Mit über neunzig will Hagar Shipley nicht wahrhaben, dass ihre Kräfte schwinden, Sohn und Schwiegertochter mit ihrer Pflege überfordert sind. Mit dem letzten Funken Lebenskraft kämpft sie gegen den Umzug in ein Pflegeheim. Während sie mit Marvin und Doris in Konfrontation geht, wird sie mehr und mehr überschwemmt von den Erinnerungen an ihre Kindheit und Jugend, ihre Ehe mit dem Farmer Bram und das Aufwachsen ihrer Söhne. Schonungslos reflektiert sie teils mit Bitterkeit, teils mit Humor, immer aber mit großem Scharfsinn die Höhen und Tiefen ihres Lebens. Dabei bedauert sie vieles, aber bereut nichts. Und bittet weder Gott noch die Menschen um Vergebung.
»Voller Grotesken und auch voll Humor - ein grandios feingestricktes Buch über eine eigentlich unsympathische Frau, die wir am Ende wirklich lieb haben.«
Elke Heidenreich
Rezensionen / Stimmen
Es macht diesen Roman verblüffend modern, wie er mit den Augen einer alten, vergesslichen Frau erzählt von den Zumutungen des körperlichen Verfalls, der Herablassung der Jungen, der künstlichen Freundlichkeit der Profis.
»Laurence arbeitet mit biblischen Motiven und versieht ihren Text gleichzeitig - etwa in den meisterhaften Altersheim- und Krankenhausepisoden - mit einem furiosen Wortwitz. Dass es sich wahrlich lohnt, den Roman zu entdecken, hat auch mit Monika Baarks neuer, sehr frischer Übersetzung zu tun. Die Art und Weise, wie sie Hagar Shipley räsonieren und lamentieren lässt, klingt lange nach.«
Der Klassiker aus Kanada über Selbstbestimmung und die Kraft der Erinnerung macht Mut, auch wenn man noch keine 90 ist.
Margaret Laurence stattet die Welt, wie ihre Erzählerin sie sieht, mit einer Sprache aus, die das Scharfe ihres Verstandes und die Größe ihrer Verachtung für den Rest der Welt beinahe physisch greifbar werden lässt.
Bald berührend, bald komisch untersucht Laurence die Widrigkeiten der Kommunikation innerhalb einer Familie; dabei entblättert sie kunstvoll die zwei Hauptmotive des Romans: dasjenige der Sorge und das der Würde. (.) In der kanadischen Literatur ist Hagar Shipley einzigartig. Im Leben ist sie manchmal schwer zu ertragen, doch als Leser will man sie nicht verlieren.
Meisterlich gelingt es Margaret Laurence, im Besonderen das Universelle aufzuzeigen. Indem sie das Porträt einer außergewöhnlichen Frau zeichnet, beschwört sie zugleich das Wesen des Alters selbst herauf: seine Schmerzen, die Müdigkeit, den Schrecken, die ohnmächtige Wut und körperlichen Beschwerden, die Erkenntnis, dass die Umgebung nur darauf wartet, dass man endlich das Zeitliche segnen möge.
Eine selbstherrliche, wenig friedfertige Neunzigjährige, die schon manches durcheinanderbringt, erinnert sich: Züchtigung, Belehrung und Enterbung durch den Vater, eine sexuell, doch nicht sozial befriedigende Ehe, Schwindeleien, Liebschaften und Unfalltod des Vorzugssohns - alles reell und fasslich, stichhaltig und sinnlich.
Hagars Kraft, ihr Lebenswillen imponieren, und die kanadische Autorin Margaret Laurence, die 1987 mit 60 Jahren durch Selbstmord starb, muss viel von diesem Charakter in sich gehabt haben - den Stolz, die Stärke, aber auch die tiefe Grundeinsamkeit.
Hier gibt es eine Heldin, die unvergesslich ist.
Eine Offenbarung.
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Verlagsort
Produkt-Hinweis
Maße
Höhe: 21 cm
Breite: 12.8 cm
Dicke: 3.5 cm
Gewicht
ISBN-13
978-3-96161-092-1 (9783961610921)
Schweitzer Klassifikation
Autor*in
Margaret Laurence, die gemeinsam mit Margaret Atwood und Alice Munro als bedeutendste Autorin Kanadas gilt, wurde 1926 in der Präriestadt Neepawa geboren. Von frühester Jugend an wollte sie Schriftstellerin sein. 1947 heiratete sie einen Bauingenieur und ging mit ihm erst nach England und dann nach Afrika. Über Afrika schrieb sie ihre ersten Texte, ihre bedeutendsten fünf Prosawerke sind jedoch in Kanada in der fiktiven Stadt Manawaka angesiedelt, der ihre Heimatstadt Neepawa Pate stand. Margaret Laurence starb 1987.
Übersetzung