Dona Alberti sitzt im Rollstuhl, kann ihre Hände kaum noch benutzen und erzählt einem
Aufnahmegerät aus ihrem Leben im Hotel Paraíso, einem Altenheim, wo sie aus freien Stücken
lebt, seit ein banaler Unfall sie ihrer Selbständigkeit beraubt hat. Das sind die Koordinaten
von Lídia Jorges jüngstem und vielleicht persönlichstem Roman.
Die alte Dame erzählt von ihrem Alltag, den Auseinandersetzungen und Freundschaften mit
jungen Pflegerinnen und anderen Mitbewohnern, ihrer heimlichen Liebe zu einem Mann, der
kurz darauf stirbt, ihre nächtlichen Kämpfe mit einem Alter Ego, das ihr schwindendes Wissen
herausfordert.
Immer wieder kreisen ihre Gefühle um die schwierige Liebe zur Tochter, einer Schriftstellerin,
der sie vorwirft, nur deshalb nicht reich und berühmt zu sein, weil sie vom Elend Namenloser
erzählt, anstatt endlich Taten berühmter Menschen zu beschreiben. Der Generationskonflikt
mit autobiographischen Zügen wird zum Verhandlungsort einer sozial fundierten
Poetik.
Der Roman wirft ein kritisches Licht auf unsere Gegenwart, vermeidet aber frontale Angriffe
und stellt uns stattdessen geschickt vor grundsätzliche Fragen: Was ist Wissen in einer Zeit
der totalen Verfügbarkeit von Information? Was zählt wirklich im Leben angesichts der Tatsache,
dass wir alle dem Tod entgegengehen? Welche Funktion hat das geschriebene Wort
in diesem Zusammenhang? Wer sich mit der Autorin auf die Suche nach Antworten begibt,
gerät in einen subtil entfalteten Erzählstrom, der uns geschickt auch dort zu tragen vermag,
wo wir den Wirklichkeiten des Lebens die Hand reichen müssen.
Sprache
Verlagsort
Zielgruppe
Leser, die eine klare, genaue Erzählung lieben und den Sog guter Erzählungen mögen.
Leser, die sich für Genauigkeit interessieren, für das Miteinander von Menschen.
Leser, die sich mit der Frage auseinandersetzen wollen, wie unsere Beziehungen zu unseren Eltern sind, zu den Menschen, die wir lieben, zu uns selbst, und wie die Tatsache, dass wir alle sterben müssen, uns prägt, ob wir es wollen oder nicht.
Produkt-Hinweis
Maße
Höhe: 208 mm
Breite: 138 mm
Dicke: 37 mm
Gewicht
ISBN-13
978-3-96639-119-1 (9783966391191)
Schweitzer Klassifikation
Autor*in
Schriftstellerin
LÍDIA JORGE, geboren 1946 in Boliqueime im Süden Portugals studierte französische Literatur in Lissabon und verbrachte einige Jahre damit, während des Unabhängigkeitskampfes
in Angola und Mosambik zu unterrichten. Sie lebt heute in Lissabon. Mit ihren ersten beiden Romanen gehörte sie zur Avantgarde der zeitgenössischen portugiesischen Literatur und hat seitdem zahlreiche renommierte Auszeichnungen für ihre Arbeit erhalten. 2021 nahm Lídia Jorge eine Professur an der Universität Genf an, auf die 2022 die Einrichtung des Lídia-Jorge-Lehrstuhls an der University of
Massachusetts Amherst folgte.
Ihr Roman »Erbarmen« wurde mit sechs renommierten Preisen ausgezeichnet, darunter der Médicis étranger 2023 und der Transfuge Prize for the Best Lusophone Novel 2023. Ihre Romane in deutscher Übersetzung waren bislang im Suhrkamp Verlag erschienen.
Übersetzung
Autor
STEVEN UHLY, geboren 1964 in Köln, studierte in Köln, Bonn und Lissabon Romanistik und Germanistik und promovierte als Stipendiat der Studienstiftung des Deutschen Volkes über
Multipersonalität als Poetik. Seit 2010 übersetzt er aus dem spanischen und portugiesischen für den Secession Verlag, wo er auch sein literarisches Werk publiziert.