Alles hatte damit begonnen, dass ich wider besseres Wissen zu einer von Mayas legendären Singlesilvesterpartys gegangen war; obwohl ich alternativ die Möglichkeit gehabt hätte, den Abend gemütlich mit Fondue und Bleigießen auf dem Sofa einer anderen Freundin zu verbringen. Und dann hatte ich auch noch Mayas blöde Wette verloren, auf die ich mich nur eingelassen hatte, weil ich zu tief ins Glas geschaut hatte.
Es war um die Frage gegangen, was »diametral« bedeutet. Ich hatte steif und fest behauptet, damit sei »durchschnittlich« gemeint - abgeleitet von »Diameter«, dem Kreisdurchmesser. Durchmesser - Durchschnitt. Leider lag ich damit völlig falsch. »Entgegengesetzt« wäre die richtige Antwort gewesen. Nun musste ich wohl oder übel die Rechnung begleichen: Ich durfte Maya einen Männeraktkalender zu Weihnachten schenken.
Ein Kalender voller unverhüllter Tatsachen wäre nicht das Thema gewesen. Ich arbeitete häufig mit nackten Frauen. Das wusste jeder in meinem Bekanntenkreis. Es war sozusagen eines meiner Markenzeichen. Weibliche Modelle waren durchweg unkompliziert, und außerdem durfte man sie zur Not auch mal anfassen, um sie in die richtige Position zu bringen. Aber es musste ja ein Kalender mit nackten Jungs sein!
Aus niederen Rachegelüsten hatte ich mir ursprünglich vorgenommen, Maya einen Aktkalender der Superlative zu fotografieren: Ein schlaffer Couch-Potatoe unattraktiver als der andere.
Leider durchschaute sie meinen Plan und behauptete vehement, wir hätten ausdrücklich um Fotos von dreizehn unterschiedlichen, schnuckeligen, gutaussehenden, trainierten Männern gewettet, die ich noch nie zuvor abgelichtet hatte. Und ich wäre nun mal nicht ich gewesen, wenn ich mich nicht an die Wette und ihre fachgerechte Umsetzung gebunden gefühlt hätte - auch wenn ich die Sache bis jetzt hinausgezögert hatte. So langsam drängte aber die Zeit, denn es war bereits Mitte Oktober und ich hatte noch kein einziges Modell, geschweige denn Foto.