Edgeworker

(Ausschnitt aus Kapitel 3: Den kulturellen Kontext zu verändern, bedeutet, eine parallele Kultur zu entwickeln)

Um etwas zu verändern, ist es notwendig, erst etwas Neues zu erschaffen, welches das Alte überflüssig macht. Gleiches gilt für das Erzeugen eines neuen Kontextes. Es ist entscheidend, durch einen neuen Kontext eine neue Kultur zumindest in Ansätzen zu entwickeln, um den gewohnten kulturellen Kontext überflüssig zu machen. Doch wer sollte dies freiwillig tun und wie soll das möglich sein?
Genau dies ist die Aufgabe der sogenannten Edgeworker. Edgeworker erzeugen dort, wo sie wirken, durch einen neuen Kontext eine sogenannte parallele Kultur, indem sie zunächst bereit sind, weitaus mehr Verantwortung zu übernehmen als die Masse der im gewöhnlichen Kontext lebenden Menschen. Die Landkarte der parallelen Kulturen macht dies deutlich.

Landkarte 2: Parallele Kulturen
Wird die Anzahl der Menschen ins Verhältnis gesetzt zu dem Grad der Verantwortung, den sie übernehmen, dann ergibt sich rein mathematisch eine Normalverteilung nach Gauß - die bekannte Gauß'sche Glockenkurve. Die derzeitige Verteilung in Bezug auf die Verantwortlichkeit wird deutlich anhand einer ganz simplen Frage: Wenn ein Kind Unordnung oder Chaos erzeugt, wer räumt es normalerweise auf? Es sind die Erwachsenen. Übertragen Sie nun diese Frage auf die globale Ebene: Welches Chaos wird durch Menschen auf der Erde und in der Wirtschaft bzw. den Unternehmen erzeugt, ohne darüber nachzudenken, wer es später einmal aufräumt? Hier einige Beispiele: Abholzung der Regenwälder, Genmanipulation, Atommüll, ein Plastikteppich im Pazifik in der Größe des US Bundesstaates Texas und verseuchte Gebiete durch den Einsatz von Uranwaffen etc. Beispiele für Chaos in Unternehmen wären u. a. korruptes Management, Manipulation durch Machtausübung, hohe Krankheitsraten, Mobbing, steigende Burnout-Zahlen etc. Wer räumt es auf? Ein weiteres Beispiel ist das Arbeitssystem von abhängiger Arbeit an sich. In diesem Konzept übertragen die Menschen ihre Verantwortung einem Unternehmen und Vater Staat (Arbeitslosenversicherung) in der Hoffnung, dass beide im Notfall für sie sorgen werden.
Anhand dieser Grafik wird es deutlich, dass sich die Masse der Gesellschaft und die Masse der Manager auf dem Verantwortungsgrad eines Kindes bewegen, welcher unterhalb des Verantwortungsgrades eines Erwachsenen liegt. Wen wundert es da, dass die Wirtschaft und die Unternehmen kranken? Ein Großteil der Manager würde an dieser Stelle höchstwahrscheinlich widersprechen und sagen, dass sie bereits einen hohen Grad an Verantwortung übernehmen. Schließlich beinhaltet die Übernahme der Manager-Position doch Verantwortung. In Bezug auf Verantwortung gibt es jedoch unterschiedliche Sichtweisen, wie die Landkarte der Verantwortung - Alte & Neue Sicht zeigt.

