2 Zeugnisinhalt
2.1 Arten des Zeugnisses
Einfaches Zeugnis
Beim einfachen Zeugnis wird lediglich die Art des Dienstverhältnisses und dessen Dauer bestätigt. Aussagen über die Leistung und die Führung sind im einfachen Zeugnis nicht enthalten.
Aufgenommen werden muss die Person des Arbeitnehmers mit Namen und Vornamen. Anschrift und Geburtsdatum sind nur mit Einverständnis des Arbeitnehmers aufzunehmen. Die Art der Beschäftigung ist so vollständig und genau anzugeben, dass sich ein Dritter hierüber ein Bild machen kann.73 Allgemeine Angaben sind dann nicht ausreichend, wenn der Arbeitnehmer mit Sonderaufgaben befasst war.74
Als Dauer der Beschäftigung ist die rechtliche Dauer des Arbeitsverhältnisses anzugeben, d. h. bis zu dem Zeitpunkt, in dem die Kündigung wirksam bzw. das Beschäftigungsverhältnis aufgelöst wird. Kürzere Unterbrechungen wie Urlaub, Krankheit usw. sind nicht anzugeben.75
Qualifiziertes Zeugnis
Das qualifizierte Zeugnis enthält außer Angaben über Art und Dauer des Beschäftigungsverhältnisses Ausführungen über die Führung und Leistung. Dabei sollen die Führung und Leistung während der gesamten Dauer des Beschäftigungsverhältnisses beurteilt werden.
Wahlrecht
Dem Arbeitnehmer steht das Wahlrecht zu, ob er ein einfaches oder ein qualifiziertes Zeugnis wünscht. Ein ohne seinen Wunsch ausgestelltes qualifiziertes Zeugnis kann er zurückweisen.76 Wurde auf Wunsch des Arbeitnehmers ein qualifiziertes Zeugnis erteilt, kann er nicht nachträglich ein einfaches Zeugnis verlangen.77 Entsprechendes gilt im umgekehrten Fall oder im Fall, dass der Arbeitnehmer es dem Arbeitgeber überlässt, ob ein einfaches oder ein qualifiziertes Zeugnis erteilt wird.78
Der gesamte Wortlaut des Zeugnisses steht zunächst im Ermessen des Arbeitgebers.79 Der Arbeitgeber darf bei gleicher Beurteilungsgrundlage seine im Zwischenzeugnis zum Ausdruck gebrachten Beurteilungen im Schlusszeugnis allerdings nicht ändern.80
Im Zeugnis müssen alle wesentlichen Tatsachen und Bewertungen angegeben werden, die für die Gesamtbeurteilung des Beschäftigten von Bedeutung und für Dritte von Interesse sind.81
Einmalige Vorfälle oder Umstände, die für den Arbeitnehmer und seine Führung und Leistungen nicht charakteristisch sind, dürfen nicht in das Zeugnis aufgenommen werden.
Das außerdienstliche Verhalten des Beschäftigten darf im Zeugnis nur erwähnt werden, wenn es sich dienstlich auswirkt (z. B. Trunk- oder Drogensucht).
Die Formulierung des Arbeitszeugnisses steht im pflichtgemäßen Ermessen des Arbeitgebers. In diesem Rahmen ist der Arbeitgeber in der Wortwahl und der Satzstellung frei. Ihm steht bei der Abfassung des Zeugnisses auch ein Beurteilungsspielraum zu.82 Gebunden ist der Arbeitgeber allerdings grundsätzlich an Beurteilungen in einem bereits ausgestellten Zeugnis. Der Zeugnisaussteller ist bei der Erteilung eines berichtigten Zeugnisses nicht berechtigt, das Verhalten schlechter zu beurteilen als in dem zunächst erteilten Zeugnis. Anderes gilt nur dann, wenn dem Arbeitgeber nachträglich Umstände bekannt geworden sind, die das Verhalten des Arbeitnehmers in einem anderen Licht erscheinen lassen.83
Zwischenzeugnis
Das Zwischenzeugnis entspricht inhaltlich dem Endzeugnis mit dem Unterschied, dass das Beschäftigungsverhältnis weiterhin besteht. An der Erteilung eines Zwischenzeugnisses kann der Arbeitnehmer beispielsweise bei Versetzung oder bei Wechsel des Vorgesetzten ein besonderes berechtigtes Interesse haben. Durch das Zwischenzeugnis ergibt sich eine gewisse Selbstbindung des Arbeitgebers84, die es dem Arbeitgeber verwehrt, im Endzeugnis von der Beurteilung im Zwischenzeugnis abzuweichen, wenn sich nach der Ausstellung des Zwischenzeugnisses keine neuen Gesichtspunkte ergeben. Dies gilt selbst dann, wenn dem Arbeitnehmer aus Anlass einer Betriebsveräußerung ein Zwischenzeugnis erteilt wird. Nach dem Betriebsübergang ist der neue Arbeitgeber im Endzeugnis an die Beurteilung des früheren Arbeitgebers im Zwischenzeugnis gebunden.85
Arbeitsbescheinigung
Die für das Arbeitsamt ausgestellte Arbeitsbescheinigung ist kein Arbeitszeugnis.
