Die Ehe von Klara und Ernst ist am Ende, längst haben sich die Lektorin und der Arzt entfremdet. Doch 1938 ändert sich alles. Die NS-Truppen marschieren in Österreich ein, und Klara will ihren jüdischen Noch-Ehemann nicht im Stich lassen. Für sie, Ernst und die beiden Kinder beginnt ein bitterer Kampf ums Überleben, der sie in die Schweiz und ins von den Nazis besetzte Belgrad führt. Klara beschreibt die Härten dieses Alltags genauso wie die seltenen Momente kleiner Freuden und bewahrt sich dabei einen unbestechlichen Blick auf die politischen und menschlichen Verwerfungen rundum.
Friederike Manners schonungsloser Exilroman ist ein beispielloses Stück Erinnerungsliteratur über eine starke, kämpferische Frau in einer unmenschlichen Zeit.
An Stellas Schule hängt eine riesengroße Hakenkreuzfahne. Wo sie die bloß herhaben - so schnell über Nacht? Und ein Mann mit Hakenkreuzarmbinde davor, ein SA.-Mann! Das ist nun aber schnell gegangen, schneller, als sonst etwas in Österreich zu gehen pflegt; alle Achtung!
Eine Patientin von Ernst kommt des Weges, sieht mich und geht rasch auf die andere Straßenseite; das fängt ja gut an. Ich muß an der Papierhandlung vorbei, der Inhaber schiebt gerade den Rollbalken hoch, dreht sich um und grüßt mit Schwung: »Heil Hitler!« - Und er hat immer so sehr auf die Vaterländischen geschimpft - ich habe geglaubt, er ist ein Roter. Wie kommt es, daß er den Laden schon öffnet - ach ja, er ist in SA.-Verkleidung, und er schmückt das Schaufenster mit Hakenkreuzen!
Rezensionen / Stimmen
»Mag der Roman sich in seinem äußeren Handlungsgang auch am abschüssigen Lebensweg der Autorin und ihrer Familie orientieren, ist er doch weit mehr als nur ein literarisiertes Dokument jener >dunklen Jahre<, nämlich ein Kunstwerk, das in formaler Hinsicht von erstaunlicher ästhetischer Modernität zeugt.« - Karl-Markus Gauß, Süddeutsche Zeitung
»Manner erzählt schonungslos von den Sehnsüchten und der Verzweiflung einer Frau, die um ihre Haltung kämpft zwischen Anpassung und Widerstand, zwischen Treue und Anspruch auf Liebe, und die weiß, dass die >Menschen an ihrem eigenen Untergang arbeiten<, weil sie mitmachen.« - Christa Gürtler, Die Furche
». ein autobiografischer Bericht, der die Grauen dieser Jahre bis ins Innerste erfasst und gleichzeitig einen Weitblick an den Tag legt, der dieses Werk von anderen Exilromanen unterscheidet. Ihr Ton ist, bei aller inhaltlichen Brutalität, poetisch. Und doch glaubt man ihr jedes Wort. . Ein Buch, das jeder lesen sollte, von einer Autorin, die sich dadurch auszeichnet, dass sie die Augen bis zuletzt vor nichts verschlossen hat.« - Katharina Hirschmann, Die Presse/Spektrum
»In diese große Erzählung eingewoben sind Gedichte, einzelne Blätter aus Tagebüchern sowie auch längere Briefe: >Manches schreibt sich leichter, als es sich sagt. Papier errötet nicht.< Das packt, berührt, reißt mit. Wie konnte dieses Buch, obwohl in den 1950ern nochmals aufgelegt, auf Jahre und Jahrzehnte so weithin aus dem Blickfeld verschwinden?« - Michael Omasta, Falter
»Ein berührender, authentischer Bericht vom täglichen Überlebenskampf einer Familie auf der Flucht.« - Birgit Böllinger, Sätze & Schätze
