Zur Identifikation eines septischen Exsudates (SE) steht Tierärzten/Tierärztinnen bislang nur die bakteriologische oder zytologische Untersuchung des Ergusses zur Verfügung. Labordiagnostische Parameter, welche eine Unterscheidung von nicht septischen Exsudaten (NSE) und SE auch im Routinebetrieb einer Praxis erlauben und somit eine Entscheidungshilfe für oder gegen den Einsatz einer empirischen Antibiose darstellen könnten, fehlen jedoch. Daher war das Ziel diese Studie, verschiedene Laborparameter aus Erguss und Blut hinsichtlich ihrer Fähigkeit zur schnellen Identifikation von SE bzw. zur Differenzierung von NSE und SE zu untersuchen. Ein besonderer Fokus lag dabei auf der Messung von Adenosintriphosphat (ATP) aus Ergüssen.
Für diese prospektive Arbeit wurden Hunde und Katzen mit Pleural-sowie Peritonealergüssen untersucht.
Die Routine-Untersuchung der Ergüsse zur Unterteilung in die verschiedenen Ergussformen umfasste die Bestimmung von Zellzahl, Gesamtprotein, spezifischem Gewicht, Fetten und Hämatokrit. Alle Ergussformen wurden außerdem zytologisch und mit Ausnahme der proteinarmen Transsudate (PAT) bakteriologisch untersucht. Basierend auf diesen Untersuchungen wurden die Ergüsse in die entsprechenden Ergussformen unterteilt: PAT, proteinreiches Transsudat (PRT), Chylus, hämorrhagischer Erguss, NSE und SE. Getrennt nach Spezies und Körperhöhle wurden die Parameter Zellzahl, Glukose, Laktat, Laktatdehydrogenase (LDH), C-reaktives Protein (CRP) bzw. Serum-Amyloid A (SAA) und ATP aus Erguss sowie Glukose, Laktat und CRP bzw. SAA aus Blut hinsichtlich ihrer Fähigkeit untersucht, SE von NSE zu unterscheiden. Dabei ist vor allem der innovative Einsatz eines aus der Lebensmittelkontrolle bekannten Schnelltests zur Messung von ATP und damit indirekten Nachweismethode eines bakteriellen Wachstums als klinisches Diagnostikum besonders hervorzuheben.
Es wurden insgesamt 129 Ergüsse von Hunden und 69 Ergüsse von Katzen für diese Arbeit untersucht, von denen 120 Ergüsse von Hunden (50 Pleuralergüsse, 70 Peritonealergüsse) und 61 Ergüsse von Katzen (49 Pleuralergüsse, 12 Peritonealergüsse) inkludiert wurden. Als SE wurden 17 Exsudate von Hunden (14 %; 10 Pleuralergüsse, 7 Peritonealergüsse) und 15 von Katzen (24 %; 11 Pleuralergüsse, 4 Peritonealergüsse) klassifiziert. Aufgrund der geringen Anzahl von felinen Peritonealergüssen (n=12) war eine statistische Auswertung nicht möglich, weshalb nur beim Hund die Parameter aus Peritonealergüssen ausgewertet wurden.
Bei den Thoraxergüssen der Hunde zeigten SE im Vergleich zu NSE signifikant höhere Zellzahlen, LDH-, CRP- und ATP-Werte. Für Glukose aus Erguss ergab sich kein signifikanter Unterschied zwischen SE und NSE. Im Blut war lediglich der CRP-Wert signifikant unterschiedlich und höher bei SE als NSE.
Ein ähnliches Bild zeigt sich bei den Katzen. Feline SE hatten signifikant höhere Werte von Zellzahl, Laktat, LDH und ATP sowie signifikant niedrigere Glukosewerte. Im Blut zeigten Katzen mit SE im Thorax zudem signifikant höhere SAA-Werte. Bei Hunden und Katzen mit Thoraxerguss können diese Parameter nach Identifikation eines Exsudates als zusätzliche Parameter für die klinische Diagnostik genutzt werden, um mit einer gewissen Sicherheit die Verdachtsdiagnose eines SE zu stellen und bis zum Erhalt des Befundes der bakteriologischen Untersuchung ein Antibiotikum empirisch zu verabreichen. Bei Hunden mit Aszites zeigten sich signifikant niedrigere Glukose- und signifikant höhere Laktatwerte bei SE gegenüber NSE.
Die zytologische Untersuchung und die bakteriologische Kultur aus Ergussflüssigkeit mit Resistenztest kann und soll durch die genannten Tests in der Ergussdiagnostik nicht ersetzt werden. Durch den additiven Einsatz der genannten Parameter könnte sich jedoch eine zeitnahe und kostengünstige klinische Entscheidungshilfe ergeben, die klinische Verdachtsdiagnose eines septischen Körperhöhlenergusses zu erhärten und den Einsatz oder das Nichtverabreichen einer empirischen Antibiose bis zum Erhalt des bakteriologischen Befunds zu rechtfertigen. Dabei sind für den Hund mit Thoraxerguss neben Zellzahl vor allem die Parameter LDH, CRP und ATP aus Erguss bzw. CRP aus dem Blut und bei Aszites Glukose und Laktat aus dem Erguss zu nennen. Bei Katzen mit Pleuralerguss können folgende Parameter die Entscheidung erleichtern: Zellzahl, Glukose, Laktat, LDH und ATP aus Erguss und SAA gemessen aus dem Blut. Hinsichtlich des Einsatzes des in der Arbeit genutzten Schnelltests aus der Lebensmittelhygiene als medizinisches Diagnostikum lässt sich sagen, dass nicht nur das Probenhandling einfach und kostengünstig ist, die ATP-Beurteilung erlaubt auch eine schnelle, einfache und kostengünstige Unterscheidung von NSE und SE im Thorax von Hunden und Katzen. Zwar konnte für das Kikkoman-Testsystem ein verhältnismäßig hoher CV ermittelt werden und Einzelmessungen erscheinen ebenso wie der Einsatz bei Peritonealergüssen nicht sinnvoll, dennoch könnte sich die Anschaffung des ATP-Messgerätes auch für eine kleinere Privatpraxis lohnen.
Reihe
Thesis
Dissertationsschrift
2024
Justus-Liebig-Universität Gießen
Sprache
Verlagsort
Maße
Höhe: 21 cm
Breite: 14.8 cm
Gewicht
ISBN-13
978-3-8359-7180-6 (9783835971806)
Schweitzer Klassifikation