Zur Ausstellung der Arbeitsbescheinigung ist der Arbeitgeber nach § 312 SGB III bei Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses verpflichtet. Sie muss alle Tatsachen enthalten, die für die Entscheidung über den Anspruch auf Arbeitslosengeld erheblich sein können, insbesondere die Art der Tätigkeit des Arbeitnehmers, Beginn, Ende, Unterbrechungen und Grund für die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses sowie die Höhe des Arbeitsentgelts und die sonstigen Leistungen, die der Arbeitnehmer erhalten oder zu beanspruchen hat. Will der Arbeitnehmer für die Zeit nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses kein Arbeitslosengeld beantragen, braucht der Arbeitgeber nur Beginn, Ende und Unterbrechungen des Beschäftigungsverhältnisses zu bescheinigen.
Für die Ausstellung der Arbeitsbescheinigung muss der von der Bundesanstalt für Arbeit hierfür vorgesehene Vordruck verwandt werden. Die Arbeitsbescheinigung ist dem Arbeitnehmer bei Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses auszuhändigen. Auf die Erteilung der Arbeitsbescheinigung hat der Arbeitnehmer einen vor dem Arbeitsgericht einklagbaren Anspruch.
Der Anspruch auf Berichtigung einer bereits ausgestellten Arbeitsbescheinigung muss nicht beim Arbeitsgericht, sondern beim Sozialgericht geltend gemacht werden.86
Stationszeugnisse für Referendare
Stationszeugnisse, die Referendaren im Rahmen ihrer Ausbildung erteilt werden, sind keine Arbeitszeugnisse.
Während Arbeitszeugnisse dem Zweck dienen, als Bewerbungsunterlage anderen Arbeitgebern vorgelegt zu werden, werden Stationszeugnisse zu Prüfungszwecken erteilt. Wegen dieser unterschiedlichen Zweckbestimmung ist die Rechtsprechung der Arbeitsgerichte zur wohlwollenden Gestaltung von Zeugnissen auf Stationszeugnisse nicht übertragbar. Stationszeugnisse dürfen daher die deutliche Benennung und Bewertung negativer Ausbildungsleistungen enthalten, wenn ein entsprechender Anlass gegeben ist. Auch der Umstand, dass Stationszeugnisse, z. B. von ehemaligen Rechtsreferendaren, entgegen Zweckbestimmung potentiellen Arbeitgebern in Bewerbungsverfahren vorgelegt werden, rechtfertigt keine andere Beurteilung.87
2.2 Wahrheit und wohlwollende Beurteilung
Der Inhalt des Arbeitszeugnisses hat zwei Geboten gerecht zu werden:
- der Zeugniswahrheit und
- der wohlwollenden Beurteilung durch den Arbeitgeber.
Oberster Grundsatz für die Zeugniserteilung stellt die Wahrheit der Beurteilung dar. Das Zeugnis darf deshalb nur Tatsachen, dagegen keine Behauptungen, Annahmen oder Verdachtsmomente enthalten.88
Außerdem ist der Arbeitgeber verpflichtet, bei der Zeugniserteilung den wohlwollenden Maßstab eines verständigen Arbeitgebers zugrunde zu legen und dem Arbeitnehmer das Fortkommen nicht unnötig zu erschweren.89
Der Maßstab der wohlwollenden Beurteilung bei der Zeugnisformulierung steht in einem gewissen Kontrast zur Wahrheitspflicht.90 Die Verpflichtung zur Ausstellung eines wohlwollenden Zeugnisses ist deshalb wegen des Vorrangs zur Wahrheitspflicht begrenzt.
Der notwendige Inhalt des Arbeitszeugnisses ergibt sich nach dem Bundesarbeitsgericht aus der zweiseitigen Zielsetzung des Zeugnisses:91
- Es soll einerseits dem Arbeitnehmer als Unterlage für eine neue Bewerbung dienen. Seine Belange sind gefährdet, wenn er unterbewertet wird.
- Andererseits soll das Zeugnis der Unterrichtung eines Dritten dienen, der die Einstellung des Arbeitnehmers in Erwägung zieht; dessen Belange sind gefährdet, wenn der Arbeitnehmer überbewertet wird.
Aus dem notwendigen Ausgleich dieser widerstreitenden Interessen ergibt sich als oberster Grundsatz der Zeugniserteilung der Grundsatz der Zeugniswahrheit. Hieraus ergibt sich des Weiteren, dass das Zeugnis alle wesentlichen Tatsachen und Bewertungen enthalten muss, die für die Gesamtbeurteilung des Arbeitnehmers von Bedeutung sind. Dies schließt jedoch gleichzeitig aus, dass einmalige Vorfälle oder Umstände, die...