwiegen hab ich Märtyrer die sanfte Zärtlichkeit, die ich versteckte, wie Rosen sich ins Dunkel graben,und nicht gesagt hab ich der Worte duftenden Hauch,die ich im Munde trug, sie hegte unverdrossen;auf die ich wartete und trug sie doch mit Feuer auch,und die stets zu Eis wurden, wenn sich die Lippen schlossen.Jetzt da du gegangen bist, leide ich tief in der Brust, daß ich dir verschwieg des Füllhorns süße Lust, die nur für dich, mein Lieb, erblühte .Doch weiß ich, kämst du eines Tages wiederund ich suchte nach den Worten meiner Liebeslieder,bewirkte Bitternis, daß ich mich umsonst nur mühte.
21. Juli 1919DER DICHTER, DER WEDER BÜRGER NOCH DEMÜTIG IST
Ein Jüngling von kaum fünfzehn Jahr,schreibt Verse, darin die Bitternis pulsiert,er hat vom Salz der Enttäuschung gegessen immerdar,indes ein anderer in Liebe groß stolziert.Er hat im Bestiarium des Lebens Unvernunft gesehen, wo die Natur ihre Instinkte abgerichtet hat, und er bat, die Ideale sollten sie ihm lassen stehen, die so vollkommen sind und schön wie der Tag;und durchs Leben zieht er und trägt Trauer.(Die Menschheit wurd aus ihm nicht schlauerund sah nicht, daß er ein Dichter ist seit er ein Kind).Und er wartet allein auf bessere Tage,den Schmerz zu ertragen in besserer Lage,und er stellt sich vor, sie kommen und eilen geschwind.