»AVIVA-Tipp: Es ist der edition atelier hoch anzurechnen, dass sie diesen wichtigen, spannenden und atemlosen Roman endlich wieder zugänglich macht. Er reiht sich ein in die großen Exilromane und sticht gleichzeitig hervor durch die Schilderung einer mutigen, kämpferischen und sich selbst treu bleibenden Frau.« - Bärbel Gerdes, Aviva-Berlin
»>Die dunklen Jahre< ist eine Sensation! Mit einer irrsinnig komplexen, vielschichtigen, widersprüchlichen Hauptfigur, die vom tiefen Mitfühlen über Galgenhumor in unbändige Wut wechselt, schildert der Roman die Irrungen und Wirrungen eines Krieges. Vorgetragen ist das Ganze in einer äusserst beeindruckenden und vielfältigen Sprache. Ein Meisterstück eines Romans!« - Nick Lüthi, BookGazette
»Der schonungslose Bericht einer scharfsichtigen, kämpferischen, selbstanklagenden Frau in einer unmenschlichen Zeit ist düster, schwermütig und erschütternd. . Die lange in Vergessenheit geratene, literarisch hochwertige Verarbeitung des Schreckens hätte nun deutlichere Beachtung verdient.« - Anja Wirths, ekz
»Für alle wachen Zeitgenossinnen und Zeitgenossen sollte dieser Lebensbericht eine Pflichtlektüre sein.« - Evelyne Polt-Heinzl im Gespräch mit Julia Philomena Baschiera, Ö1/Leporello
»Eine vergessene Wiener Autorin, ein vergessener großer Roman.« - Peter Pisa, Kurier
»Nicht schweigen können, oder Wienerisch ausgedrückt: nicht die Pappn halten können, ist eine ausgeprägte Eigenschaft der Romanfigur Klara. Sie widerspricht Anhänger_innen der NS-Ideologie, explodiert, wenn sie Zeugin krasser Ungerechtigkeit wird.« - Jenny Legenstein, Augustin
»ein Roman, den man so schnell nicht vergisst.« - Anne Kullmann, Aalener Kulturjournal
»Der Krieg selbst reduziert die Menschen auf ihre Grundinstinkte: Töten und Überleben. Auch das erzählt dieses großartige Stück Literatur .« - Lisa Welzhofer, Stuttgarter Zeitung
»Die Kraft der Schriftstellerin ist erschöpft, als es nach dem Krieg kaum Konsequenzen für die Nazis und ihre Mitläufer gibt. Am 6. Februar 1956 setzt Manner ihrem Leben ein Ende. Für sie mag ihr Roman der Versuch einer Therapie gewesen sein, für uns ist er eine literarische Entdeckung.« - Christine Lang-Blieffert, Hessische/Niedersächsische Allgemeine
»Friederike Manners Roman >Die dunklen Jahre< ist vieles in einem: Roman der Selbstfindung und Selbstbehauptung einer Frau, Roman von Verfolgung, Flucht und Widerstand, Exilroman, Politthriller, Tagebuch einer Mutter, Chronik der laufenden Ereignisse.
Ein Roman auch über das Versäumnis - und die Folgen dieses Versäumnisses -, nicht rechtzeitig für, sondern nur gegen etwas gekämpft zu haben. Also einer über uns und unsere Gegenwart. Einer der besten Romane überhaupt.«
(Erich Hackl)
Autor*in
Friederike Manner (1904-1956 in Wien). Studium an der Universität Wien, verheiratet mit dem Arzt Hans Brauchbar, zwei Kinder. Erste Gedichtveröffentlichung im Februar 1938, kurz vor der Emigration nach Jugoslawien. Nach 1945 arbeitete sie als Literaturkritikerin und Lektorin. 1948 veröffentlichte sie unter dem Pseudonym Martha Florian ihren autobiografischen Roman »Die dunklen Jahre«, der nun erstmals wiederaufgelegt wird. Mit dem Schweigekonsens der Wiederaufbauzeit konnte sie sich nicht abfinden und setzte am 6. Februar 1956 ihrem Leben ein Ende.
Herausgeber*in
Evelyne Polt-Heinzl wurde 2017 mit dem Österreichischen Staatspreis für Literaturkritik ausgezeichnet. Sie ist seit 1990 Mitarbeiterin der Dokumentationsstelle für neuere österreichische Literatur im Literaturhaus Wien.