Landkarte 3: Verantwortung - Alte und neue Sicht
Vielfach wird Verantwortung als Last, Bürde, Pflicht und Übernahme von Schuld empfunden. Verantwortung wird meist mit der Vergangenheit verknüpft, zumal in letzter Instanz die Manager ihren Kopf hinhalten müssen, wenn etwas schief geht. Verantwortung erscheint daher nicht sehr attraktiv. Diese Sichtweise erzeugt ein Umfeld, in dem Fehler auf allen Ebenen nach Möglichkeit vermieden werden sollten, was jedoch Innovation und Entwicklung verhindern kann.
Eine neue Perspektive in Bezug auf Verantwortung beinhaltet, dass Verantwortung eine Chance und eine Belohnung darstellt und die Möglichkeit birgt, sich in den Dienst zu stellen und Dinge kreativ zu gestalten. In dieser neuen Sicht sind Freiheit und Verantwortung direkt miteinander verbunden, während in der zuvor beschriebenen Perspektive Freiheit und Verantwortung Gegensätze sind.
Es ist höchste Zeit für einen Wandel. Was gebraucht wird, sind Edgeworker, die bereit sind, einen höheren Grad an Verantwortung zu übernehmen; nicht nur einen höheren Grad, sondern sogar einen radikalen Grad an Verantwortung. Radikale Verantwortung bedeutet, dass sich der Edgeworker entscheidet, kein Opfer der Umstände zu sein, sondern vielmehr Verursacher der Umstände, die er in seinem Wirkungskreis vorfindet. Er nimmt eine völlig andere Haltung ein. Wenn Sie radikale Verantwortung für alles übernehmen, was Sie in Ihrem Leben vorfinden, erhalten Sie gleichzeitig auch die Möglichkeit und Kraft, diese Umstände zu verändern, vorausgesetzt Sie nehmen die genannte, neue Perspektive ein. Radikale Verantwortung zu übernehmen, bedeutet nicht, die Schuld für alles zu übernehmen, sondern es hat mit der inneren Haltung zu tun, die Opferposition bewusst zu verlassen. Radikale Verantwortung lässt somit keine Hintertürchen offen oder die üblichen Ausreden oder Rechtfertigungen zu. Wie auf der Landkarte der Parallelen Kulturen zu sehen ist, sind die Edgeworker damit definitiv eine Minderheit und bewegen sich am Rand der Gesellschaft.
Dadurch, dass sie radikale Verantwortung für sich selbst und das, was sie in ihrem Wirkungskreis vorfinden, übernehmen, handeln Edgeworker anders als die Masse der Gesellschaft. Gleichzeitig ermutigen sie durch ihr Agieren weitere Personen, auf eine andere Art und Weise zu handeln. Sie erzeugen dadurch eine parallele Kultur und sind damit sogenannte Kultur-Kreative. Sie nutzen ihre Verantwortlichkeit, um aus dem gewöhnlichen Mainstream-Verhalten der gegenwärtigen Kultur auszubrechen und nachhaltige, neue Resultate zu erzielen. Sie sind bereit, mit gesellschaftlichen Normen oder Regeln zu brechen, wenn diese nachhaltige Resultate verhindern. Edgeworker ecken dadurch unter Umständen öfter einmal an, da sie Missstände aufzeigen und bereit sind, die Realität neu zu erfinden. Edgeworker können somit als Piraten der Neuzeit bezeichnet werden (Anmerkung der Autorinnen: mit dem Wort Pirat ist keinerlei Verbindung zur sogenannten Piratenpartei in Deutschland gemeint. Pirat wird hier vielmehr im ursprünglichen Sinne gebraucht, um eine Person zu beschreiben, die bereit ist, Regeln zu brechen und über Begrenzungen hinaus zu gehen. Vielleicht hilft Ihnen die Verlinkung zu Captain Jack Sparrow, dem Piraten aus dem Film "Fluch der Karibik".).
Es gibt sie bereits, die Piraten der Neuzeit, die wahren Edgeworker. Bei diesen Menschen handelt es sich nicht zwangsläufig um Personen, die Topmanager sind und die Hierarchieleiter erklommen haben. Sie kümmern sich nicht um Strukturen. Edgeworker haben eine Vision und sind daran interessiert, neue Resultate zu erzielen, um Entwicklung und Evolution voranzutreiben.
Doch wie erzielen Sie neue Resultate? Wie bereits erwähnt, erzielen Sie neue Resultate, indem Sie mit Hilfe von neuen mentalen Landkarten einen neuen kulturellen Kontext etablieren. Was bedeutet das konkret? Die Landkarte der neuen Ergebnisse macht dies deutlich.

Landkarte 4: Neue Ergebnisse
Haben Sie jemals versucht, zu neuen Ergebnissen zu kommen ohne Ihr Handeln tatsächlich zu ändern? Fast jeder hat dieses Vorgehen schon probiert. Die Erfahrung zeigt allerdings, dass es nicht funktioniert. Obwohl sie es besser wissen müssten, versuchen die Menschen es jedoch immer wieder. Um es mit den Worten Albert Einsteins zu sagen "Die reinste Form des Wahnsinns ist es, alles beim Alten zu lassen und gleichzeitig zu hoffen, dass sich etwas ändert."
Neue Resultate ergeben sich aus neuen Handlungen. Doch woraus ergeben sich neue Handlungen? Sie resultieren aus bewussten und unbewussten Entscheidungen, die Sie fällen. Wann können Sie neue Entscheidungen treffen? Das ist möglich, sobald Ihnen neue Optionen zur Verfügung stehen. Doch woher genau bekommen Sie neue Optionen? Nun, dafür brauchen Sie neue Perspektiven oder sogenannte neue mentale Landkarten.