Ein Sommer in der Normandie, in den 1980er Jahren. Der zehnjährige Erzähler verbringt die Ferien mit seiner Großmutter am Meer. Er ist noch in diesem Zustand der Kindheit, wo man alles intensiv erlebt, wo man noch nicht genau weiß, wer man ist oder wo der eigene Körper beginnt, wo eine Ameiseninvasion der Erklärung eines Kriegs gleichkommt, den man mit all seinen Kräften wird führen müssen. Eines Tages trifft er einen anderen Jungen am Strand, der ihm die Freundschaft anbietet, eine Freundschaft, die auf einem Ungleichgewicht beruht. Denn Baptiste ist ein »richtiger Junge«, hat eine »richtige Familie« - für den Erzähler der Inbegriff eines Glücks, das er dort erstmals findet und das er in jedem Moment wieder zu verlieren fürchtet.
Seine geliebte Großmutter, die den Holocaust überlebte und deren Schtetl-Akzent ihn vor den anderen Familien am Strand mit Scham erfüllt, und seine verhasste »monströse« Tante bedeuten für ihn zugleich widerwillige Geborgenheit und die beständige Gegenwart einer Vergangenheit, deren Trauma auf seinen Schultern liegt.
In so gefühlvoller wie genauer Sprache erzählt Hugo Lindenberg diesen Roman in einer Reihe von Szenen des Sommers, der Stille, des Lichts, der Begegnungen, in einer Stimmung sich dem Ende zuneigender Sommerferien und doch durchzogen von einer Unheimlichkeit und Bewegungslosigkeit, die unter die Haut gehen.
Rezensionen / Stimmen
»Diese zauberhafte, in der Balance gehaltene Prosa erfüllt keine Erwartungen, sie spielt auch nicht mit Erwartungen. Es gibt in diesen wunderbaren Sätzen, diesen dahingleitenden sommerlichen Sätzen überhaupt nichts Pompöses, nichts Konstruiertes. (.) Der Roman ist so fein, so ziseliert, ich muss sagen, wenn man Hugo Lindenberg gelesen hat, merkt man plötzlich, wie parfümiert an manchen Stellen Marguerite Duras oder selbst Marcel Proust sind.« Marko Martin, Deutschlandfunk Kultur
»Ein verstörendes Buch, sehr traurig, aber auch sehr komisch, man spürt den Geist der >Ferien des Monsieur Hulot<. (.) Der Holocaust wird in diesem Buch nicht in seiner Brutalität und Menschenverachtung beschrieben, diese Erfahrungen sind nicht erzählbar, aber die Spuren, die er in den späteren Generationen hinterlässt, tauchen überall auf, in einzelnen Worten, Satzfolgen.« Fritz Göttler, Süddeutsche Zeitung
»Die Kunst Hugo Lindenbergs besteht gerade im Verzicht auf die üblichen Techniken der literarischen Kindheitserinnerung. Kein Zurückblicken, kein Madeleine-Effekt, keine Reflexion. Kindheit wird mit einer solchen Unmittelbarkeit erzählt, dass es einen staunend zurücklässt.« Heike Karen Runge, Jungle World
»An einem Strand in der Normandie trifft ein Waisenjunge sein vor Glück strahlendes Gegenstück. Ein Debütroman von irrwitziger Anmut.« Télérama
»>Eines Tages wird es leer sein< ist das grausame und herzzerreißende, durch die melodiöse Sprache kaum gemilderte Porträt eines Kindes, dem das Recht auf Sorglosigkeit verwehrt wird und für das, wie es in dem Chanson von Mike Brant heißt, >das Glück nicht existiert<, nur eine Illusion ist. Dieses Buch ist mehr als ein Debütroman - es ist ein großer Roman.« Jérôme Garcin, Nouvel Observateur
»Sie sind selten und kostbar, diese Bücher, die so schwer zusammenzufassen sind, aber bei denen man sofort den Saft und das Mark schmeckt, die Originalität und Unverschämtheit. (.) >Eines Tages wird es leer sein< von Hugo Lindenberg gehört zu diesen Werken von einzigartiger Frische.« Thierry Clermont, Le Figaro
Auflage
Sprache
Verlagsort
Maße
Höhe: 207 mm
Breite: 124 mm
Dicke: 18 mm
Gewicht
ISBN-13
978-3-96054-311-4 (9783960543114)
Schweitzer Klassifikation
Autor*in
Hugo Lindenberg, geboren 1978, ist Journalist. »Eines Tages wird es leer sein« ist sein erster Roman, er wurde mit dem Prix Livre Inter, dem Prix Françoise Sagan, dem Prix Le Temps retrouvé und dem Prix littéraire de la ville de Caen ausgezeichnet. Hugo Lindenberg lebt in Paris.
Übersetzung
Lena Müller, geboren 1982 in Berlin, studierte Literarisches Schreiben und Kulturjournalismus in Hildesheim und Erwachsenenbildung in Paris. Sie war Mitherausgeberin der französischsprachigen feministischen Zeitschrift timult und arbeitet als freie Übersetzerin und Autorin. Lena Müller wurde für ihre Übersetzungen von Shumona Sinha und Fiston Mwanza Mujila 2016 und 2017 mit dem Internationalen Literaturpreis ausgezeichnet. 2021 erschien ihr Debütroman »Restlöcher«.